Nach dem Solingen-Anschlag steht die Kommunikation der NRW-Landesregierung auf dem Prüfstand. Innenminister Reul räumt nun ein, dass er dem Rat eines ranghohen Beamten nicht sofort gefolgt ist.
Nach dem Terroranschlag von Solingen hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) seine Kabinettskollegin Josefine Paul (Grüne) trotz des Rats eines ranghohen Beamten nicht sofort über die zuvor gescheiterte Abschiebung des mutmaßlichen Attentäters informiert. Das bestätigte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums auf Anfrage. Zuvor hatte der „Spiegel“ entsprechend berichtet.
Reul, der bereits in der Tatnacht nach Solingen geeilt war, teilte dazu mit, dass für ihn am Samstagabend angesichts des noch flüchtigen Täters und etwaiger Komplizen zunächst die Gefahrensituation und die Fahndung Priorität gehabt habe. An jenem Samstagabend um 19.02 Uhr sei nicht der Zeitpunkt für politische Überlegungen zur Abschiebepraxis gewesen. Daher sei er dem Rat seines Polizei-Inspekteurs nicht sofort gefolgt.
Er habe sich dann aber am Sonntagmorgen um Kontaktaufnahme zu Paul bemüht, um ihr von der misslungenen Abschiebung zu berichten. „Ich habe mehrfach klargemacht, dass ich über die Details des Asylstatus des Tatverdächtigen schon am Samstagabend nach der Tat Bescheid wusste“, so Reul zum „Spiegel“. „Natürlich hat diese Information eine Relevanz für Ministerin Josefine Paul gehabt, ich fand aber erst, als wir den Täter gefasst hatten.“
NRW-Fluchtministerin Paul war politisch erheblich unter Druck geraten, weil sie sich erst nach Tagen zur asylrechtlichen Vorgeschichte des Terrorverdächtigen geäußert hatte. Der gescheiterte Abschiebeversuch lag in der Ressort-Verantwortung des NRW-Fluchtministeriums. Am 23. August, einem Freitagabend, soll der Syrer Issa Al H. in Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet haben. Mehr als 24 Stunden später wurde er festgenommen. Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte den Anschlag für sich reklamiert.