NRW steht vor einer einschneidenden Krankenhausreform. Die Kliniken müssen zahlreiche Umstellungen bewerkstelligen. Dafür bekommen sie jetzt mehr Zeit.
Die Kliniken in Nordrhein-Westfalen bekommen mehr Zeit, die geplante Krankenhausreform umzusetzen. Zwar sollen alle Häuser wie angekündigt bis zum Jahresende ihre Feststellungsbescheide erhalten. In Kraft treten werden diese aber grundsätzlich erst zum 1. April 2025, wie das Düsseldorfer Gesundheitsministerium mitteilte.
Darüber hinaus werde dem Landesausschuss für Krankenhausplanung vorgeschlagen, für bestimmte Leistungsgruppen sogar eine Übergangsfrist bis Jahresende 2025 vorzusehen. Zuvor hatte der WDR über den Aufschub berichtet. Die Ankündigung stieß bei Krankenhäusern, Gewerkschaften und der Opposition teils auf Zustimmung, teils auf Kritik.
Laumann: „Das geht nicht von heute auf morgen“
„Wir müssen den Krankenhäusern in unserem Land schon einen angemessenen Zeitraum geben, damit sie die nötigen Veränderungen umsetzen können, nachdem sie den Feststellungsbescheid erhalten haben“, erklärte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist doch klar.“
Die Übergangsfristen sein vorgesehen, damit sich die Krankenhäuser auf die wohl größte Strukturreform im Gesundheitswesen seit Jahrzehnten optimal vorbereiten könnten und dabei die Versorgungsqualität gewährleistet bleibe. „Gleichzeitig bleibt es dabei, dass jedes Krankenhaus bis Ende des Jahres weiß, welche Leistungen es in Zukunft anbieten kann“, unterstrich Laumann.
Der neue Krankenhausplan orientiert sich nicht mehr an der Bettenzahl, sondern am tatsächlichen Bedarf und klaren Qualitätsvorgaben. Regionale Besonderheiten sollen dabei berücksichtigt, Doppelstrukturen aber abgeschafft werden.
Viele Leistungseinschnitte drohen
Laut einer im Sommer vorgestellten Zwischenbilanz müssen sich infolge der Reform viele Krankenhäuser auf drastische Einschnitte ihres künftigen Leistungsangebots einstellen. Zahlreiche Anträge der Kliniken, etwa weiterhin Krebsbehandlungen, Knie- oder Hüftoperationen anbieten zu dürfen, werden demnach wohl abgelehnt werden.
Aus Sicht des NRW-Gesundheitsministeriums gibt es bislang zu viele „Gelegenheitsversorger“, die nur auf einstellige Fallzahlen im Jahr kommen und damit nicht genügend Expertise und Erfahrung für komplexe Behandlungen mitbringen. Durch Konzentration und Spezialisierung will Laumann sicherstellen, dass Patienten künftig die bestmögliche stationäre Versorgung erhalten. Gleichzeitig soll eine ortsnahe Notfallversorgung erhalten bleiben.
Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) lobte, die Verschiebung werde der Bedeutung der „für viele Krankenhäuser einschneidenden Veränderungen“ gerecht. Auch für die Patienten schaffe die zusätzliche Zeit Sicherheit, dass sie sich weiterhin auf eine verlässliche und qualitativ hochwertige Behandlung in den Kliniken verlassen könnten.
Krankenhäuser wollen mehr Geld, Verdi mehr Personal
Die KGNW habe aber immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur der Auf- und Ausbau von Leistungsgruppen Zeit und Investitionen brauche, sondern auch die Schließung von Stationen sowohl Zeit als auch Geld kosten werde. „Deshalb setzen wir darauf, dass in dieser zusätzlichen Zeit auch eine tragfähige Lösung für diese Transformationskosten gefunden wird“, unterstrich Verbandspräsident Ingo Morell. Die Gewerkschaft Verdi begrüßte die Übergangsfrist, forderte aber mehr Personal.
Die SPD-Opposition folgerte aus der nun angekündigten Verschiebung der Umsetzungsfristen, Laumann halte dem Druck der Krankenhäuser nicht mehr stand und habe „offensichtlich eingesehen, dass bei der Krankenhausplanung ein „mit dem Kopf durch die Wand“ nicht funktioniert“. Trotz des neuen Zeitplans bleibe aber weiter unklar, wie die Landesregierung die Krankenhausplanung finanzieren wolle, monierte die Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Lisa-Kristin Kapteinat.
„Bis zum Jahr 2030 sollen 2,5 Milliarden Euro für die Krankenhausplanung zur Verfügung gestellt werden“, stellte sie fest. „Die Krankenhäuser haben aber bereits rund sieben Milliarden Euro an Investitionsmitteln beantragt – wie diese Lücke geschlossen werden soll, ist allen Beteiligten nach wie vor ein Rätsel.“
327 von 330 Krankenhäusern in NRW hätten gegen Laumanns Pläne Widerspruch eingelegt, hielt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thorsten Klute, fest. Jetzt müsse sich erweisen, ob „die Probleme nur auf die lange Bank oder nach Berlin“ geschoben würden. Aus Sicht der FDP zeigt die Verschiebung des Zeitplans „Laumanns mangelnde Vorbereitung“.