Pilger und das „Heilige Jahr“: Weshalb es so viele Baustellen in Rom gibt

In Rom reiht sich derzeit eine Baustelle an die andere, auch berühmteste Sehenswürdigkeiten sind teils betroffen. Was es damit auf sich hat.

Rom, die Ewige Stadt, steht vor einem gewaltigen Umbruch. Mit den Vorbereitungen auf das „Heilige Jahr“ 2025 haben sich die Straßen und Plätze der italienischen Hauptstadt in eine einzige Großbaustelle verwandelt. Über 300 Sanierungs- und Neubauprojekte prägen das Stadtbild – eine Herausforderung für die knapp drei Millionen Einwohner und die Millionen Touristen, die die Stadt jedes Jahr besuchen. Doch das Ziel ist klar: Wo derzeit überall gebaut wird.

Das „Heilige Jahr“ ist eine Tradition, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht. Alle 25 Jahre bietet der Papst den Gläubigen die Gelegenheit, unter bestimmten Bedingungen einen Sündenablass zu erhalten. Im Jahr 2025 erwartet der Vatikan etwa 32 Millionen Pilger, darunter fast eine Million aus Deutschland. Doch die logistische und infrastrukturelle Vorbereitung auf ein solches Ereignis ist gewaltig.

Viele Baustellen stehen in direktem Zusammenhang mit dem „Heiligen Jahr“. So entsteht an der Piazza Pia in der Nähe des Petersdoms eine neue Unterführung, die den Verkehr künftig unterirdisch leiten und den Weg für eine großzügige Fußgängerzone ebnen soll. Die Arbeiten sollen rechtzeitig zum Fest Mariä Empfängnis am 8. Dezember 2024 abgeschlossen sein. An anderen Stellen, wie der Piazza Venezia, sind die Bauarbeiten dagegen langfristiger angelegt. Hier wird an der Verlängerung der U-Bahnlinie C gearbeitet – ein Projekt, das voraussichtlich bis 2030 dauert.

Baustellen als Dauerzustand

Die Baustellen sorgen vielerorts für Verkehrschaos und Einschränkungen. Hauptverkehrsadern sind aufgerissen, Busse und Straßenbahnen fallen häufiger aus als sonst. Selbst berühmte Sehenswürdigkeiten wie der Trevi-Brunnen (geplante Fertigstellung am 24. Dezember 2024) oder die Engelsbrücke (Bauarbeiten bis 2026) sind von den Renovierungsarbeiten betroffen. Während der Trevi-Brunnen für Restaurierungen geleert wurde, hat die Stadt eine provisorische Anlage geschaffen, in die Besucher weiterhin Münzen werfen können – eine Geste, die Glück bringen soll. Allerdings stößt die Übergangslösung derzeit auf gemischte Reaktionen und spiegelt die Spannungen zwischen Erhaltung, Tourismus und städtischer Infrastruktur wider.

Auch an den Brunnen der Piazza Navona und am Konstantinsbogen sind Baugerüste aufgestellt. Die Renovierungsarbeiten an den antiken Stätten wurden durch Sturmschäden beschleunigt, wie etwa der Blitzschlag am Konstantinsbogen im September zeigte. Viele dieser Projekte sollen bis zum Beginn des Jubiläumsjahres abgeschlossen sein, doch andere werden erst in den kommenden Jahren fertiggestellt.

Streitpunkte und Hoffnungen

Die Verzögerungen und die schiere Anzahl der Baustellen haben auch eine politische Dimension. Bürgermeister Roberto Gualtieri führt die Probleme auf die späte Bereitstellung der Mittel durch die Regierung und die Auswirkungen der Sommerferien zurück, die in Rom traditionell heilig sind. Seit September laufen die Arbeiten jedoch auf Hochtouren und Gualtieri betonte in den Medien, dass sich die Stadt in einer entscheidenden Phase der Umgestaltung befindet.

Doch nicht alle Baustellen haben mit dem „Heiligen Jahr“ zu tun. Der von der EU finanzierte Wiederaufbaufonds nach der Pandemie ermöglicht zusätzliche Projekte, die die Stadt langfristig modernisieren sollen. Dazu gehören der Ausbau der U-Bahn und die Sanierung maroder Straßen und Plätze. Auch wenn die Arbeiten das Leben der Römer erschweren, ist der Wandel unumgänglich, um die Stadt fit für die Zukunft zu machen.

Zwischen Pilgerströmen und Touristenmassen

Die Vorbereitungen auf das Jubiläumsjahr treffen auf eine Stadt, die bereits jetzt von Besuchern überrannt wird. Lange Warteschlangen vor Sehenswürdigkeiten und der zunehmende Druck auf die Infrastruktur gehören längst zum Alltag. Für viele Touristen, die Rom besuchen, um die klassischen Fotomotive wie den Trevi-Brunnen oder die Engelsbrücke zu erleben, bedeutet dies Einschränkungen – nicht alle Sehenswürdigkeiten sind derzeit zugänglich. Doch der Stadtverwaltung zufolge dient die Regulierung der Besucherströme auch dem Schutz der Denkmäler.

Mit Maßnahmen wie einer möglichen Eintrittsgebühr für den Trevi-Brunnen oder der Einführung von festen Besuchszeiten versucht die Stadt, den Massentourismus besser zu lenken. Diese Ansätze sollen nicht nur das Erlebnis für die Besucher verbessern, sondern auch die Belastung für die lokale Bevölkerung reduzieren.

Ein Blick in die Zukunft

Rom bleibt eine Stadt der Kontraste: zwischen Antike und Moderne, zwischen Pilgertradition und moderner Infrastruktur. Die aktuellen Baustellen sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance, das Stadtbild nachhaltiger und zukunftsfähiger zu gestalten. Während viele Römer die Einschränkungen als notwendiges Übel akzeptieren, bleibt die Hoffnung, dass die Stadt rechtzeitig zum ‚Heiligen Jahr'“ wieder in altem – oder neuem – Glanz erstrahlt.