Djamshid Sharmahd: Tochter von hingerichtetem Deutsch-Iraner macht Bundesregierung schwere Vorwürfe

Dass der Iran das umstrittene Todesurteil gegen Djamshid Sharmahd vollstreckt hat, löst Entsetzen und Ärger aus. Olaf Scholz nennt die Hinrichtung einen „Skandal“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd im Iran scharf verurteilt. Scholz nannte die Tötung bei X einen Skandal, die Bundesregierung habe sich immer wieder intensiv für die Freilassung Sharmahds eingesetzt. Baerbock teilte mit, die Tötung Sharmahds „zeigt erneut, was für ein menschenverachtendes Regime in Teheran herrscht“. Teheran sei immer wieder unmissverständlich klargemacht worden, „dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“. 

Irans Justiz hatte Sharmahds Hinrichtung am Montag verkündet. Er war im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Angehörige und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen gegen ihn vehement zurück.

Olaf Scholz

Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) forderte, den iranischen Botschafter aus Deutschland auszuweisen. „Die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträgerebene ist angezeigt“, schrieb Merz bei X. Er sprach von einem „scheußlichen Verbrechen“. Merz hatte die politische Patenschaft für Sharmahd übernommen.

Amnesty Deutschland forderte die Bundesregierung auf, strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten und Haftbefehle gegen alle iranischen Beamten zu erlassen, „die an den an Jamshid Sharmahd verübten Verbrechen beteiligt waren. Sie müssen zur Rechenschaft gezogen werden!“STERN PAID IV Gazelle Sharmahd 17.49

Angehörige hatten Bundesregierung kritisiert

Deutschland hatte in der Vergangenheit die Aufhebung des Urteils gegen Sharmahd gefordert. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang. Unter anderem Sharmahds Tochter Gazelle warf der Bundesregierung jedoch immer wieder Untätigkeit vor. Andere Europäer waren im Rahmen von Gefangendeals freigekommen. 

Die Tochter von Jamshid Sharmahd, Gazelle Sharmahd, forderte bei X Beweise für den Tod ihres Vaters und eine „schwere Strafe“ für den Iran. Sharmahd erklärte am Montag, sie warte darauf, die US- und die Bundesregierung zu sprechen und zu prüfen, ob diese Beweise für die Hinrichtung ihres Vaters haben. Sie forderte die „sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig)“ und eine „schwere Strafe für die Mörder des islamischen Regimes“.

Deutsch-Iraner wegen „Korruption auf Erden“ verurteilt

Die iranische Justiz hatte am Montag erklärt, dass Jamshid Sharmahd hingerichtet worden sei. Das Todesurteil gegen ihn sei am Montagmorgen „nach Durchlaufen des gerichtlichen Verfahrens und der endgültigen Genehmigung der Gerichtsentscheidung durch den Obersten Gerichtshof“ vollstreckt worden, teilte die Justiz auf ihrer Internetseite Misan Online mit.

Jamshid Sharmahd war im August 2020 unter mysteriösen Umständen festgenommen worden. Mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Nach Angaben seiner Familie wurde der Oppositionelle, der zuletzt in den USA lebte, bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst in den Iran verschleppt. Wegen „Korruption auf Erden“ wurde er im Februar 2023 schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt.

PAID Geiseldiplomatie Iran 15.13

Die iranische Justiz warf Jamshid Sharmahd vor, 2008 an einem Anschlag auf eine Moschee mit 14 Toten und 300 Verletzten in der südiranischen Stadt Schiras beteiligt gewesen zu sein. 

Folter-Vorwürfe

Zudem wurde er beschuldigt, Anführer der Oppositionsgruppe Tondar (deutsch: Donner) zu sein. Diese lehnt das politische System der Islamischen Republik Iran ab und tritt für die Wiedereinführung der Monarchie in dem Land ein.

Kritiker bezeichneten den Prozess gegen Sharmahd als grob unfair – er durfte keinen eigenen Anwalt wählen und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als „Richter des Todes“, der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.