Dass das Alter wahrlich nur eine Zahl ist, beweist der clevere Kindskopf John Cleese nun schon zum 85. Mal.
Er beschimpfte König Arthur einst als „verkackten, englischen Frischbiertrinker“, hatte bei der Steinigung eines Ungläubigen mit Weibsvolk hinter falschen Bärten zu kämpfen, stattete James Bond mit allerhand raffiniertem Agenten-Firlefanz aus und hielt die vielleicht rührendste und zeitgleich lustigste Grabrede in der Geschichte der Menschheit. John Cleese (85) ist ein besonderer Mann. Ein besonders lustiger, besonders kluger Mann. Aber auch ein Mann, der nicht davor zurückschreckt, sich mit Monty-Python-Kollegen anzulegen. Am 27. Oktober wird der ewige Kindskopf 85 Jahre alt.
Das ist doch Käse!
Es passt einfach, dass ein Mann zum weltberühmten Komiker wird, dessen Familie ursprünglich den Namen Cheese trug – jener gezwungene Ausruf bei unzähligen, unerträglichen Gruppenfotos rund um den Globus, der für ein authentisches Lachen auf dem Bild sorgen soll. Erst als sein Vater Reginald Francis Cheese 1915 in die Armee eintritt, ändert er seinen Nachnamen in Cleese.
Dass er mit 13 Jahren schon beinahe zwei Meter groß war, half dem jungen John Cleese auch nicht unbedingt. Dank der vielen Witze auf Kosten des langen Lulatsches schaffte er sich jedoch ein dickes Comedy-Fell an – und eine gefürchtete verbale Schlagfertigkeit.
Zwischen Ernst und Humor
Einerseits studierte Cleese Jura in Cambridge und machte darin auch einen Abschluss, andererseits trieb er sein Faible für Comedy und Klamauk stets voran. Über diverse Anstellungen, unter anderem bei der BBC, lernte er Graham Chapman (1941-1989), Eric Idle (81), Terry Jones (1942-2020), Terry Gilliam (83) und Michael Palin (81) kennen und gründet mit ihnen schließlich die legendäre Truppe Monty Python. Mit ihrem „Flying Circus“ sollten sie gemeinsam fünf Jahre lang (1969-1974) britische TV-Geschichte schreiben, von erfolgreichen Kinofilmen ganz zu schweigen.
Ob „Die Ritter der Kokosnuss“ (1975), „Das Leben des Brian“ (1979) oder „Der Sinn des Lebens“ (1983) – jeder Monty-Python-Film verbindet überbordenden Klamauk und geistreiche Elemente mit noch mehr himmelschreiendem Klamauk: „Ich spuck‘ dir ins Auge und blende dich!“
Weitaus unbekannter als das Zitat des arm- und beinlosen schwarzen Ritters aus „Ritter der Kokosnuss“ ist ein anderer Fakt: Cleese schrieb mit Robin Skynner, einem Pionier in der Psychotherapie, zwei höchst erfolgreiche Psychologie-Bücher, „Families And How To Survive Them“ sowie „Life and How to Survive It“. Ernst und Humor gehen bei Cleese stets Hand in Hand.
Die unterhaltsamste Beerdigung aller Zeiten
Nirgendwo kam das klarer zum Vorschein als im Jahr 1989, als sein Python-Kollege und bester Freund, Graham Chapman, an den Folgen einer Krebserkrankung mit nur 48 Jahren verstarb. Cleese hielt die Grabrede und versetzte die Trauergemeinde nach anfänglich rührenden Abschiedsworten in schallendes Gelächter.
„Endlich sind wir ihn los, diesen schmarotzenden Bastard, ich hoffe du brennst in der Hölle“, giftete Cleese unvermittelt gegen seinen toten Freund und fing damit Chapmans Sinn für Humor perfekt ein. „Der Grund, warum ich das sage, ist, weil ich weiß, dass er es mir nie verzeihen würde, wenn ich es nicht täte. Wenn ich diese glorreiche Gelegenheit hätte verstreichen lassen, euch alle in seinem Namen zu schockieren.“ Am Ende seiner Ansprache wischt er sich wie alle Anwesenden Tränen aus den Augen – halb vom Weinen, halb vom Lachen.
