Deutlich weniger ist immer noch zu viel: Ein US-Gericht reduziert in einem Glyphosat-Prozess den Schadenersatz in Höhe von zwei Milliarden Dollar zwar drastisch, aber dennoch will Bayer die Entscheidung anfechten.
Ein Gericht im US-Bundesstaat Pennsylvania hat eine der Bayer-Tochter Monsanto in einem Glyphosat-Prozess auferlegte Schadenersatzzahlung deutlich von mehr als zwei Milliarden Dollar auf 400.000 Dollar verringert. Der Chemiekonzern kündigte nach der Entscheidung dennoch an, in Berufung zu gehen. „Das Verfahren war geprägt von gravierenden Fehlern, die korrigiert werden können und müssen“, erklärte das Leverkusener Unternehmen zur Begründung.
Kläger macht „Roundup“ für Krebs verantwortlich
In dem Fall hatte im Januar eine Jury in Philadelphia die von Bayer aufgekaufte Firma Monsanto wegen des glyphosathaltigen Unkrautvernichters „Roundup“ zu der Milliardenzahlung verurteilt. Die dem an Krebs erkrankten Kläger John McKivison zugesprochene Schadenersatzsumme von 2,25 Milliarden Dollar (knapp 2,1 Milliarden Euro) reduzierte die Richterin Susan Schulman nach Angaben von Monsanto nun aber auf 400.000 Dollar. McKivison macht „Roundup“ für seine Krebserkrankung, ein sogenanntes Non-Hodgkin-Lymphom, verantwortlich.
STERN PAID Glyphosat 5 Fragen 18.09
Bayer schrieb in seiner Stellungnahme, die Jury in dem Verfahren sei „getäuscht und aufgehetzt“ worden, was auch die „verfassungswidrig überhöhten Schadensersatzbeträge“ erkläre. Der Konzern bestreitet, dass Glyphosat krebserregend ist. In der Wissenschaft ist die Frage seit Jahren umstritten. Die EU-Kommission verlängerte im November die Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels um zehn Jahre.
Monsanto: teure Übernahme
Bayer hatte den „Roundup“-Hersteller Monsanto 2018 für 63 Milliarden Dollar übernommen und ist seitdem in Gerichtsprozesse zu „Roundup“ verstrickt. Der Konzern wurde in einer Reihe von Glyphosat-Urteilen zu Schadenersatz verurteilt, in anderen Verfahren aber freigesprochen. In zahlreichen Fällen wurden Vergleiche geschlossen. Bayer hat nach eigenen Angaben für die Glyphosat-Verfahren Rückstellungen in Höhe von 16 Milliarden Dollar gebildet.
„Obwohl das Gericht die verfassungswidrig hohe Schadensersatzsumme reduziert hat, sind wir mit der Entscheidung des Gerichts in der Sache nicht einverstanden“, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Das Verfahren sei von gravierenden Fehlern geprägt gewesen. Diese könnten und müssten korrigiert werden. Des Weiteren verweist Bayer darauf, dass der Konzern sich in 14 der jüngsten 20 Fälle vor Gericht durchgesetzt habe. Zudem seien die meisten Klagen beigelegt worden, hieß es weiter.
Kläger gewinnen Glyphosat Prozess 0920
Die Probleme rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter „Roundup“ hatte Bayer sich 2018 mit der über 60 Milliarden Dollar teuren Übernahme der US-Firma Monsanto ins Haus geholt. Im selben Jahr folgte ein erstes Urteil gegen das Dax-Unternehmen. Das setzte in den USA eine Klagewelle in Gang.
Glyphosat-Klagen kosten 13 Milliarden Euro
2020 legte Bayer ein milliardenschweres Programm auf, um den Großteil der Klagen ohne Haftungseingeständnis beizulegen. Ein guter Teil der Klagen ist abgearbeitet, gleichwohl bleiben Risiken. Ende Januar waren noch rund 54.000 von circa 165.000 Fällen offen. Die Glyphosat-Klagewelle hat Bayer schon 13 Milliarden Euro gekostet.