Dressurreiterin: Nicht „die Frau von …“ und auch kein „Handtäschchen“

Wer sie googelt, liest vor allem: Frau von Thomas Müller. Aber Lisa Müller ist erfolgreiche Dressurreiterin und vor allem eines: eine Frau mit eigener Karriere. Eine Annäherung.

Wer bei Lisa Müller nach Skandalen sucht, der sucht vergeblich. Lieblingsband? Linkin Park. Lieblingsessen? Spaghetti Vongole und Schoki. Lieblingstiere? Pferde. Lisa und ihr Ehemann Thomas Müller gelten als sympathisch und unaufgeregt. Sie werden gefeiert, weil sie nicht feiern wie andere Promis – das Oktoberfest mal ausgenommen. Eben, weil sie Jogginghose über Abendkleid und essen gehen über Kochen stellen (Zitat Lisa: „Sind faul“).

Und gerade weil die Müllers – und insbesondere Lisa – bei aller Medienaufmerksamkeit und trotz Millionen auf dem Konto so bodenständig wirken, zeigt sich an ihrem Beispiel, was unterschwellig immer noch in der Gesellschaft schlummert: Sexismus – und die Vorurteile mit der Rolle der sogenannten „Spielerfrau“.

Die erste Liebe war vierhufig

Die erste große Liebe von Lisa Müller hieß nicht Thomas. Und Lisa hieß auch noch nicht Müller. Wenn die damals vierjährige Lisa Trede im Zoo war oder auf dem Oktoberfest – als echtes Münchner Kindl natürlich Pflichtprogramm –, dann schlug ihr Herz einzig und allein für Pferde. In den wenigen Interviews, die es mit Lisa Müller gibt, erzählt sie von ihren ersten Erlebnissen auf dem Pferdehof mit ihrem Großvater. Erst besucht der mit ihr den Nachbarstall, wo sie das erste Mal auf Pferd Hitti steigen darf, später hilft sie dort aus und beginnt selbst mit dem Reiten. Mit 14 folgt dann das erste eigene Pferd – ebenfalls vom Großvater gesponsert.

„Es war schon immer von klein auf Pferde, Pferde, Pferde. Es war immer mein Traum, etwas mit Pferden zu machen. Dass das jetzt so läuft, wie es hier ist, das war natürlich nicht absehbar“, sagte sie 2019 in einem Interview mit ClipMyHorseTV Deutschland. Ein Leben ohne Pferde ist von da an nicht mehr vorstellbar. 

Heirat mit 20

Auch die zweite große Liebe folgt früh. 2007 begleitet sie eine Schiedsrichter-Freundin zu einem Fußballspiel, lernt dabei den jugendlichen Thomas Müller kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Beim ersten Date versalzt Lisa noch den selbst gemischten Salat, mit 20 folgt die standesamtliche Trauung in kleinem Kreis. Zuvor hatte Thomas an Weihnachten auf der Treppe seines Elternhauses um ihre Hand angehalten.

Mit nur 20 Jahren hat Lisa schon das gefunden, was andere ihr Leben lang suchen: eine große Liebe und eine große Leidenschaft. Für das Ehepaar Müller geht es in den Jahren danach steil bergauf. Während Thomas im Mai 2010 von Bundestrainer Jogi Löw das erste Mal in den WM-Kader für Südafrika berufen wird, reitet Lisa im selben Jahr ihre erste L-Dressur. Im Jahr zuvor war sie in den Stall zu ihrem späteren Erfolgstrainer Götz Brinkmann gewechselt. Es ist ihr Einstieg in das gehobene Reiten.

Sie trainiert und gewinnt

Und Lisa hat Talent: Schon 2015 erhält sie das Goldene Reitabzeichen in der Dressur, eine der höchsten Auszeichnungen im deutschen Reitsport. 2019 gewinnt sie mit ihrem Pferd Stand by me unerwartet die German Masters in Stuttgart und schlägt alle Favoriten der Reitelite. Und im Frühjahrsturnier 2024 im österreichischen Stadl-Paura platziert sie sich mehrfach unter den Top drei, wird erfolgreichste Deutsche Reiterin.

