Ökobilanz: Warum Deutschland seine Waschgewohnheiten ändern sollte

Die Ökobilanz zeigt: oft reichen 30 Grad, um den Schmutz aus der Kleidung zu entfernen. Warum nur drehen viele Deutsche ihre Waschmaschine deutlich höher?

Mit kaum einem Hausgerät fühlen sich die Deutschen besser vertraut als mit ihrer Waschmaschine. Seit mehr als 70 Jahren sind Vollautomaten, wie wir sie kennen, auf dem Markt. Ihre Verbreitung beeindruckt: 96 Prozent der Haushalte geben an, eine Waschmaschine zu besitzen. Im Vergleich aller Anschaffungen ist nur der Kühlschrank beliebter.

Trotz dieser Marktdurchdringung wissen nicht alle Verbraucher, wie man eine Waschmaschine sinnvoll bedient. Zu diesem Ergebnis kommen die Initiatoren einer Kampagne der Umweltschutzorganisation WWF mit dem Konzern Procter & Gamble (Ariel, Lenor). Beide werben gemeinsam dafür, die Temperatur beim Waschen herunterzudrehen. Denn die Deutschen waschen ihre Wäsche zu warm. „Waschroutinen sind wiederkehrende Verhaltensmuster, die sich oft über Jahre etablieren“, sagt WWF-Vorständin Heike Vesper. Offenbar fällt es schwer, sie zu ändern.

Dabei würden niedrigere Temperaturen ausreichen, um zum gewünschten sauberen Ergebnis zu kommen. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass man dabei Energie und Geld spart – und seine Treibhausgasemissionen deutlich reduziert.

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Maschinelles Wäschewaschen ist mittlerweile stark modernisiert

Grundsätzlich sorgen vier Faktoren zusammen mit Wasser für die Reinigung: die eingesetzte Chemie, die Mechanik der Maschine, die Dauer des Programms und die gewählte Temperatur. In früheren Zeiten musste das Wasser stärker erhitzt werden, weil die Waschmittel im Vergleich zu heute weniger wirksam waren. Das hat sich geändert; die Hersteller haben ihre Rezepturen angepasst. Schon 2006 stellte das Öko-Institut fest, es gebe „keine wesentlichen Einschränkungen gegenüber der häufigeren Nutzung von niedrigeren Waschtemperaturen“. Je nach Alter der Waschmaschine könnten bei einem Programmwechsel von 60 auf 40 Grad Celsius bis zu 47 Prozent Strom eingespart werden. Schalte man von 40 auf 30 Grad herunter, seien es bis zu 40 Prozent.

Weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht in alle Haushalte durchdrangen, schlossen sich ein paar Jahre später mehrere Unternehmen der Wasch- und Reinigungsbranche zu der Initiative „I Prefer 30°“ zusammen. Sie wollten in einigen EU-Ländern auf das energetische Problem aufmerksam machen und auf die Chancen, es zu lösen. Nach ihren Angaben lag die durchschnittlich gewählte Waschtemperatur damals bei 41 Grad, variierte zum Teil aber deutlich. Für England wurden 39 Grad errechnet, für Dänemark dagegen 43 Grad.

Deutschland lag bis vor Kurzem sogar noch über diesem Wert. Laut den Forschern des Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) in Wuppertal, mit denen der WWF und Procter & Gamble zusammenarbeiten, wuschen die Deutschen im Jahr 2022 im Schnitt bei 43,2 Grad. Den Wert zu reduzieren, lohnt sich sofort. Laut den Experten machen die Nutzung der Maschine und das Erhitzen des Wassers bis zu 60 Prozent des CO2-Fußabdrucks aus. Die Inhaltsstoffe sind für bis zu 20 Prozent verantwortlich, die Entsorgung für bis zu 15 Prozent. Die Verpackung sowie die Herstellung und der Transport dagegen führen nur zu geringen Mengen Treibhausgas.

Die Folgen des maschinellen Wäschewaschens wurden schon in den Siebzigern öffentlich diskutiert. Der erste Vollautomat, die „Constructa“ der Düsseldorfer Firma Peter Pfenningsberg, kam 1951 auf den deutschen Markt und wog 600 Kilogramm; heute sind 60 bis 90 Kilogramm die Regel. Er hatte einen integrierten Drehstrommotor und benötigte pro Durchgang 225 Liter Wasser; heute sind es im Schnitt rund 50 Liter. Mit den wachsenden Verkaufszahlen der Geräte übten Umweltschützer Kritik an diesem Ressourcenverbrauch. Die Hersteller entwickelten daraufhin sparsamere Maschinen und Programme und konnten den Rohstoffbedarf reduzieren. Laut Umweltbundesamt ist der Marktanteil von energieeffizienten Waschmaschinen in Deutschland von knapp drei Prozent im Jahr 2008 auf mehr als 86 Prozent im Jahr 2018 gestiegen.

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Bei welchen Temperaturen nun welche Wäsche waschen?

Worauf sollte man bei Buntwäsche achten? „Für die meisten Waschgänge reicht eine Temperatur von 30 Grad vollkommen aus“, heißt es beim Naturschutzbund Nabu. Häufig sind Kleidungsstücke nur leicht verschmutzt. Auch Unterwäsche, Socken, Waschlappen und Handtücher müssen nicht anders behandelt werden. Die Sorge, dass Mikroorganismen auf diesem Weg nicht getötet werden, halten Experten für unbegründet, zumal selbst eine gesunde Haut von zahlreichen Bakterien besiedelt ist und man davon nicht krank wird. Auch Staub und Schmutz, mit denen man in Kontakt kommt, sind in der Regel harmlos. Ideal sind Eco-Programme, die zwar mehr Zeit in Anspruch nehmen, durch ihre längere Einwirkzeit aber Energie bei der Temperatur sparen. Anders sieht es aus bei ansteckenden Krankheiten oder Menschen mit einer geschwächten Immunabwehr. Hier sind höhere Temperaturen ratsam.

Weiße Wäsche sollte bei 40 Grad in die Maschine, laut Umweltbundesamt ist dann „das Bleichmittel besser aktiv“. Außerdem ist es sinnvoll, einmal im Monat ein 60-Grad-Programm mit einem bleichhaltigen Vollwaschmittel in Pulverform laufen zu lassen, um Gerüche und Biofilme in der Maschine zu verhindern. Bei dieser Gelegenheit bietet es sich an, Spül- undPutzlappen oder Hundedecken zu waschen, die aufgrund ihrer Nutzung keimhaltiger sind.

Die Ökobilanz zeigt: Kälter waschen hat positive Auswirkungen auf die CO2-Einsparung

Die Macher der „Wir drehen runter“-Kampagne, die ihre Hinweise über Plakate, Verpackungen und Medien verbreiten, freuen sich über erste Erfolge. Eine Umfrage unter 1000 Deutschen zeigt, dass die durchschnittliche Waschtemperatur innerhalb eines Jahres um 1,25 Grad Celsius gesunken ist. Sie liege nun knapp unter 42 Grad. Dadurch seien rund 100 000 Tonnen CO2 eingespart worden. Bis 2025 soll es weitergehen mit der Aufklärung. Das Ziel lautet: minus drei Grad.

Gelingt das, ergeben sich weitere Vorteile für Umwelt und Natur. Kälteres Waschen schont Fasern und Farben, wodurch Kleidung länger hält. Im Endeffekt ließe sich also allein über die Waschtemperatur die Textilproduktion reduzieren. Schließlich zählt dieser Industriezweig zu den schlimmsten Klimasündern weltweit.