Nach der Flutkatastrophe in Spanien suchen die Rettungskräfte weiter nach zahlreichen Vermissten: Vor allem in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums in einem Vorort von Valencia werden viele weitere Tote befürchtet. Auch andere Tiefgaragen, die teilweise immer noch unter Wasser stehen, wurden bisher noch nicht vollständig durchsucht. Nach einer Wetterbesserung in Valencia wurde am Montag Barcelona von heftigen Unwettern heimgesucht.
Am Dienstag vergangener Woche waren im Osten und Süden Spaniens extreme Regenfälle niedergegangen. An manchen Orten regnete es so viel wie sonst in einem ganzen Jahr. Bis Sonntag wurden nach Angaben der Behörden 217 Todesopfer gefunden, davon 213 in der Region Valencia. Drei Menschen starben in Kastilien-La Mancha, ein Todesopfer wurde aus Andalusien gemeldet.
Die Behörden rechnen aber mit vielen weiteren Todesopfern. Verkehrsminister Oscar Puente erklärte, die Rettungskräfte hätten zuerst „die besser zugänglichen“ Orte „an der Oberfläche“ abgesucht. Es gebe aber noch viele überflutete Erdgeschosse, Keller und Tiefgaragen, die noch nicht abgesucht worden seien. Es sei davon auszugehen, „dass sich dort noch Tote befinden“.
Dramatisch ist die Lage vor allem im Parkhaus des Einkaufszentrums Bonaire in Aldaia, einer Stadt mit 31.000 Einwohnern westlich der Küstenmetropole Valencia. Fast die Hälfte der 5700 Parkplätze liegt im Tiefgeschoss, das sechs Tage nach der Flut immer noch komplett unter Wasser steht.
„Wir wissen nicht, was wir finden werden“, sagte Aldaias Bürgermeister Guillermo Luján im Sender TVE. Er befürchte aber „Schreckliches“. In den vergangenen Tagen hatten Rettungskräfte und Soldaten zahlreiche Pumpen installiert, um das Wasser aus der Tiefgarage zu pumpen. Auch Taucher waren bereits im Einsatz, Leichen haben sie bisher aber nicht entdeckt.
Auch in anderen Städten, wie etwa in Alfafar im Großraum Valencia, stehen noch Tiefgaragen unter Wasser. Die genaue Zahl der Vermissten ist bisher unklar. In vielen Ortschaften blockieren weiterhin angespülte Autos und schlammige Trümmer die Straßen, es gibt weder Strom und Telefon.
„Ich habe alles verloren“, sagte Teresa Gisbert aus Sedaví, einem weiteren Vorort von Valencia, der Nachrichtenagentur AFP. Ihr Haus wurde meterhoch von Wasser und Schlamm überflutet. Die Behörden hätten zwar vor Starkregen, nicht aber vor Hochwasser gewarnt, klagte die 62-Jährige.
Valencias Regionalregierung wird auch vorgeworfen, die Handynachrichten mit den Warnungen erst viel zu spät verschickt zu haben. Für Kritik sorgt auch, dass die Hilfs- und Rettungsarbeiten nur schleppend in Gang kamen. Viele Flutopfer wurden in den Tagen nach der Katastrophen nicht von Rettungskräften, sondern von freiwilligen Helfern mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt.
Am Sonntag hatte sich die Wut und Verzweiflung der Menschen bei einem Besuch des spanischen Königspaares im Katastrophengebiet entladen. König Felipe VI. und seine Frau Letizia wurden in Paiporta von aufgebrachten Menschen mit Schlamm beworfen. Auch Regierungschef Pedro Sánchez und Valencias Regionalpräsident Carlos Mazón wurden niedergebrüllt.
König Felipe erklärte später in einer Videobotschaft, er verstehe „den Ärger und die Frustration“ der Flutopfer. Auch Sánchez betonte, er habe Verständnis für die „Angst und das Leid“ der Betroffenen.
Wegen neuer starker Regenfälle galt in Teilen der Region Valencia am Sonntagabend erneut Alarmstufe rot. Am Montag hob der spanische Wetterdienst die Unwetterwarnung für Valencia aber auf.
Stattdessen wurde für Teile der Region Katalonien weiter nördlich wegen sintflutartiger Regenfälle zwischenzeitlich die höchste Alarmstufe ausgerufen. Der Bahnverkehr im Großraum Barcelona wurde eingestellt, am Flughafen El Prat wurden dutzende Flüge gestrichen oder umgeleitet. In Barcelona und umliegenden Städten standen auch etliche Straßen unter Wasser.