Lisa gewinnt. Weil sie hart trainiert und immer schon den nächsten Schritt im Visier hat. „Das Glas ist bei mir immer halb leer“, sagt sie 2019 in einem Interview. Auf Turnieren wirkt sie äußerlich souverän und gelassen, innerlich sieht es da ganz anders aus: „Am Abend, wenn ich die Starterliste sehe, würde ich mich am liebsten immer streichen lassen.“

Auch bei den seltenen öffentlichen Auftritten oder Interviews wirkt Müller eher zurückhaltend. Nicht schüchtern, wohl aber kontrolliert. Auf dem roten Teppich ist sie selten zu sehen, auch die Auftritte mit ihrem Mann Thomas sind ausgewählt und über die Jahre hinweg immer seltener geworden.

Lisa Müller liefert. Aber nicht die Erzählung der perfekten Spielerfrau

Lisa Müller hat eine Karriere, eigene Interessen, ist erfolgreich und ambitioniert in dem, was sie tut. Sie liefert. Aber eben nicht die Erzählung der perfekten Spielerfrau.

Als ihr Mann bei der WM 2014 mit der DFB-Elf Weltmeister wird, ist Lisa nicht dabei. Sie bestreitet zeitgleich eigene Dressur-Wettkämpfe. Auch 2022 in Katar kündigt sie sich aufgrund eigener Verpflichtungen erst in der K.-o.-Runde an. Immer wieder wird der Vorwurf laut, sie sei eine schlechte Spielerfrau.

Thomas und Lisa Müller Beziehung 16:53

Spielerfrau, ein von vornherein sexistisches Konzept. Frauen, von denen erwartet wird, dass sie zum Anschauen auf der Tribüne sitzen, perfekt gestylt und teuer gekleidet, ihren Männern auf dem Feld zujubeln, sie in ihrem Erfolg „unterstützen“. Spielerfrauen, das sind Frauen, die definiert werden in ihrer Rolle als „Frau von …“. Aber Lisa ist nicht die Frau von. Sie ist amtierende bayerische Meisterin in der Dressur und belegt Platz 82 im weltweiten FEI-Dressur-Ranking.

Statt sich selbst an den Spielfeldrand zu stellen, hat sie ihren Mann in den Reitstall geholt. Seit 2012 pachten sie und Thomas das Gestüt „Gut Wettlkam“ im oberbayerischen Otterfing, wo sie Turnierpferde ausbilden und Dressurpferde züchten. Lisa reitet, Thomas züchtet.

In einem Interview gefragt, worin sie Glück findet, erzählt die Dressurreiterin mit strahlenden Augen, wie sie kleine Fohlennasen streichelt, ihre Pferde von der Geburt bis ins Rentenalter begleitet. Irgendwann macht sie selbst den LKW-Führerschein, um den großen Pferdeanhänger fahren zu können. „Es macht schon Spaß: Die LKW-Fahrer, wenn die dann herübergucken, und die sehen so ein Mädchen hinterm Lenkrad. Die Blicke, das ist schon lustig.“ Nur werden ihr selten Fragen zu ihrer eigenen Person gestellt.

Lisas Bewertung von außen erfolgt nach anderen Kriterien. Ist sie an der Seite ihres Mannes auf dem Oktoberfest zu sehen? Ist sie genauso oft im Stadion wie andere Spielerfrauen? Ist ihr Körper zu dünn, zu durchtrainiert, zu mager?

Als sie im Juli 2024 auf Instagram einen Post im Bikini mit Augenpads veröffentlicht, auf dem man ihren durchtrainierten Körper sieht, hagelt es Kommentare wie „Oh Süße, das ist so dünn wie Cathy Hummels“, „Wo ist Thomas?“ oder „Hat für mich nichts Frauliches mehr“.

