Die neue Bundesdatenschutzbeauftragte akzeptiert die politische Vorgabe, dass Versicherte automatisch eine elektronische Patientenakte erhalten. Sie fordert aber leichtere Widerspruchsmöglichkeiten.
Bei der bevorstehenden flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) muss nach Einschätzung der neuen Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider der Datenschutz noch verbessert werden. In einem Interview mit der Zeitschrift „c’t“ forderte sie vor allem eine bessere Information der Versicherten über die Widerspruchsmöglichkeiten gegen eine ePA.
In dem Gesetzgebungsverfahren zur Einführung der Patientenakte hatte sich der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber vergeblich für ein Verfahren eingesetzt, bei denen die Versicherten vorab aktiv der Einrichtung der Patientenakte zustimmen müssen (Opt-in). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) konnte sich mit seiner Auffassung durchsetzen, dass die Akte automatisch eingerichtet wird, solange die Versicherten nicht aktiv widersprechen (Opt-out).
Bislang kaum Widersprüche
Bislang machen die rund 75 Millionen gesetzlich Krankenversicherten davon aber bislang kaum Gebrauch. Wie eine Abfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den größten deutschen Versicherern AOK, Techniker, Barmer und DAK mit insgesamt mehr als 50 Millionen Versicherten ergab, hat bisher nur ein geringer Anteil Widerspruch gegen das geplante automatische Anlegen einer ePA eingelegt.
Auf die Frage, ob sie den Versicherten nun zum Widerspruch rate, sagte Specht-Riemenschneider, es sei nicht ihre Aufgabe, den Menschen bei dieser persönlichen Entscheidung Ratschläge zu erteilen. „Meine Aufgabe ist es, mir anzusehen, wie die ePA datenschutzrechtlich zu bewerten ist.“ Die Opt-Out-Lösung sei eine politische Entscheidung gewesen. „Wir versuchen nun, unter diesem Vorzeichen Datenschutzrecht bestmöglich mitzudenken.“
Befunde, Medikamente und Laborwerte per App immer abrufbar
Specht-Riemenschneider sagte, die Information über den Widerspruch sei dabei sehr sensibel. „Denn wenn wir schon die Opt-Out-Lösung haben, muss es selbstverständlich sein, dass die Patientinnen und Patienten bestmöglich informiert werden, wie sie widersprechen können, um sich eine freie Meinung zu bilden.“ Im Gesetzgebungsverfahren sei nicht mitgedacht worden, wie informiert werden müsse, zu welchem Zeitpunkt und durch wen. „Und dadurch wird man Menschen auf dem Weg zur ePA verlieren.“
Die Akte soll ein digitaler Speicher etwa für Angaben zu Medikamenten, für Befunde und Laborwerte sein und Patienten ein Leben lang begleiten. Per App können die Versicherten selbst Dokumente dort einfügen, Ärzte müssen Daten aus aktuellen Behandlungen einstellen. Die sich so langsam füllende E-Akte soll künftig etwa bei einem Arztwechsel oder Umzug helfen oder auch in Notfällen, wenn Mediziner dadurch schneller Informationen zur Krankengeschichte oder zum Medikamentenplan eines Patienten bekommen.