Küstenschutz: Durch Klimawandel – Sturmfluten auf Sylt werden heftiger

Sand wird von den Küsten der Nordseeinsel ins Meer gesogen – und alljährlich mit Maschinen aufgespült. Für die aktuelle Sturmflutsaison ist die Insel sicher. Aber der Klimawandel fordert die Experten.

Auf Wind und Wellen des kommenden Winters ist Sylt mit einem zusätzlichen Sandpolster vorbereitet: Die jährlichen Sandaufspülungen auf Sylt sind rechtzeitig zur laufenden Sturmflutsaison fertiggestellt worden. Mit Spezialschiffen und gigantischen Rohren wurden in diesem Jahr rund 1,3 Millionen Kubikmeter Sand an die Strände von Sylt gespült, um die Insel vor einem stetigen Landverlust sowie das Festland vor Sturmfluten zu schützen.

„Sylt ist rechtzeitig für die kommende Sturmflutsaison gewappnet. Die aufwendigen Sandaufspülungen zeigen jedoch einmal mehr vor welche enormen Herausforderungen uns der Klimawandel im Bereich des Küstenschutzes stellt“, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) am Montag auf Sylt. Für den Herbst und Winter seien die Deiche demnach wehrhaft. Die Saison für Sturmfluten auf Sylt läuft eigentlich schon, bisher war aber alles ruhig geblieben. 

Die Stürme werden demnach „häufiger und heftiger“ und damit auch die Sturmfluten und die Belastungen für die Küstenschutzanlagen, sagte der Minister. „Die Aufgabe wird eher größer als kleiner“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Insel schützt auch das nahe Festland vor Wellen und Wind – es müsse „unglaublich viel“ getan werden, um die Küsten zu schützen. 

„Im Bereich der Insel treffen die Wellen mit besonders großer Energie auf die Küste, was zu starken Küstenabbrüchen führt“, sagte Goldschmidt. Mit dem regelmäßig aufgespülten Sand seien die rund 14.000 Einwohner der Insel in den vergangenen 50 Jahren erfolgreich vor Überflutungen und Landverlust geschützt worden – das müsse auch weiterhin so bleiben. 

Mit den Sandaufspülungen auf Sylt in diesem Jahr endet eine vierjährige Aufspülkampagne, die 2021 gestartet war. Wie es in den kommenden Jahren aussieht, ist wegen des fehlenden Bundeshaushalts nach dem Bruch der Ampel-Koalition noch ungewiss. „Im GAK, der Gemeinschaftsaufgabe für Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, sind Mittel für die nächsten vier Jahren vorgesehen, aber wir brauchen einen Haushalt“, sagte der Minister der dpa.

Sandvorspülungen schützen Menschen auf Sylt 

Bei steifem Westwind und Regen hatte Goldschmidt an der offiziellen Abnahme der Arbeiten am Aufspülbereich am Hauptstand von Hörnum im Süden sowie der letzten Deichschau des Jahres im Inselosten teilgenommen und sich ein Bild vom Küstenschutz der größten deutschen Nordseeinsel zu machen. Entlang der Deiche waren die Verantwortlichen bei der Inspektions-Tour mit ihren Autos auf Wegen gefahren, die sonst für Fahrzeuge gesperrt sind. 

Mit dabei waren auch Birgit Matelski, Direktorin des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH), Experten des Landesbetriebs und Manfred Uekermann, Vorsitzender des Landschaftszweckverbandes sowie Sylter Bürgermeister.

Sylt braucht zukünftig noch mehr Sand

„Zukünftig wird mehr Sand und mehr Geld benötigt“, sagte LKN-Direktorin Birgit Matelski. Auf Grundlage der in diesem Jahr größeren benötigten Sandmenge, sei demnach schon jetzt mehr für die kommenden Jahre eingeplant. Die Deiche auf Sylt seien sicher für den Herbst und Winter, der Klimawandel bringe aber neue Probleme.

„Die Herausforderung ist, dass wir mehr Sommersturmfluten bekommen, sodass wir unseren Betrieb anpassen müssen – auch im Hinblick auf die Grassaat“, sagte sie der dpa. Wenn der Meeresspiegel steigt, müsse man grundsätzlich prüfen, ob die Deiche noch sicher sind. 

Sandvorspülungen auf Sylt kosten 9,5 Millionen

Die Sandvorspülungen haben etwa 9,5 Millionen Euro gekostet. Stürme aus Westen und die dadurch hervorgerufene Meeresbrandung tragen nach Angaben des Landesbetriebs jährlich Teile der Westseite der Insel ab. Um diesen Abbruch auszugleichen, ist in diesem Jahr an sieben Strandbereichen der Westküste der Insel Sand an den Strand geblasen worden. Schwerpunkte sind dabei vor allem die Orte List, Kampen, Westerland und Hörnum.

Der Sand für die Aufspülung wird rund acht Kilometer vor Westerland aus bis zu 30 Metern Tiefe von Spezialschiffen, sogenannten Saugbaggern, entnommen. Sie fahren das Sand-Wasser-Gemisch in die Nähe der Küste und spülen es durch große Rohre an den Strand – dort wird es mit Raupen verteilt. Seit 1972 sind an der Westküste Sylts insgesamt 60 Millionen Kubikmeter Sand aufgespült worden. 

Deiche auf Sylt sind für Sturmfluten bereit

Auch die Landesschutzdeiche der Insel haben die vergangene Sturmflutsaison gut überstanden und sind für die laufende Saison gerüstet. Wie am Montag bei der Deichschau auf dem Nössedeich zwischen Morsum und Tinnum festgestellt wurde.

Neben den Sandaufspülungen ist der Landesbetrieb auf Sylt auch für den Zustand der Landesschutzdeiche mit ihrer Länge von 430 Kilometern – davon 360 Kilometer an der Westküste und 70 Kilometer an der Ostküste – zuständig. Hinzu kommen Regionaldeiche auf Inseln und Halligen mit einer Länge von rund 54 Kilometern.