Robert Habeck schwebt ein „Deutschlandfonds“ vor, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wie auch der SPD, die seit Monaten für einen „Deutschlandfonds“ wirbt. Ein dreister Ideen-Klau?
Robert Habeck hat einen Plan präsentiert, den man aus Sicht der Kanzlerpartei etwas verwegen nennen könnte. Dem grünen Wirtschaftsminister schwebt neuerdings ein „Deutschlandfonds“ vor, ein staatlich finanzierter Schuldentopf, mit dem Investitionen gefördert und die Wirtschaft wieder angefeuert werden soll. So weit, so gut – wäre da nicht die Sache mit dem Namen.
Zwar stoßen die Habeck-Pläne erstmal auf Wohlwollen in der SPD, die sich ebenfalls für mehr Investitionen einsetzt. Allerdings sorgen sie auch für eine gewisse Fonds-Verstimmung bei den Genossen, die schließlich schon vor Monaten ein ähnliches Instrument ins Spiel gebracht hatten: den, Deutschlandfonds“.
Und wer hat’s nun erfunden?
„Lieber Robert Habeck …“
Verena Hubertz kann das zumindest mit Blick auf die SPD für sich in Anspruch nehmen, sie hat den „Deutschlandfonds“ der Sozialdemokraten maßgeblich konzipiert. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende reagierte dann auch etwas verschnupft auf das Namens-Plagiat des Wirtschaftsministers. Auf dem Kurznachrichtendienst X bedankte sich Hubertz zwar beim „lieben Robert“ für dessen Vorschlag, aber: „Beim Namen könntest Du ein bisschen kreativer sein.“ Sie wisse, dass es kein Urheberrecht für politische Ideen gebe. „Aber gerade als Autor dachte ich, dass Dir originelle Konzepte wichtig sind.“
Handelt es sich also um einen dreisten Ideen-Klau aus dem Hause Habeck? So beherzt will der Wirtschaftsminister dann doch nicht in die „Merkel-Lücke“ stoßen, die er bei der Union einst ausgemacht hat. Die Altkanzlerin hatte sich Wahlkampfthemen ja gern mal bei der SPD abgeschaut und die Genossen damit zur Weißglut getrieben. Denn die zwei „Deutschlandfonds“ teilen sich zwar den Namen, weisen aber zentrale Unterschiede auf. SPD-Politikerin Hubertz bringt den wichtigsten auf folgende Formel: „Ein richtiger Fonds ist ein bisschen mehr als nur schuldenfinanziertes Geldausgeben“, sagte sie leicht angesäuert dem stern. Habeck beschreibe mit seinem Fonds eigentlich nur ein neues Sondervermögen.
Duell um den „Deutschlandfonds“
Habeck will Unternehmen mit staatlichen Mitteln fördern, schlägt dafür eine Investitionsprämie von zehn Prozent des Investitionsvolumens vor – das Geld dafür solle aus einem „Deutschlandfonds“ von Bund und Ländern kommen. Die Prämie würde im Jahr der Investition mit der Steuerschuld des Unternehmens verrechnet. „Ist sie höher als die Steuerschuld oder macht das Unternehmen gar keine Gewinne, wird die Differenz beziehungsweise die komplette Prämie ausgezahlt“, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten „Modernisierungsagenda“ des Ministers. Die Maßnahme soll demnach auf fünf Jahre befristet werden.
Die SPD will mit ihrem „Deutschlandfonds“ hingegen staatliches und privates Kapital mobilisieren, „um langfristige und umfassende Investitionen in zukunftsfähige Geschäftsmodelle (zu) hebeln“, wie es in einem SPD-Vorstandsbeschluss vom März heißt. Neue Schulden sollen dabei nicht entstehen.
Der sozialdemokratische „Deutschlandfonds“ agiere dabei als Dachfonds, erklärt Hubertz, und stelle für unterschiedliche Aufgaben auch unterschiedliche Vehikel bereit. „Es geht darum, dass große Anleger, wie zum Beispiel Versicherungen oder Pensionskassen, einen Teil ihres Kapitals in Infrastruktur und Zukunftsprojekte investieren, insbesondere in die klimaneutrale Transformation des Landes“, sagt die Wirtschaftspolitikerin. „Das hilft zum einen, den Haushalt zu entlasten“, argumentiert Hubertz, „und zum anderen den sehr teuren Ausbau zum Beispiel der Wasserstoffinfrastruktur oder Batteriespeichern mit privat mobilisiertem Kapital voranzutreiben“.
Die Fonds-Vorschläge dürften auch im bevorstehenden Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen, nicht zuletzt zur jeweiligen Profilschärfung. Der Wirtschaftsminister sagte unverblümt, dass seine Ideen über die Verabredungen im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hinausgingen. „Aber (…) die Wirklichkeit hält sich nicht an Verträge“, so Habeck, der offenkundig die grüne Kanzlerkandidatur anstrebt. Mit den bisherigen Maßnahmen gehe die wirtschaftliche Erholung zu langsam. „Wir brauchen kurzfristige Stimuli und Investitionen in die Infrastruktur, und wir brauchen strukturelle Verbesserungen des Standorts.“
Mit seinem „Deutschlandfonds“ triggert der Wirtschaftsminister nicht nur die SPD, die das Vorhaben laut Generalsekretär Matthias Miersch aber grundsätzlich begrüßt, sondern auch die Union und den liberalen Koalitionspartner. Habeck hatte schon im Februar ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung der Firmen vorgeschlagen. Die FDP und Finanzminister Christian Lindner hatten sich aber wiederholt gegen staatliche Fördertöpfe und stattdessen für Steuersenkungen ausgesprochen. Man könne nicht „Hunderte Milliarden Euro Schulden machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen“, sagte Lindner.
Daran dürfte auch der entliehene Name des „Deutschlandfonds“ nichts ändern.