Mit Ablauf der Friedenspflicht haben Warnstreiks in der deutschen Metall- und Elektroindustrie begonnen. Demonstriert wird vielerorts, auch bei ZF im Saarland, wo ein Stellenabbau ansteht.
Bei der ersten Warnstreikwelle in der deutschen Metall– und Elektroindustrie haben Beschäftigte an zahlreichen Unternehmensstandorten in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ihre Arbeit niedergelegt. Die IG Metall sprach von rund 5.600 Beschäftigten im Bezirk Mitte, die sich bis zum frühen Nachmittag in 20 Betrieben beteiligt hätten.
Ein Schwerpunkt war der Saarbrücker Standort des Autozulieferers ZF, der zuletzt einen Stellenabbau angekündigt hatte. Hier kamen kurz nach Mitternacht rund 2500 Menschen zu einem Demonstrationszug mit anschließender Kundgebung zusammen. An dem Standort sollen bis Ende kommenden Jahres 1800 Arbeitsplätze wegfallen. Deutschlandweit sieht der von dem Konzern angekündigte Jobabbau in den kommenden vier Jahren die Streichung von bis zu 14.000 Stellen in Deutschland vor. Am Standort in Saarbrücken werden Automatikgetriebe produziert, beschäftigt sind dort etwa 10.000 Menschen.
Gewerkschafter: Arbeitgeberangebot geht „gar nicht“
Demonstriert wurde unter anderem auch beim Weißblechhersteller Thyssenkrupp Rasselstein im rheinland-pfälzischen Andernach sowie bei den Autozulieferern Federal-Mogul in Wiesbaden und Norma in Hanau. In Andernach seien die Beschäftigten dem Aufruf gefolgt, die Arbeit mit Ende der Friedenspflicht um 0:01 Uhr für eine Stunde niederzulegen, sagte Marcus Eulenbach, Sprecher der IG Metall Neuwied.
Bei Norma in Hanau kam laut IG Metall die 75-köpfige Nachtschicht dem Streikaufruf nach. Bei Opel in Kaiserslautern machte die Nachtschicht ebenfalls eine Stunde früher Schluss, auch bei späteren Schichten war das geplant, wie Bernd Löffler von der IG Metall berichtete.
Bei Federal Mogul in Wiesbaden sowie Hörmann Automotive im südhessischen Ginsheim-Gustavsburg startete der Warnstreik von insgesamt rund 150 Beschäftigten ebenfalls kurz nach Mitternacht – die Mitarbeiter machten laut der Gewerkschaft ihrem Unmut mit Trillerpfeifen und Transparenten Luft. „Das vorliegende Angebot der Arbeitgeber ist auf drei Schlagworte zusammenzufassen: zu wenig, zu spät, zu lang. Das geht aus unserer Sicht gar nicht“, sagte der Geschäftsführer der IG Metall Mainz-Wiesbaden, Javier Pato Otero.
Verhandlungen im Bezirk Mitte am Donnerstag
Die IG Metall fordert in den Verhandlungen für die Fläche 7 Prozent mehr Geld innerhalb eines Jahres. Hauptargument der IG Metall für deutliche Lohnsteigerungen ist die fehlende Kaufkraft der Beschäftigten nach Jahren mit hoher Inflation. Die Metallarbeitgeber haben 3,6 Prozent in einem Zeitraum von 27 Monaten angeboten, die erste Stufe von 1,7 Prozent soll im Juli 2025 greifen. Die Unternehmerseite verweist auf schwache Produktionswerte und fehlende Aufträge.
Überschattet werden die Verhandlungen, die am Dienstag in dritter Runde für die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie fortgesetzt wurden, von den drastischen Sparplänen beim Autobauer VW. Abseits des Bezirks Mitte wurde in der Nacht unter anderem beim VW-Werk in Osnabrück demonstriert. In Mainz sprechen die Tarifparteien des Gebiets Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen) am 31. Oktober wieder miteinander.
Hessenmetall nennt Warnstreiks unverantwortlich
Der Hauptgeschäftsführer von Hessenmetall, Dirk Pollert, verwies in einer Reaktion auf die Aktion der Gewerkschaften darauf, dass die hiesigen Unternehmen aus der Branche einer Umfrage zufolge im Herbst ihre Geschäftslage so schlecht wie zuletzt in der Wirtschaftskrise 2009 eingeschätzt hätten. Deutlich verschlechterte Standortbedingungen hemmten die Wettbewerbsfähigkeit auf den Exportmärkten. Gleichzeitig ließen sie die Investitionen im Inland wegbrechen.
Vor dem Hintergrund seien die Warnstreiks unverantwortlich. Die Arbeitgeberseite habe ein „tragfähiges Angebot“ vorgelegt, nun sei die IG Metall am Zug. Die plant am Mittwoch derweil eine Ausweitung der Aktionen im Bezirk Mitte. Dann soll es Warnstreiks in 13 hessischen, 15 rheinland-pfälzischen sowie 30 saarländischen Betrieben geben.