Verteidigungsminister Boris Pistorius will nicht als Kanzlerkandidat der SPD antreten. Das hat er am Abend in einer Videobotschaft an die Parteimitglieder erklärt.
In einer Videobotschaft an die Sozialdemokraten verkündete Boris Pistorius am Abend seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur. Er stehe dafür „nicht zur Verfügung“, das sei seine „persönliche Entscheidung“. Pistorius stärkte dem Kanzler in der Botschaft den Rücken. „Wir haben mit Olaf Scholz einen hervorragenden Bundeskanzler“, sagte er. Olaf Scholz stehe für Vernunft und Besonnenheit: „Er ist der richtige Kanzlerkandidat.“
Die Debatte um die Kanzlerkandidatur habe für Verunsicherung gesorgt, in der Partei und bei den Wählern. Das schade der SPD. „Wir stehen jetzt gemeinsam in der Verantwortung, sie zu beenden, denn es geht um viel.“ Für ihn sei das Verteidigungsministerium „kein Karrieresprungbrett“. Er sei mit der Arbeit dort noch nicht fertig – und wolle sie gerne fortsetzen. „Ich freue mich auf eine zweite Amtszeit.“
Pistorius verzichtet, obwohl Scholz inzwischen weniger beliebt ist als Lindner
Der Entscheidung war ein tagelanges Ringen in der SPD vorausgegangen, das die Partei zunehmend belastet hatte. Scholz ist in der SPD schwer angeschlagen, seit dem Ampelbruch war seine Autorität förmlich implodiert. Mehrere prominente Sozialdemokraten hatten sich für Pistorius ausgesprochen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen gibt es an der Basis viele Zweifel am Kanzler.
Ausgerechnet am Tag der Entscheidung veröffentlichten die Meinungsforscher von Infratest eine neue Umfrage, in der die SPD weiter absinkt und nunmehr auf nur noch 14 Prozent kommt. Gleichauf sind die Grünen. Die persönlichen Werte von Scholz sind ebenfalls miserabel, in der Politikerzufriedenheit liegt er mittlerweile hinter FDP-Chef Christian Lindner.
Ob nach dem Verzicht von Pistorius nun Ruhe einkehrt in der SPD, ist fraglich. Die Partei ist aufgewühlt, weil die Führung die Kontrolle über den Prozess zuletzt verloren hatte – und weil die Aussichten für die Bundestagswahl sehr schlecht sind. Die Union liegt laut Umfragen weit vorne. Am 16. Dezember will Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um die Neuwahlen auszulösen. Im Januar muss er dann noch von einem Parteitag als Kanzlerkandidat bestätigt werden.