1989 brachten mutige Menschen in der DDR die Mauer zu Fall. 35 Jahre später blickt Berlin auf das historische Ereignis in besonderer Weise zurück. Bürgerrechtler finden mahnende Worte.
Mit einer riesigen Open-Air-Installation und zahlreichen Veranstaltungen feiert Berlin den 35. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 1989. Im Mittelpunkt stehen 5.000 Plakate, die in der Innenstadt entlang des früheren Mauerverlaufs gezeigt werden.
Sie verbinden Forderungen der Demonstranten im Herbst 1989 mit heutigen Wünschen und wurden im Rahmen von Workshops etwa in Schulen, Kirchengemeinden, Vereinen oder Kulturprojekten geschaffen. Motto der Aktion: „Wir halten die Freiheit hoch.“
Komplett zu sehen ist die etwa vier Kilometer lange Installation, deren Aufbau mehrere Tage dauerte. Sie reicht von der Invalidenstraße über den Reichstag, das Brandenburger Tor und den Potsdamer Platz bis zur Axel-Springer-Straße und zog schon zum Auftakt etliche Besucher an, darunter viele Touristen.
„Soundtrack der Freiheit“
An mehreren Stationen entlang der Route informieren Multimedia-Präsentationen oder kleine Ausstellungen über Ereignisse im Wende-Herbst und Themen wie Flucht oder Mitbestimmung. Am Samstag, dem eigentlichen Jahrestag, ist entlang der Installation ein Konzert Hunderter Musiker geplant, die laut Veranstalter den „Soundtrack der Freiheit“ spielen.
Birthler warnt vor neuer Mauer
Nach Einschätzung der DDR-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler müssen drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall neue Mauern überwunden werden. „Ich meine nicht die zwischen links und rechts und auch nicht zwischen Ost und West und auch nicht zwischen oben und unten“, sagte die ehemalige Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
„Sondern ich meine die Mauer zwischen den Leuten, die die Demokratie verteidigen, und denen, die sie versuchen abzuschaffen. Das ist das, was mich am meisten beschäftigt, hierzulande und auch eigentlich weltweit.“
Birthler weiter: „Damals war das einfach der große Traum, in Freiheit und Demokratie zu leben, aber das hat sich bei vielen Leuten offenbar geändert. Weil Freiheit ist ja auch unbequem, macht ja manchen auch Angst. Und deswegen gehen sie leicht Leuten auf den Leim, die ihnen einfache Lösungen anbieten, die es ja nicht gibt.“
Deutschland als „freiestes Land der Welt“
Der Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur des Landes Berlin, Frank Ebert, sieht ebenfalls Gefahren für die Demokratie, für die im Wendeherbst 1989 so viele Menschen in der DDR auf die Straße gingen. „Wir leben, das ist manchen offensichtlich nicht mehr ganz klar, hier tatsächlich im freiesten Land der Welt“, sagte er der dpa.
„Und es ist tatsächlich so, dass wir aufpassen müssen, dass wir nicht abrutschen in eine autokratische Richtung, dass es ganz toll ist, einen großen Führer zu haben, der sagt: „So und so muss es sein und dann wird das so gemacht. Punkt.““ Dafür gebe es demokratische Institutionen, die es auch zu verteidigen gelte, so Ebert.
DDR-Bürger als Vorbild
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas würdigte den Mut der DDR-Bürger, die vor 35 Jahren die Mauer zwischen Ost und West zum Einsturz brachten. „Die Ostdeutschen haben mit der Friedlichen Revolution der Demokratie in ganz Deutschland einen großen Dienst erwiesen“, sagte die SPD-Politikerin im Bundestag. „Sie haben damit auch der ganzen Welt ein Vorbild für eine friedliche Revolution gegeben.“
Birthler und Ebert trafen sich anlässlich der Feierlichkeiten des 35. Jahrestages des Mauerfalls in Berlin mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Bürgerrechtlern aus anderen Staaten am Brandenburger Tor. Am Nachmittag war im Roten Rathaus eine internationale Jugendkonferenz „Junge Stimmen für ein geeintes Europa“ geplant.