Er ist zurück – und das mit dem wohl stärksten denkbaren Mandat: Donald Trumps zweite Amtszeit dürfte mit vielen Konventionen brechen. Das hat auch Auswirkungen für Deutschland.
Donald Trump befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht: Nach dem Durchmarsch des Republikaners bei der Wahl droht den USA eine zunehmend autoritäre Staatsführung und den Verbündeten außenpolitische Unsicherheit. Mit düsterer Rhetorik und einer Vision für einen radikalen Kurswechsel setzte sich der 78-jährige Ex-Präsident überraschend klar gegen seine demokratische Konkurrentin Kamala Harris (60) durch.
Trump gewann in bislang allen ausgezählten „Swing States“, also den besonders umkämpften Bundesstaaten, und erreichte die nötige Mehrheit von mehr als 270 Wahlleuten, um sich das Präsidentenamt erneut zu sichern. Zudem gelang es Trump auch erstmals, sich eine deutliche Mehrheit der landesweit abgegebenen Stimmen zu sichern. Die Republikaner konnten den Demokraten auch die Mehrheit im US-Senat abnehmen. In der zweiten Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, war zunächst noch unklar, ob die Republikaner ihre Mehrheit dort verteidigen können.
Trump will radikalen Kurswechsel
Trump hatte im Wahlkampf die „größte Deportation der Geschichte“ von Migranten aus den USA, ein schnelles Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen angekündigt. Auch leugnet der Republikaner die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an. In der Außenpolitik – wo Vizepräsidentin Harris für Kontinuität stand – gilt Trump als unberechenbar, auch mit Blick auf die wichtige US-Unterstützung für die Ukraine.
Neue Ära für Europa und die Welt
Trumps Präsidentschaft dürfte die internationalen Machtverhältnisse und bestehende Bündnisse auf eine Belastungsprobe stellen. Erste Reaktionen betonten die Bereitschaft zur Zusammenarbeit: „Gemeinsam können wir viel mehr durchsetzen als gegeneinander“, sagte etwa Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin.
Das Angebot einer verlässlichen Zusammenarbeit gelte auch „mit Blick auf die Bedrohung, die Russland nach Auffassung aller Nato-Alliierten für die Sicherheit im europäischen Raum darstellt“, sagte er. Die USA sind – vor Deutschland – der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine. Es gibt Befürchtungen, dass Trump die Hilfe für Kiew einstellen könnte.
Autoritäre Staats- und Regierungschefs dürften nun Hoffnung auf einen Kurswechsel der USA haben. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban forderte eine neue Strategie der EU für die von Russland angegriffene Ukraine. Da Trump die amerikanische Hilfe für Kiew einstellen könnte, stelle sich die Frage, ob Europa die finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine allein werde schultern können.
Kremlsprecher Dmitri Peskow teilte derweil mit, die „Vereinigten Staaten sind in der Lage, zur Beendigung des Konflikts beizutragen“. Freudig reagierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie schrieb bei Telegram „Halleluja“. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulierte Trump derweil „zum größten Comeback der Geschichte“.
„Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat“
In Trumps Heimatstaat Florida herrschte dagegen erst einmal Jubelstimmung: „Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat“, sagte Trump in der Wahlnacht bei einem Auftritt vor Anhängern. „Ich danke dem amerikanischen Volk für die außerordentliche Ehre, zum 47. Präsidenten gewählt worden zu sein“, sagte er weiter. Er versprach ein „goldenes Zeitalter“ Amerikas und bedankte sich bei seinen Wählerinnen und Wählern für die Unterstützung. Harris wollte sich erst am Mittwochnachmittag (Ortszeit) öffentlich äußern.
Mit der Senats-Mehrheit könnten die Republikaner auch die konservative Mehrheit im Obersten Gericht weiter ausbauen, die die USA auf Jahrzehnte prägen wird. Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit drei Richter ernannt und für die Mehrheit der Konservativen gesorgt. Sie kippten unter anderem das landesweite Recht auf Abtreibungen.
Im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten ein Gegengewicht bilden – falls sie es schaffen, sich die zweite Kongress-Kammer zurückzuholen. Falls diese auch an die Republikaner fallen sollte, kann Trump praktisch ungehindert durchregieren.
Krachende Niederlage für Vizepräsidentin Harris
Umfragen hatten ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt. Doch die Demokratin Harris erlebte ein Debakel auf breiter Front. Für Trump ist es ein historisches Comeback. Bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus vor vier Jahren schien er politisch erledigt, nachdem seine Anhänger das Kapitol in Washington erstürmten und er das Wahlergebnis nicht anerkennen wollte.
Der Ex-Präsident punktete im Wahlkampf mit Versprechen wie einer Halbierung der Energiekosten angesichts hoher Lebenshaltungskosten. Er schürte die Angst vor einer angeblichen Invasion krimineller Migranten. Er schnitt im Vergleich zur Niederlage gegen Joe Biden vor vier Jahren besser bei Schwarzen und Latinos ab, die traditionell eine Bastion der Demokraten waren.
Im Juli war Trump bei einem Attentat während eines Wahlkampfauftritts leicht verletzt worden. Danach sagte er, Gott habe ihn behütet, damit er Amerika zu neuer Größe führen könne.
Bilanz von Trumps erster Amtszeit umstritten
In seiner ersten Amtszeit setzte Trump an der Südgrenze der USA harte Maßnahmen wie den Bau eines meterhohen Zauns und die Trennung der Kinder von Migranten von ihren Eltern durch. Die Amerikaner waren 2020 mit seiner Corona-Politik unzufrieden. Aus Sicht der Demokraten disqualifizierte er sich mit der Weigerung, die Niederlage bei der Wahl 2020 anzuerkennen. Gegen Trump laufen mehrere Prozesse. Die meisten davon dürften mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus schnell kein Thema mehr sein.
Merz setzt auf stärkere Rolle Europas
CDU-Chef Friedrich Merz warb für eine stärkere Rolle Europas und hob die gemeinsamen Werte und Interessen mit den USA sowie das kollektive Schutzversprechen als Mitglieder in der Nato hervor. „Es liegt nun insbesondere auch in der Hand von uns Deutschen und Europäern, die Beziehungen zu unserem wichtigsten Verbündeten zu gestalten“, schrieb Merz auf der Plattform X.
UN-Generalsekretär António Guterres gratulierte Trump: „Ich bekräftige meinen Glauben daran, dass die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und den Vereinten Nationen eine essenzielle Säule der internationalen Beziehungen ist“, sagte Guterres laut Mitteilung in New York. Die Vereinten Nationen befürchten, die USA als größter Geldgeber der Weltorganisation könnten ihre Beiträge einstellen.
Die Vereidigung des neuen Präsidenten wird am 20. Januar stattfinden.