Finanzen: Wende bei Grundsteuer – dennoch weiter kommunale Kritik

An der Grundsteuerreform gab es zuletzt viel Kritik. Die Ampel in Rheinland-Pfalz wollte sie in Reinform umsetzen und erzürnte die Kommunen. Nun folgt auf den letzten Drücker eine Gesetzesnovelle.

Wenige Wochen vor dem Inkrafttreten der neuen Grundsteuer und nach heftiger Kritik aus der kommunalen Familie hat die Ampel in Rheinland-Pfalz doch noch landesspezifische Änderungen bei der Umsetzung der Reform auf den Weg gebracht. Grob gesagt geht es darum, die mit der Reform erwartete Mehrbelastung für manche Eigentümer von Wohnimmobilien abzufedern oder Kommunen zumindest ein mögliches Instrumentarium dafür an die Hand zu geben. 

Den rheinland-pfälzischen Kommunen gehen die nun doch geplanten Änderungen der Ampel bei der Grundsteuer nicht weit genug. Die Regierungsfraktionen wollten mit ihrem Gesetzesentwurf zur Einführung differenzierter Hebesätze für Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke zwar das Schlimmste für die Wohnbevölkerung verhindern, erklärte Michael Mätzig, der geschäftsführende Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, in Mainz. Für die Kommunen bedeute der vorliegende Gesetzesentwurf allerdings eine erhebliche zusätzliche Belastung.

„Mit dem Entwurf wird ein auf Landes- und Bundesebene verursachtes Problem nun den Kommunen aufgebürdet, ohne wirkliche Lösungsansätze zu bieten“, mahnte Mätzig. Mit den Plänen der Regierungsfraktionen werde den Kommunen jedoch lediglich formal die Möglichkeit gegeben, auf die erheblichen Mehrbelastungen der Wohngrundstücke zu reagieren. „Allerdings bleiben neben Umsetzungsproblemen die rechtlichen Unsicherheiten samt der daraus folgenden Prozessrisiken.“

Städtetag mit anderen Prioritäten – CDU warnt

Um eine Verteuerung von Wohnraum und die Verlagerung der Probleme der Grundsteuerreform auf die Kommunen zu verhindern, müsse es eine Anpassung der Steuermesszahlen geben, forderte der geschäftsführende Direktor. 

Die Kommunen brauchten einen guten und zentralen Lösungsansatz, um das Problem der Verteuerung von Wohnraum zu lösen. Gleichzeitig müsse auch dem Land daran gelegen sein, die Vergleichbarkeit der Grundsteuerhebesätze zu sichern. „Dazu ist eine Anpassung der Steuermesszahlen unumgänglich, auch wenn diese realistischerweise einen etwas größeren zeitlichen Vorlauf benötigt.“ Genau diesen Weg gehen beispielsweise das Saarland, Sachsen oder Berlin. 

Auch die CDU-Opposition in Rheinland-Pfalz warnte davor, dass die geplante Gesetzesänderung nicht zum Nachteil der Kommunen führen dürfe. Anders als in anderen Ländern wolle die Ampel die Verantwortung komplett auf die Kommunen abladen und verlange von ihnen, unterschiedliche Hebesätze verfassungsrechtlich ausreichend zu begründen. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christof Reichert, sagte: „Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken muss das Land ausräumen.“

Grund für den Gesetzentwurf beim letzten Plenum im Jahr sei, dass der Druck auf die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD, Grüne und FDP zu groß geworden sei. Die CDU-Landtagsfraktion habe seit Monaten vor steigenden Wohnkosten im Land und unzumutbaren Mehrbelastungen gewarnt und die Landesregierung deshalb immer wieder aufgefordert, Ungerechtigkeiten bei der Grundsteuerreform, die das Bundesmodell mit sich bringt, auszuräumen, betonte Reichert.

Gesetzentwurf im letzten Plenum des Jahres

Die Ampelfraktionen hatten zuvor angekündigt, in Rheinland-Pfalz den Kommunen mehr Spielräume bei der Grundsteuer zu ermöglichen. Bei der Landtagssitzung im Dezember soll ein Gesetzentwurf eingebracht werden, der die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, spezifische Lösungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Gegebenheiten im Flächenland Rheinland-Pfalz sowie eine Option zur Förderung des Wohnraumangebots vor Ort vorsieht. Dieser Schritt kommt durchaus überraschend, hatte es Ende Oktober aus dem Finanzministerium noch geheißen, die Einführung differenzierter Sätze sei nicht vorgesehen. 