Es sind Reaktionen, die weniger etwas über sie als über eine gesellschaftliche Einstellung sagen. Lisa wird bewertet, weil sie eine Frau ist. Und weil sie „die Frau von Thomas Müller“ ist.

Aktuelle Trennungsgerüchte sorgen für Spekulationen

Das Image von Thomas und Lisa Müller als Traumpaar des deutschen Fußballs hielt so lange, bis im Mai aufmerksamen Followern auffiel, dass Lisa ihrem Mann bei Instagram entfolgt war und die gemeinsamen Bilder gelöscht oder archiviert hatte. Mittlerweile ist auch Thomas seiner Frau entfolgt. Seitdem brodeln die Gerüchte über eine mögliche Trennung, die Kommentare unter Lisas Beiträgen auf Social Media explodieren.

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Darauf angesprochen sagte Thomas Müller im Mai zur „Bunten“ knapp: „(…) es ist alles okay.“ Eine Erklärung, die öffentlich so nicht akzeptiert wird. Plötzlich ist Lisa die „schlechteste Ehefrau Deutschlands“. Während es unter Thomas‘ Postings um sportliche Erfolge oder Niederlagen geht, wird Lisa vorgeworfen: „Ohne Thomas wärst du nichts!“

Lisa wird kritisiert dafür, dass sie nicht genug Spielerfrau ist. Und dann wiederum wird ihr vorgeworfen, dass sie Spielerfrau ist. Interviews mit der mittlerweile 35-Jährigen drehen sich meist nicht um ihre eigene Karriere, sondern um die ihres Mannes und die Beziehung der beiden. 2010, als Thomas gerade zur Weltmeisterschaft fährt und Lisa ihre ersten anspruchsvollen Dressur-Wettkämpfe bestreitet, da wird sie von der „Welt“ interviewt. Inhalt: Sein Erfolg und ihr Leben als Ehefrau an Thomas Seite. Eine der wenigen Fragen, die ihr zu ihrem eigenen Leben gestellt werden: „Wie läuft es im Haushalt?“. Auch der stern hat dieses Interview damals veröffentlicht.

„Kein Handtäschchen“: Neid und Missgunst

Dass Lisa sich also so selten bei öffentlichen Auftritten zeigt oder Interviews gibt, mag daran liegen, dass sie lieber mit ihren Hunden in den Bergen wandern geht oder dreimal pro Woche 15 Kilometer joggt. In einem Interview mit dem Reitmagazin „Reiter Revue“ erzählt sie, dass sie sich aufgrund des Neides und der Missgunst mittlerweile weiter zurückgezogen hat: „Klar, wenn es gut läuft, liegt es natürlich daran, dass der Mann alles zahlt, aber nicht, weil man es aus eigener Leistung schafft. Man ist nur das dumme Frauchen, das faul ist und nur aufs Pferd gehoben wird.“

Auch in der Diskussion um das gegenseitige Entfolgen auf Instagram stellte Lisa auf Anfrage des Senders RTL am 22. Oktober klar: „Ich bin kein Anhang und auch kein Handtäschchen von ihm.“ 

Gelöschte Bilder und ein eigenes Leben

Über Lisa Müller werden Urteile gefällt, obwohl es gar nicht genug öffentliche Auftritte gibt, um sich eine fundierte Meinung zu bilden. Dass die beiden Bilder gelöscht haben und dem Account des jeweils anderen entfolgt sind, könnte das Zeichen für eine Trennung sein, als das es derzeit von vielen gedeutet wird. Es könnte aber auch der dringende Wunsch sein, dass beide, als das wahrgenommen werden wollen, was sie sind. Ein erfolgreicher Fußballspieler. Und eben nicht „die Frau von …“ und auch kein „Handtäschchen“. Sondern Lisa Müller, eine der erfolgreichsten Dressurreiterinnen in Deutschland.