US-Wahl 2024: X soll Nutzer für das Verbreiten von Falschinformationen bezahlen

Auf X läuft der US-Wahlkampf besonders schmutzig ab. Ein „BBC“-Beitrag zeigt, wie Nutzer der Plattform damit Geld verdienen. Und welche gefährlichen Fake News sie streuen.

Den ganzen Tag auf Social Media Beiträge teilen – für manche klingt das wie ein utopischer Traumjob, andere verdienen damit im US-Wahlkampf gutes Geld. Laut eines aktuellen „BBC„-Berichts sollen X-Nutzer hunderte oder gar tausende von US-Dollar monatlich von der Plattform dafür erhalten, dass sie politische Inhalte posten und teilen – etwa KI-generierte Bilder. Der Content enthalte demnach auch Fake News und Verschwörungstheorien.

Wie der britische Sender herausgefunden haben will, seien Netzwerke, bestehend aus jeweils Dutzenden Accounts, dafür verantwortlich. Indem die Profile ihren Content gegenseitig teilten, erhöhten sie ihre Reichweite. Dabei bediene man sich einem Mix aus wahrem, nicht belegtem, und gefälschtem Material.

Das Teilen der Posts werde in Foren und Gruppenchats koordiniert. „So versuchen wir, einander zu helfen“, zitiert die „BBC“ einen Nutzer. Während manche Donald Trump und manche Kamala Harris unterstützen, gibt es wiederum andere, die angeben, unabhängig zu sein.

Inhalte verbreiten sich auch auf anderen Plattformen

In dem Beitrag heißt es, X habe kürzlich seine Richtlinien dahingehend geändert, dass die Höhe der Zahlungen an Konten mit großer Reichweite nun von der Anzahl der Engagements (Likes, Shares, Kommentare) mit Premium-Nutzern abhänge. Zuvor sei entscheidend gewesen, wie viele Werbeanzeigen unter einem Post zu sehen waren.

Microtargeting-Kampagne gegen Kamala Harris.  8.15

Es ist zwar auch auf anderen Social-Media-Plattformen möglich, Geld mit Posts und geteiltem Content zu verdienen. Doch die meisten behalten es sich vor, Nutzer zu sperren, wenn diese falsche Informationen verbreiten. X ist hier aufgrund von Elon Musks Haltung zur Meinungsfreiheit bekanntlich weniger streng.

Zu den Posts, die durch die Netzwerke in Umlauf gebracht worden seien, zählten laut „BBC“ Behauptungen über Wahlbetrug, die von Behörden widerlegt werden konnten, sowie unbelegte Anschuldigungen wegen Pädophilie und sexuellen Missbrauchs gegen die Präsidenschafts- und Vizepräsidenschaftskandidaten. Der Content sei zudem in andere soziale Medien gelangt und etwa auf Facebook und TikTok weiterverbreitet worden.

Satire oder Fake News – ein schmaler Grat bei der US-Wahl

Die „BBC“ hat den Betreiber des X-Netzwerks „Freedom Uncut“ in Florida ausfindig gemacht. Bis zu 16 Stunden verbringe der Nutzer, dessen richtiger Name anonym bleibt, täglich mit den Posts. Innerhalb der letzten Monate habe er mit KI-generierten Bildern und anderem Content zur US-Wahl elf Millionen Views generiert. Er gehöre nicht zu den extremen Nutzern, beschreibe sich selbst als unabhängig. Allerdings würde er lieber wieder Donald Trump als Kamala Harris im Weißen Haus sehen, heißt es.

BBC-Video

Manche der Inhalte seien als Satire einzuordnen: Etwa Donald Trump als „The Matrix“-Charakter, wie er Kugeln mit der Hand stoppt. Ein weiterer Post zeigt Joe Biden, der zu diesem Zeitpunkt noch Präsidentschaftskandidat der Demokraten war, als Diktator im „Tribute-von-Panem“-Stil.

Andere Bilder wiederum sind näher am Leben – und dadurch womöglich gefährlicher. Eine KI-Kreation zeigt eine Person, die sich während einer Flut auf ein Hausdach gerettet hat. Zwei Kampfjets fliegen darüber hinweg. Die Überschrift: „Denken Sie am 5. November daran, dass Sie den Politikern egal sind.“ Als vor Kurzem der Hurrikan Helene in North Carolina wütete, hatte Donald Trump behauptet, es würden keine Hubschrauber zur Rettung der Menschen kommen. Dabei wurden laut Behörden hunderte Menschen in 146 Flugmissionen gerettet.

Seine Bilder seien „Kunst“, sagt „Freedom Uncut“. Er wolle niemanden täuschen, sondern Gespräche anregen. Nach eigenen Angaben verdient er mit seinem Content auf X wenige tausend US-Dollar im Monat. Er kenne jedoch Nutzer, die damit monatlich einen fünfstelligen Betrag verdienen. Das könne er anhand der Reichweite ihrer Posts ausrechnen. „Das ist der Punkt, an dem es wirklich zum Job wird“, sagt der Amerikaner.

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Er poste zwar provokante Inhalte, diese seien aber meist in einem gewissen Maße an die Realität gekoppelt. Bei anderen Profilen sei das nicht immer der Fall. Sie teilten wissentlich Fake News, um damit Geld zu verdienen. Laut „Freedom Uncut“ käme es häufig vor, dass Lokalpolitiker solche Accounts und Netzwerke kontaktieren, um sie für Wahlwerbung zu gewinnen und die Konkurrenz auszustechen. Er selbst sei auch schon angefragt worden. „Ich denke, dass ein großer Teil der Unterstützung für Trump daher kommt“, zitiert ihn die BBC.

Gefälschtes Bild von Kamala Harris

Es gibt auch einige Netzwerke, die Kamala Harris unterstützen. Kürzlich geriet etwa ein Bild in Umlauf, das die Demokratin als McDonald’s-Mitarbeiterin in jungen Jahren zeigen soll. Nah am Volk. Das Foto ist aber gefälscht.

Kamala-Harris-McDonald’s

Eine reichweitenstarke Harris-Unterstützerin ist die Nutzerin „Brown Eyed Susan”, die bei X über 200.000 Follower hat. Der „BBC“ erzählt sie, dass sie an manchen Tagen 100 Beiträge poste oder teile. Einzelne Posts hätten schon bis zu zwei Millionen Nutzer erreicht. Neben eher harmlosen Anti-Trump-Memes, verbreitete Susan, deren Nachname anonym bleibt, aber auch unbelegte Verschwörungstheorien zum Attentat auf den Republikaner. Donald Trump habe den Angriff selbst inszeniert, behauptet sie.

Angeblich verdiene sie nur durch ihren blauen Haken, die Verifizierung auf X, ein wenig Geld – ein paar hundert US-Dollar im Monat. Auch „Brown Eyed Susan“ sei von Politikern kontaktiert worden. Nach eigener Aussage versuche sie, so viel Aufmerksamkeit wie möglich für sie zu verbreiten. Das vereinfachen ihr und vielen anderen die neuen X-Richtlinien. Selbst, wenn nicht alle verbreiteten Informationen auch stimmen.