Als Reaktion auf die Hinrichtung des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd schließt die Bundesregierung alle drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland. Betroffen seien die Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag in New York. Irans Botschaft in Berlin soll aber offen bleiben, ebenso die deutsche Botschaft in Teheran. Mit ihrer scharfen diplomatischen Maßnahme bringt die Bundesregierung ihren Protest gegen die Hinrichtung zum Ausdruck.
Baerbock sprach mit Blick auf Sharmahds Hinrichtung von einer „kaltblütigen Ermordung“, die unterstreiche, dass das iranische „Unrechtsregime auch mit dem jüngsten Wechsel an der Spitze weiter in voller Brutalität agiert“.
Die Bundesregierung habe Iran „immer wieder unmissverständlich klargemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“, sagte Baerbock. Diese Haltung habe sie auch dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi bei ihrem Treffen im September in New York übermittelt. Die Konsequenzen würden nun gezogen.
Die Außenministerin kündigte zudem an, sich auf EU-Ebene für schärfere Sanktionen gegen den Iran einzusetzen. So sollten die iranischen Revolutionsgarden in der EU offiziell als Terrororganisation gelistet werden.
Von der Schließung der drei iranischen Vertretungen sind nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt insgesamt 32 Konsularbeamte betroffen, die Deutschland verlassen müssten.
Die Anordnung zur Schließung ausländischer Konsulate gilt im Instrumentenkasten der Diplomatie als besonders drastische Maßnahme. Die Bundesregierung macht davon selten Gebrauch. Zuletzt ordnete sie die Schließung der russischen Konsulate als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine an.
Mit der Maßnahme fährt die Bundesregierung die diplomatischen Beziehungen zum Iran auf ein Minimum herunter. „Nicht ohne Grund sind unsere diplomatischen Beziehungen bereits mehr als auf einem Tiefpunkt“, sagte Baerbock.
Baerbock räumte ein, dass die Bundesregierung mit ihren Strafmaßnahmen „auf einem sehr schmalen Grat“ wandele. Sie verwies darauf, dass weitere Deutsche im Iran zu Unrecht in Haft säßen – Baerbock sprach in diesem Zusammenhang von einer „iranischen Geiselpolitik“. Für die Bemühungen zur Freilassung dieser Deutschen müssten „diplomatische Kanäle“ aufrecht erhalten werden, auch deshalb bleibe die deutsche Botschaft im Iran offen.
Zudem gebe es im Iran viele Menschen, die für mehr Freiheiten kämpfen. „Unsere Botschaft in Teheran wird daher genau für diese Menschen da sein, wird genau hinschauen, die Menschenrechtssituation verfolgen, Visa ausstellen und unsere Haftfälle betreuen“, sagte Baerbock
Generalkonsulate haben vor allem Aufgaben im Rechts- und Konsularwesen – etwa die Ausstellung oder Verlängerung von Ausweispapieren iranischer Staatsangehöriger in Deutschland. Diese Aufgabe wird künftig die iranische Botschaft in Berlin wahrnehmen müssen. In Deutschland leben rund 300.000 Menschen mit iranischen Wurzeln.
Außenexperten im Bundestag mahnten Baerbock zu einer noch härteren Gangart gegenüber dem Iran. Die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses, Renata Alt (FDP), forderte weitere Schritte: „Die deutsche Wirtschaft sollte sich weitgehend aus dem Iran zurückziehen.“
Unions-Außenexperte Johann Wadephul (CDU) kritisierte Baerbocks Reaktion als „zu wenig und zu spät“. Das Auswärtige Amt sei gegenüber dem Iran „lange in naiver Freundlichkeit verharrt“, kritisierte er in den RND-Zeitungen.
Die Flüchtlings-Hilfsorganisation Pro Asyl forderte als Reaktion auf die deutschen Sanktionen einen sofortigen Abschiebestopp für den Iran: In dem Land herrsche eine „lebensgefährliche Situation“.
Die iranische Justiz hatte am Montag auf ihrem offiziellen Portal die Vollstreckung des Todesurteils gegen Sharmahd bekanntgegeben. Der Deutsch-Iraner, der zuletzt in den USA lebte, war im August 2020 von iranischen Behörden festgenommen worden. Nach Angaben seiner Familie wurde er bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst in den Iran verschleppt.
Im Februar 2023 wurde Sharmahd zum Tode verurteilt. Die iranische Justiz warf ihm vor, im Jahr 2008 an einem Anschlag auf eine Moschee mit 14 Toten beteiligt gewesen zu sein.