Von den einst sechs Mitgliedern der Monty Python leben noch vier. Oder, wie es Cleese nach dem Tod von Terry Jones im Jahr 2020 gewohnt britisch-böse ausdrückte: „Zwei weg, vier müssen noch.“ Mit einem seiner drei noch lebenden Kollegen scheint sich Cleese zudem arg zerstritten zu haben: Eric Idle gab zumindest in mehreren Tweets Anfang dieses Jahres an, Cleese schon seit sieben Jahren nicht mehr gesehen zu haben – und darüber froh zu sein.
Auch bei einer Reunion der anderen drei Mitglieder der Comedy-Truppe im Mai 2024 fehlte Idle. Als Grund des Zerwürfnisses der beiden Comedy-Alphatiere wurde Idles Kritik am vermeintlichen Missmanagement der Komikergruppe vermutet. Das habe, so Idle, dazu geführt, dass er mit über 80 noch immer nicht in den Ruhestand gehen konnte. Die Antwort der Marke Cleese auf diesen angeblichen Streit-Ursprung: Völliger Quatsch, man habe sich schon immer „gehasst und verabscheut“. Ein Witz, wie Cleese in einem späteren Tweet klarstellte.
John Cleese und die Liebe US-Damen
Wem Monty Python so gar nichts sagt, der kennt Cleese am ehesten aus Filmen wie „Ein Fisch namens Wanda“ (1988) oder zwei von Pierce Brosnans (71) Einsätzen als James Bond. Allerdings reichte es für Cleese nur in einem davon zum Namen Q, jenem Genie, das 007 mit seinen tödlichen Gadgets ausrüstet. In „Die Welt ist nicht genug“ (1999) musste er sich noch mit der Rolle als Assistent des wohl einzig waren Qs, Desmond Llewelyn (1914-1999), begnügen. Nur in „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) wird Cleese selbst als Q bezeichnet.
Während Cleeses Humor typisch britisch ist, haben es ihm in der Liebe übrigens stets die US-Damen angetan. Ehefrauen Nummer eins und zwei waren die beiden US-Schauspielerinnen Connie Booth (83) und Barbara Trentham 1944-2013). Die dritte Ehe ging er mit der US-Psychotherapeutin Alyce Faye Eichelberger (79) ein und seine aktuelle Frau, Jennifer Wade, ist nicht nur aus den USA, sondern auch über 30 Jahre jünger als er. Weil Camilla Cleese (40), die jüngere seiner beiden Töchter, eindeutig seinen Sinn für Humor geerbt hat, muss sich der Herr Papa deswegen einiges anhören: „Wir haben vor Kurzem ein neues Kind in unserer Familie begrüßt – meine neue Stiefmutter“, wurde sie von „The Sun“ zitiert.
Cleese selbst witzelte derweil unlängst in einem Interview über seine seit 2012 angetraute Ehefrau, es sei irgendwie schade, „dass ich wohl so viel früher als sie sterben werde“. Eine Sache bereite ihm jedoch die Hoffnung, dass auch er noch ein paar Jahre auf Erden verbringen darf: „Ich bin zwar nicht fit, aber so wie ich das sehe, können mir die Ärzte immerhin noch nicht sicher sagen, woran ich sterben werde.“
Die Voraussetzungen für ein paar weitere Jahre auf Erden scheinen indes gut. Seine Mutter wurde 101 Jahre alt, sein Vater zwar nur 78, „aber er hat vierzig Zigaretten am Tag geraucht und ist an Bronchitis und einem Lungenemphysem gestorben. Andernfalls hätte er es auch in seine Neunziger geschafft“, war sich Cleese in einem „FAZ“-Interview von 2018 sicher. „Ich habe also gute Gene, hoffe ich. Denn ich finde das Leben gerade viel interessanter und spaßiger als je zuvor.“