Kanzlerkandidatur: SPD Bochum fordert Wechsel zu Pistorius – „geht um die Frage, ob die Partei überlebt“

Immer mehr Sozialdemokraten wollen Boris Pistorius als Kanzlerkandidat. Jetzt schlägt der Chef eines der wichtigsten SPD-Unterbezirke Alarm und fordert: Der Kanzler solle den Weg frei machen.

Der Vorsitzende der SPD Bochum, Serdar Yüksel, warnt vor einer dramatischen Niederlage bei der Bundestagswahl und fordert einen raschen Beschluss der Parteiführung, um Boris Pistorius zum Kanzlerkandidaten zu machen. „Die Stimmung in unseren Ortsvereinen und unter den Mitgliedern ist klar: Lasst uns wechseln. Boris Pistorius wäre der beste Kanzlerkandidat“, sagte Yüksel, der auch für den Bundestag kandidieren will, dem stern. „Olaf Scholz war ein guter Kanzler, gerade in der Ukraine-Politik braucht er sich nicht zu verstecken. Aber ob er nochmal antritt, ist nicht nur eine persönliche Entscheidung von ihm. Es geht jetzt um die Frage, ob die SPD überlebt.“

Yüksel, der auch Landtagsabgeordneter ist, sagte weiter: „Wenn Sie in der SPD die Mitglieder befragen würden, wären 80 Prozent für Pistorius. Ich erlebe jeden Tag Leute, die sagen: Wir würden Euch wieder wählen, wenn Ihr einen anderen Kandidaten hättet.“

Die Forderung dürfte die Debatte über einen Wechsel bei der Kanzlerkandidatur befeuern, gilt die SPD Bochum doch als eine Art Seismograph in der Partei und einer der wichtigsten Unterbezirke in Nordrhein-Westfalen, der früheren Herzkammer der Sozialdemokratie. Seit Tagen schon diskutiert die Partei über einen Tausch bei der Kanzlerkandidatur. Bislang schließt die Parteispitze aus, mit Pistorius statt Scholz in den Wahlkampf zu ziehen, aber angesichts sinkender Umfragen für die SPD und für Scholz werden die Rufe lauter. Unter SPD-Anhängern befürwortet nur noch eine Minderheit von 27 Prozent eine erneute Spitzenkandidatur von Scholz. 67 Prozent der SPD-Wählern wünschen sich laut „Forsa“ Pistorius als nächsten Kanzlerkandidaten der SPD.

Scholz PistoriusVergleich 12.40

Yüksel forderte den Kanzler auf, den Weg noch vor Weihnachten frei zu machen. „Der 16. Dezember, das Datum der Vertrauensfrage, wäre eine gute Gelegenheit für Scholz zu sagen: Ich trete nicht noch einmal an. Das könnte ein Befreiungsschlag für uns werden.“ Er sagte: „Ich verstehe schon, dass die Berliner sagen: In den Runden, wenn wir unter uns sind, ist Olaf super. Aber das nützt uns nicht viel. Wir haben doch Glück, dass wir den populärsten Politiker haben. Das sollten wir nutzen.“

„Pistorius hat einen anderen Auftritt als Scholz“

Er sei überzeugt, dass Pistorius Kanzler könne. „Er kommuniziert anders, er hat einen anderen Auftritt als Scholz. Gerade in diesen Zeiten muss man Demokratie erklären, nicht nur verteidigen.“ Der Verteidigungsminister mute der Partei Wahrheiten zu, die als notwendig erachtet würden, so Yüksel. Das Argument, für einen Wechsel sei es zu spät, ziehe nicht. „Boris Pistorius kennt jeder. Man könnte ihn von jetzt auf gleich nominieren. Wenn wir ihn auf dem Parteitag im Januar aufstellen, hätten wir über 30 Tage Zeit, mit ihm Wahlkampf zu machen.“

SPD Kanzlerkandidatur Bausewein 13.07

Weiterer Thüringer Landrat pro Boris Pistorius

„Wir sollten aus dem Fehler der CDU im Jahr 2021 lernen: Sie hat auf den etablierten Kandidaten gesetzt, statt den populären Kandidaten zu nominieren“, warnt auch Onno Eckert, Landrat von Gotha und Mitglied im SPD Landesvorstand. „Deshalb hat die Union damals die Bundestagswahl verloren. Wir sollten diesen Fehler nicht wiederholen, sondern Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten aufstellen.“

Er halte Pistorius nicht nur wegen seiner Beliebtheit für den geeigneten Kandidaten. „Er hat als Innenminister in Niedersachsen und als Bundesverteidigungsminister nie gekuscht. Er hat immer glaubwürdig, authentisch und kompetent seine Positionen vertreten. Ich traue ihm deshalb die Kanzlerschaft zu.“