Vom Gemeinde- und Städtebund hieß es, es sei wichtig und richtig, dass die Ampel erkannt habe, dass die Umsetzung der Grundsteuerreform einen „Webfehler“ habe, wonach vielerorts gewerblich genutzte Grundstücke weniger stark belastet würden als Wohngrundstücke. Der nun gewählte Weg stelle aber einen „Bürokratieaufbau ohne Gleichen“ dar, monierte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied Moritz Petry.

„Wir reagieren so auf die Rückmeldungen aus vielen Gesprächen rund um die bundesweite Grundsteuerreform, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig wurde“, erklärten derweil die haushaltspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen, Pia Schellhammer (Grüne), Markus Stein (SPD) und Philipp Fernis (FDP). „Dabei stärken wir den Entscheidungsspielraum der Kommunen bei den für sie essenziell wichtigen Einnahmen aus dieser kommunalen Steuer.“

Länderöffnungsklausel macht Änderungen möglich

Mit der Neuregelung des Grundsteuerhebesatzgesetzes soll es den Kommunen ermöglicht werden, beim Hebesatz der Grundsteuer B Differenzierungen vorzunehmen. Es sollen künftig eigene Hebesätze für die drei Kategorien der Grundsteuer B – Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke – erhoben werden können. Auch Nordrhein-Westfalen hat sich für diesen Weg entschieden, gegen den Willen der dortigen Kommunen. 

Hintergrund des Schrittes in Rheinland-Pfalz ist nach Angaben der Ampelabgeordneten, dass sich im Zuge der bundesweiten Grundsteuerreform und der Ausrichtung am Bundesmodell gezeigt habe, dass es bei der Grundsteuer B in manchen Kommunen eine Belastungsverschiebung von gewerblich genutzten Grundstücken hin zu Wohngrundstücken geben könne. Genau auf diese Verschiebungen hatten unter anderem kommunale Spitzenverbände und der Eigentümerverband Haus und Grund zuletzt mehrfach hingewiesen. Haus und Grund teilte nun angesichts der neuen Entwicklung mit, diese sei „besser als nichts. Die bessere Option wäre auf jeden Fall eine Anpassung der Steuermesszahlen auf Landesebene“. 

Die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen im Landtag in Mainz, Stein, Schellhammer und Fernis, teilten weiter mit: „Mit der Gesetzesänderung machen wir Gebrauch von der bei der Reform geschaffenen Länderöffnungsklausel.“ Mit der so gebotenen Option für die Kommunen, differenzierte Steuersätze zu erheben, könnten spezifische Verhältnisse vor Ort besser berücksichtigt werden. „Denn die Belastungsverschiebungen stellen sich landesweit sehr unterschiedlich dar. Dem trägt der Gesetzentwurf Rechnung.“ Für die Kommunen im Land bestehe durch die Gesetzesänderung eine Handlungsoption, aber keine Pflicht.

Bewertungen für 2,5 Millionen Immobilien in Rheinland-Pfalz

Bis vor wenigen Jahren haben die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten berechnet. Das monierte das Bundesverfassungsgericht, bis Ende 2019 musste der Bund ein neues Grundsteuergesetz beschließen. Für die Neuberechnung wurden neue Bewertungen für bundesweit fast 36 Millionen Grundstücke nötig, darunter 2,5 Millionen Immobilien in Rheinland-Pfalz.

Vom 1. Januar 2025 an werden die bisherigen Einheitswerte durch neue Grundsteuerwerte abgelöst. Die Reform soll aufkommensneutral sein – das heißt, das unter dem Strich die Einnahmen die gleichen bleiben sollen, die Belastungen einzelner Immobilien dürften sich aber teils deutlich ändern. Wichtig für die Berechnung der Grundsteuer sind grundsätzlich drei Faktoren: der Wert des Grundbesitzes, die über bundes- oder landesgesetzliche Regelungen festgelegte Steuermesszahl und der Hebesatz, dessen Höhe wiederum die Kommunen festlegen.