Aufgewachsen in einem streng katholischen Elternhaus, trat Jeanne Córdova als junge Frau einem Orden bei und wurde Nonne. Doch bald begann die Amerikanerin sowohl ihren Glauben als auch ihre Sexualität in Frage zu stellen – und entschied sich für eine Karriere als lesbische Aktivistin.
Geboren wurde Jeanne Córdova am 18. Juli 1948 in Bremerhaven. Sie war das älteste von zwölf Kindern eines mexikanischen Vaters und einer irisch-amerikanischen Mutter. Nachdem sie in Puente in Kalifornien ihren Highschool-Abschluss gemacht hatte, trat sie 1966 zunächst in das Kloster des Unbefleckten Herzens Mariens ein. Doch sie begann schon bald, ihre Sexualität und ihren Glauben in Frage zu stellen. 1968 verließ sie das Kloster wieder und machte im Alter von 22 Jahren ihren Master-Abschluss in Sozialarbeit an der Universität von Kalifornien.
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Ihre eigentliche Karriere aber startete sie im Bereich der Lesben- und Schwulenrechte als Präsidentin des Ortsverbands Los Angeles der „Daughters of Bilitis“. „Ich habe mich von Anfang an für eine Karriere als professionelle Lesbe entschieden“, sagte sie einmal über sich selbst. Um anderen Lesben eine Stimme zu geben, gründete sie „The Lesbian Tide“, die zu einem nationalen Nachrichtenmagazin und zur Stimme einer ganzen Generation von Lesben wurde. 1971 eröffnete sie zudem das erste Lesbenzentrum in Los Angeles.
Kurz darauf saß Córdova auch im Vorstand des Los Angeles Gay Community Services Center und schrieb und redigierte für die „Los Angeles Free Press“. Eine Sammlung ihrer Kolumnen wurde 1974 in ihrem Buch „Sexism — It’s a Nasty Affair“ veröffentlicht. Als die Schwulen- und Lesbenbewegung immer mehr zum politischen Mainstream wurde, übernahm sie den Vorsitz des Stonewall Democratic Club und leitete die landesweite Kampagne in Kalifornien zur Wahl von offen schwulen Delegierten für den Demokratischen Nationalkongress 1980.
Jeanne Córdova gründete „homosexuelles Branchenbuch“
Sie gründete die „Community Yellow Pages“, die Hunderte von schwulen und lesbischen Unternehmen in Südkalifornien in einem „homosexuellen Branchenbuch“ zusammenfassten und jedes Jahr mit einer Auflage von 100.000 Stück gedruckt wurde. Es sollte Verbrauchern, die nach Unternehmen suchten, die ihnen ohne Vorurteile entgegenkamen, eine Auswahl bieten. „Ich fühle mich bei einem schwulen Klempner viel wohler als bei einem heterosexuellen“, soll Córdova 1989 der „New York Times“ verraten haben. „Ich muss nicht im Haus herumlaufen und verräterische Anzeichen dafür verstecken, dass ich lesbisch bin.“
1999 verkaufte sie ihr Branchenbuch wieder, zog für einige Jahre nach Mexiko und gründete dort gemeinsam mit ihrer Ehefrau Lynn Harris Ballen die „Palapa Society of Todos Santos“, eine gemeinnützige Organisation für wirtschaftliche Gerechtigkeit. Später veröffentlichte sie ihre preisgekrönten Memoiren „When we were Outlaws; A Memoir of Love & Revolution”. Auch als Aktivistin und Geschäftsfrau schrieb Jeanne weiterhin Essays, Kolumnen und journalistische Beiträge, veröffentlichte Texte in ihrem persönlichen Blog.
Córdova machte Krebserkrankung 2015 öffentlich
Córdova und ihre Ehefrau Ballen hatten sich 1995 vor Familie und Freunden in einer Partnerschaftszeremonie das Ja-Wort gegeben, bevor sie 2013 – nachdem die gleichgeschlechtliche Ehe in Kalifornien legal wurde – offiziell heirateten.
Córdovas fromme katholische Eltern hatten mit dem Coming-out ihrer Tochter zu kämpfen. Wie ihre Schwester Lu später erzählte, hatte sie sich mehrere Jahre lang von der Familie entfremdet. Erst später kam es zur Versöhnung mit den Eltern, die jedoch erfolglos versuchten, sie wieder für den Glauben zu gewinnen.
In einem offenen Brief, den sie im September 2015 auf ihrer Website veröffentlichte, erklärte Córdova: „Ich habe seit 2008 Krebs. Darmkrebs.“ In den ersten vier Jahren habe sie es abgetan, „wie ich es oft mit körperlichen Krankheiten oder Schwierigkeiten gemacht habe“. 2013 sei die Krankheit zurückgekehrt und habe zuerst Metastasen in der Lunge und später im Kleinhirn gebildet. Sie musste mehrere Operationen, Bestrahlung und Chemotherapie über sich ergehen lassen, ehe sie am 10. Januar 2016 in ihrem Zuhause in Los Feliz verstarb. Sie wurde 67 Jahre alt.
Quellen: jeannecordova.com; „Los Angeles Times“; ONE Archives at the USC Libraries