Die Europawahl ist in den Niederlanden angelaufen, Deutschland folgt kommenden Sonntag – Wahlkampf im Endspurt. Eine Umfrage legt nahe, dass sich vor allem eine Partei auf Verluste einstellen muss.
Union, Grüne und Linke schließen heute ihren Europawahlkampf ab. In München sprechen am Abend EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die eine zweite Amtszeit anstrebt, und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zu ihren Anhängern. CDU und CSU können laut Umfragen damit rechnen, die Europawahl am kommenden Sonntag in Deutschland mit großem Vorsprung zu gewinnen.
Die Grünen versammeln sich zum Wahlkampfabschluss am Nachmittag in Köln, zu den Rednern gehören die Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour sowie Spitzenkandidatin Terry Reintke. Die Linke schließt ihre Kampagne in Potsdam ab, angeführt von den Parteichefs Janine Wissler, Martin Schirdewan und der parteilosen Co-Spitzenkandidatin Carola Rackete. Die SPD folgt erst am Samstag, wo in Duisburg unter anderem Kanzler Olaf Scholz spricht. Die FDP hatte ihren Wahlkampf bereits vergangenen Donnerstagabend in Düsseldorf abgeschlossen.
Auch im Bundestag spielt heute die Wahl eine Rolle. Am Morgen steht eine 70-minütige Debatte zur aktuellen Europapolitik auf der Tagesordnung.
Union in Umfrage weit vorn
Die Union ist im ZDF-Politbarometer Extra zur Europawahl in Deutschland klar stärkste Kraft – die Grünen müssen mit deutlichen Verlusten im Vergleich zur Wahl 2019 rechnen. Wenn schon heute Europawahl wäre, käme die Union auf 30 Prozent. Sie könnte damit ihr Ergebnis von 2019 leicht verbessern (28,9 Prozent). Die Grünen stehen nun bei 14 Prozent. Sie hatten bei der Wahl 2019 noch 20,5 Prozent eingefahren.
Die Forschungsgruppe Wahlen betonte allerdings, dass die Umfragewerte nur das Stimmungsbild für die Parteien zum jetzigen Zeitpunkt wiedergäben – sie seien keine Prognose für den Wahlausgang. Zudem wüssten derzeit 42 Prozent noch nicht sicher, wen oder ob sie wählen wollten.
In der nun veröffentlichten Umfrage kommen AfD und SPD auf jeweils 14 Prozent. Bei der Wahl 2019 waren es 11 Prozent für die AfD und 15,8 Prozent für die SPD gewesen. Die FDP liegt derzeit bei 4 Prozent (2019: 5,4 Prozent), die Linke bei 3 Prozent (2019: 5,5 Prozent). Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht steht in der Umfrage bei 7 Prozent.
61 Prozent der Befragten bekundeten in der Umfrage ein starkes oder sehr starkes Interesse an der Wahl – ein weniger starkes oder kein Interesse gaben 38 Prozent an. Das spreche dafür, dass sich die Wahlbeteiligung in der Größenordnung von 2019 bewegen werde.
Europa wählt von Donnerstag bis Sonntag
Den Auftakt zur Europawahl hatten gestern die Niederlande gemacht, wo rund 13,5 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben konnten. Nach der ersten Prognose läuft es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem rot-grünen Wahlbündnis und der radikal-rechten Partei des Populisten Geert Wilders hinaus.
Das rot-grüne Bündnis der sozialdemokratischen Partei von der Arbeit und der grünen Partei GroenLinks kommt nach der am Donnerstagabend im Fernsehen veröffentlichten Prognose auf acht der 31 Mandate, die euroskeptische Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders auf sieben.
Nach den Niederlanden folgen heute Irland und Tschechien, morgen dann Italien, Lettland, Malta und die Slowakei. In den übrigen Ländern wird am Sonntag gewählt. Insgesamt dürfen rund 360 Millionen Europäer – darunter 61 Millionen Deutsche – über die 720 Abgeordneten des Parlaments entscheiden, davon kommen 96 aus der Bundesrepublik.
Anders als bei Bundestagswahlen können auch deutsche Kleinstparteien mit niedrigem einstelligem Wahlergebnis ins EU-Parlament einziehen. Denn: Es gibt keine vorgegebene Prozent-Hürde zu erreichen. Einige EU-Staaten haben hingegen Sperrklauseln, unter anderem Frankreich, Italien, Griechenland, Polen, Tschechien und Ungarn. In Deutschland soll das erst bei der nächsten Europawahl im Jahr 2029 wiedereingeführt werden. Sie soll bei mindestens zwei Prozent liegen. Das hatte der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen.
SPD stellt Bedingung für Unterstützung von der Leyens
Die SPD hatte zuletzt Forderungen an die künftige EU-Kommission formuliert – und damit auch ihre Unterstützung für eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen an eine Bedingung geknüpft. „Eine Präsidentin oder einen Präsidenten der Europäischen Kommission, die oder der auf die Unterstützung der Feinde der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit baut, wird die europäische Sozialdemokratie nicht unterstützen“, heißt es in einem Papier der Kommission Internationale Politik des SPD-Parteivorstands, über das die Nachrichtenseite ntv.de berichtete und das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Hintergrund ist, dass von der Leyen eine Kooperation mit der rechtskonservativen EKR-Fraktion nicht ausschließt. Der Fraktion gehört auch die ultrarechte Partei Fratelli d’Italia der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni an.