An der Krise seien auch die guten Konditionen für die Arbeiterschaft schuld, argumentieren einige, darunter auch ein stern-Redakteur. Quatsch, findet unser Autor. Eine Replik.
Es ist bitter. Und es macht wütend. Zehntausende VW-Beschäftigte und deren Familien bangen um ihre Arbeitsplätze. Die Kosten für die Autoproduktion in den deutschen Werken, so der VW-Markenvorstand, liefen aus dem Ruder. Gemessen am Absatz der Autos. Für den Absatz ist jedoch der Vorstand verantwortlich, nicht die Beschäftigten.
VW: Käfer, Golf und „E-nde“
Ja, es ist wahr: Der VW-Arbeiterschaft ging es in den vergangenen 20 Jahren verdammt gut. Es dürfte nur sehr wenige Unternehmen geben, die in der Fließfertigung von Produkten höhere Löhne und bessere Sozialleistungen bieten. Das war regelrecht Programm. Vor gut 20 Jahren stampfte Volkswagen 5000 neue Stellen für arbeitslos gemeldete Menschen aus dem Boden. Für einheitlich 5000 D-Mark Monatsgehalt. So viel verdiente man damals als Geschäftsführer von klein- und mittelständischen Unternehmen. Für VW kein Problem. Denn der Absatz der Autos florierte. Man baue „Das Auto“ hieß es bald – vielleicht etwas großspurig. Die guten Einkommen und die soziale Absicherung der VW-Beschäftigten waren jedenfalls verdient.
VW Kommentar Entlassungen 18.12
In nächster Zeit sind sie es womöglich nicht mehr. Schuld daran ist der VW-Vorstand. Er hat den größten und wichtigsten Absatzmarkt China falsch eingeschätzt. Er hat am Heimatmarkt auf staatliche Subvention, also unser aller Steuergeld, in Sachen E-Autos gesetzt. Anstatt „Das E-Auto“ für alle auf den Markt zu bringen. Käfer, Golf, „E-nde“. Stattdessen haben die Manager Autos bauen lassen, die Kunden kaum, aber jedenfalls zu wenig mögen. Am Markt vorbei. Zeitenwende.
Zeit für soziale Marktwirtschaft
Die Zeche für diese Fehlleistungen der Manager sollen nun die Beschäftigten zahlen. Es zeigt sich – wie immer in solcher Lage – die kalte Seite der Marktwirtschaft. Wie eisig es wirklich wird, ist noch nicht ausgemacht. Das Positionieren im Ringen darum hat der VW-Betriebsrat eröffnet, Kampfbereitschaft signalisiert. Ein anständiger Konter des Vorstands und seiner oberen Managementebenen wäre: Eingeständnis der Fehler, Vortrag eines Sanierungs- und Investitionskonzept für die Marke VW, Verzicht auf eigene Bezüge, Boni und allerlei Annehmlichkeiten. Ein anständiges Abfindungsprogramm für Menschen, die bei VW womöglich ihre Arbeit verlieren, sollten indes die Aktionäre bezahlen: mit dem Verzicht auf Dividende.
Die Marktwirtschaft – für VW-Beschäftigte gerade schockgefroren – würde dadurch nicht grundsätzlich wärmer. Aber sie würde dem sehr bewährten deutschen Zusatz „sozial“ etwas gerechter.