Flugzeuge warten und reparieren gehört zum Kerngeschäft von Lufthansa Technik. Künftig will das Unternehmen auch Bundeswehr-Kampfjets und Transporthubschrauber betreuen. Die Pläne der Airline-Tochter sind ehrgeizig.
Eine Fluggesellschaft rüstet auf: Künftig will die Airline-Tochter Lufthansa Technik auch an militärischen Systemen arbeiten. Während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bisher zivile Flugzeuge warten, reparieren und instandhalten, sollen sie sich nun auch Kampfjets und Transporthubschraubern der Bundeswehr widmen. Darüber berichtete zuerst das „Handelsblatt“.
Neu ist die Zusammenarbeit zwischen Lufthansa Technik und der Bundeswehr nicht. Schon seit Jahrzehnten betreut das Wartungsunternehmen die Flugbereitschaft der Luftwaffe und baut zivile Flugzeuge zu Regierungsmaschinen um. Nun will es seine Kooperation mit der deutschen Luftwaffe ausdehnen und diese „auch jenseits der Betreuung der Flugbereitschaft stärker unterstützen“, heißt es im Geschäftsbericht 2023.
Neues Geschäftsfeld für militärische Unterstützung
Dazu baut Lufthansa das neue Geschäftsfeld „Defense“ aus. „Schon 2019 haben wir die Entscheidung getroffen, die seit über 60 Jahren bestehende Partnerschaft mit der Bundeswehr strategischer angehen zu wollen“, sagt Jens Krüger, Sprecher von Lufthansa Technik, zu Capital. „Wir sehen uns als Teil nationaler Souveränität. Jetzt ist daraus eine ganze Reihe von Aktivitäten geworden.“
Über einige der Projekte stehen die Verträge schon, bei anderen wird noch verhandelt: So erhält die Bundeswehr zum Beispiel mit dem Projekt „Pegasus“ Systeme zur signalerfassenden luftgestützten Überwachung und Aufklärung. Die dafür benötigten drei Flugzeuge modifiziert die Lufthansa Technik.
Bei den 60 schweren „Chinook“-Transporthubschraubern von Boeing, die die Luftwaffe ab Herbst 2027 erwartet, will die Lufthansa Technik die Einsatzverfügbarkeit der Flotte als Teil eines Industrieteams gewährleisten. Hier verhandelt man noch darüber, wer welche Arbeiten übernimmt. Gleiches gilt für die Wartungsverträge der 35 US-Kampfjets vom Typ F-35, die angeschafft werden, um die in die Jahre gekommenen Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr zu ersetzen.
Das Unternehmen zeigt auch Interesse daran, perspektivisch Militärmaschinen umzubauen: Wenn die Nato ihr fliegendes Radarsystem Awacs bestehend aus umgebauten Boeings 707 modernisiert, könnte Lufthansa Technik die notwendigen Modifikationen durchführen. Die veralteten Jets sollen durch die Boeing E-7 ersetzt werden, die auf dem Passagierflieger des Typs Boeing 737 basiert – mit dem Modell sind die Lufthansa-Techniker aus dem zivilen Geschäft gut vertraut.
Kompetenzen liegen bei Wartungsarbeiten
In keinem der Projekte werden Angestellte der Lufthansa Technik mit Waffen hantieren, stellt Pressesprecher Krüger gegenüber Capital klar: „Wir konzentrieren uns auf das, womit wir uns auskennen: Lufthansa Technik wird Luftfahrzeuge warten und überholen und Reparaturen etwa an Triebwerken und Komponenten wie Fahrwerken durchführen.“ Die notwendigen militärischen Zulassungen für diese Dienstleistungen habe man bereits, Prozesse und Technologien würden zivilen Luftfahrtsystemen ähneln. Sicher müsse das Unternehmen seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an manchen Stellen noch entsprechend weiterbilden, sagt Krüger, doch „sich Know-how über neue Flugzeuge anzueignen ist Teil unserer Kompetenz“.
Am Hamburger Standort der Lufthansa Technik dürften damit auch einige neue Arbeitsplätze entstehen. In einer aktuellen Stellenausschreibung sucht das Unternehmen bereits im Vertrieb Akquise-Referenten speziell für ihre „Defense“-Sparte.
Lufthansa-Vorstoß in Wachstumsmarkt
Unter Luftfahrtexperten gilt der Schritt von Lufthansa Technik in den Rüstungsmarkt als logische Konsequenz, von der beide Seite profitieren. Wenn die Bundeswehr Wartungsarbeiten an militärischen Systemen in die erfahrenen Hände der Airline-Tochter legt, muss sie kein Geld ausgeben, um die Maschinen selbst zu warten.
Lufthansa Technik wiederum kann ihr Geschäftsfeld weiter ausbauen, nachdem sich die Airline-Tochter von den Pandemie-Jahren erholt hat. Im Geschäftsjahr 2023 konnte Lufthansa Technik den Umsatz um eine Milliarde auf 6,5 Mrd. Euro steigern, der operative Gewinn lag bei 628 Mio. Euro.
Mit dem Geschäftsbereich „Defense“ stößt Lufthansa Technik in einen vielversprechenden Wachstumsmarkt vor. Das Vorhaben ist Teil des umfangreichen Wachstumsprogramms „Ambition 2030“. Nachdem der Einstieg eines weiteren Investors bei Lufthansa Technik Ende vergangenen Jahres scheiterte, treibt das Wartungsunternehmen seine ambitionierten Pläne nun eigenständig voran. Bis 2030 soll der Umsatz auf mehr als 10 Mrd. Euro steigen.
„Zeitenwende“ erreicht Instandhaltungsbranche
Wenngleich erste Pläne für die verstärkte Zusammenarbeit mit der Bundeswehr schon 2019 geschmiedet wurden, dürfte die geopolitische Lage die Entwicklung der „Defense“-Sparte zumindest beschleunigt haben. Schließlich trifft das Thema Sicherheit und Militär in Deutschland bei Politik und Bevölkerung wegen des Ukrainekriegs zunehmend auf Akzeptanz. Die Rüstungsausgaben steigen, um die Bundeswehr zu modernisieren, damit sie ihren Auftrag bei der Landesverteidigung erfüllen kann.
Entsprechend dürften Bestrebungen in Richtung Rüstung auch Investoren und Anleger nicht abschrecken: Schlussendlich ist der „Defense“-Bereich nur ein kleiner Teil der Lufthansa Technik und auch diese steuert nur knapp ein Fünftel zu den Umsätzen der Lufthansa Gruppe bei. Somit dürften die Ambitionen der Technik-Tochter auch das ESG-Rating der Lufthansa Gruppe kaum beeinträchtigen. Das lag zuletzt bei der Bewertung „AA“, was die Fluggesellschaft zum „ESG Sektor Leader“ unter den von MSCI ESG Research analysierten Airlines machte.