Haushalt: „Kraftanstrengung“: Wegner und SPD verteidigen Sparprogramm

Die Koalition verordnet Berlin eine milliardenschwere Sparkur. Regierungschef Wegner und andere Spitzenpolitiker erläutern in großer Eintracht, warum sie das für nötig halten.

Die Spitzen der schwarz-roten Koalition in Berlin haben ihr milliardenschweres Sparprogramm für den Landeshaushalt 2025 als unvermeidlich verteidigt. Die Koalition stelle sich der Verantwortung, den Haushalt in Berlin „in Ordnung zu bringen“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bei einer gemeinamen Pressekonferenz mit anderen Politikern von CDU und SPD. 

„Es war eine Kraftanstrengung, die nicht leicht war“, sagte Wegner. „Wenn man drei Milliarden aus einem Haushalt rausnehmen muss, dann sind das schmerzhafte Einschnitte.“ Der Koalition sei es aber gelungen, einerseits zu sparen und andererseits Prioritäten zu setzen. Wegner nannte die Sicherheit, den sozialen Zusammenhalt und die Qualität der Bildung. Bei den Bezirken sei nicht gespart worden, auch nicht beim Personal.

Drei Milliarden Euro spart die Koalition im Haushalt 2025, der bisher sogenannte bereinigte Ausgaben von rund 40 Milliarden Euro umfasste, ein. Laut einer in monatelangen Beratungen erarbeiteten Liste sind Tausende Haushaltstitel in praktisch allen Bereichen betroffen.

Giffey: Kostenloses Schülerticket wichtiger als 29-Euro-Ticket 

Ein prominentes Opfer des Sparprogramms ist das erst im Juli eingeführte 29-Euro-Ticket. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey beschrieb diesen Beschluss als schwierige Entscheidung. Sie habe sich gewünscht, dass das preiswerte Angebot für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in der Stadt fortgeführt werde, sagte die SPD-Politikerin. 

CDU und SPD hätten aber abwägen müssen zwischen diesem Ticket sowie dem kostenlosen Schülerticket für über 300.000 Kinder, kostenlosem Schulessen und Kita-Betreuung. „Am Ende haben wir uns für die Familien, für die Kinder entschieden“, erklärte Giffey. Zum „klaren Bekenntnis zur sozialen Stadt“ gehöre auch, dass das Sozialticket für den ÖPNV weitergeführt werde. Es soll künftig 19 statt 9 Euro monatlich kosten.

Abo läuft über ein Jahr 

Das 29-Euro-Ticket wurde als Jahresabo angeboten. Immerhin: Nach Angaben Giffeys sollen alle abgeschlossenen Abos – allein bei der BVG sind es 166.500 – über die gesamte Zeit laufen. Die Abonnenten hätten einen Vertrag über ein Jahr geschlossen, sagte Giffey. Sie gehe davon aus, dass hier Vertrauensschutz gelte. Noch ist das Abo erhältlich. Nach den Worten von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) will der Senat „schnellstmöglich“ mit BVG und S-Bahn sprechen, um den Verkauf zu stoppen.

Vor allem die SPD mit der damaligen Spitzenkandidatin Giffey hatte im Wahlkampf 2023 für ein 29-Euro-Ticket geworben. Auch die CDU hatte sich im Wahlkampf für preiswerte Mobilität eingesetzt. 

Auf die Frage eines Journalisten, ob die schnelle Abschaffung die Glaubwürdigkeit von Politik infrage stelle, antwortete Giffey: „Am Ende bemisst sich Glaubwürdigkeit auch daran, dass wir sagen, was geht und was nicht geht.“ Beim Beschluss, den preiswerten Fahrschein einzuführen, habe man nicht mit einem Konsolidierungsbedarf in der aktuellen Größenordnung gerechnet. 

Saleh sieht keinen sozialen Kahlschlag 

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh sagte, CDU und SPD hätten sich verständigt, dass es trotz der Sparzwänge keinen sozialen Kahlschlag geben dürfe. Das sei gelungen. „Wir haben verabredet, dass die Stadt bezahlbar bleibt.“ 

An der Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule werde nicht gerüttelt. Angebote wie kostenloses Schulessen für Schülerinnen und Schüler bleiben demnach. Saleh wies darauf hin, dass auf Bundesebene die Ampelkoalition gerade am Haushalt gescheitert sei. Die Einigung mit der CDU auf die Einsparungen stimmten ihn optimistisch, dass die schwarz-rote Koalition funktioniere. Ähnlich äußerte sich auch Wegner zum Zustand der Koalition.

Kritik am Sparprogramm

Die Grünen kritisierten die Sparbeschlüsse. „Schwarz-Rot macht Politik gegen die Menschen: Alle, die in Berlin unterwegs sind, werden die Sparbeschlüsse von Schwarz-Rot besonders bitter zu spüren bekommen“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Bettina Jarasch und Werner Graf. „Mit der Verdopplung des Sozialtickets werden die Ärmsten am härtesten getroffen. Der ÖPNV wird kaputtgespart und Klimaschutz findet nicht mehr statt.“ Auch andere Parteien, Verbände und Initiativen üben Kritik an den Einsparungen. 

Nachtragshaushalt im Dezember 

„Heute ist ein Tag der Wahrheit und heute ist ein Tag der Klarheit“, sagte Evers zum vorgestellten Sparprogramm. Er sprach ausdrücklich nicht von reinen Einsparungen. Rund eine Milliarde Euro entfielen auf Einnahmeerhöhungen und „alternative Finanzierungsformen“: Gemeint sind Schulden, die landeseigene Unternehmen wie Stadtreinigung oder Wohnungsgesellschaften aufnehmen.

Der Finanzsenator kündigte an, dass der Senat am Dienstag (26.11.) den Nachtragshaushalt beschließt. Im Dezember solle im Abgeordnetenhaus darüber beraten werden. Dort, wo die Ausgaben in den vergangenen Jahren explodiert seien, sei am stärksten gespart worden. 

Bei den bisherigen Einschnitten werde es allerdings nicht bleiben können, sagte Evers mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt 2026/2027, mit dem sich Schwarz-Rot schon bald beschäftigen muss. „Wir haben immer noch eine große Aufgabe vor uns.“ Der Sparkurs werde fortgesetzt. 

Kulturbranche trommelt 

Besonders laut hatte zuletzt – schon vor den Koalitionsbeschlüssen – die Kulturbranche gegen Einsparungen protestiert. Viele Theater, Museen und Opernhäuser müssen sich auf erhebliche Einschnitte im Vergleich zur bisherigen Planung einstellen. 

Wegner sagte, die Entscheidung für den Kulturbereich schmerze. „Wir müssen jetzt schauen, und das hoffe ich auch von den Häusern, auch im Gespräch mit unseren Kultureinrichtungen, wie wir es hinbekommen, dass hier noch wirtschaftlicher gearbeitet wird.“ Bei der Berliner Kultur sollen rund 130 Millionen Euro wegfallen, etwa 12 Prozent ihres Budgets. Der Etat für 2025 liegt bei rund 1,12 Milliarden Euro.

BVG zum 29-Euro-Ticket