EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will sich vorerst nicht in den Streit um Italiens Asyllager in Albanien einmischen. Weil es sich um ein bilaterales Abkommen zwischen Rom und Tirana handele, kommentiere sie die Auseinandersetzung nicht, sagte von der Leyen am Mittwoch bei einem Besuch in Albanien. Die EU-Kommission werde die Entwicklung aber „sehr genau verfolgen“.
Vor dem EU-Gipfel zur Migration in der vergangenen Woche hatte die deutsche Kommissionschefin die Abschiebelager in dem Beitrittskandidatenland Albanien noch als mögliches Modell bezeichnet. Die Europäer müssten „mögliche Wege in Bezug auf Rückkehrzentren außerhalb der EU entwickeln“, schrieb von der Leyen in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs. Mithilfe des Abkommens zwischen Italien und Albanien könnten die Europäer „Lehren aus dieser Erfahrung in der Praxis ziehen“.
Ein italienisches Gericht hatte die Unterbringung der ersten Migranten in Albanien allerdings am Freitag zunächst gestoppt. Die Richter begründeten dies damit, dass die Herkunftsländer Ägypten und Bangladesch keine sicheren Drittstaaten seien und verwiesen auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Daraufhin erließ Italiens Regierung ein Dekret zu sicheren Herkunftsländern, um das Abkommen mit Albanien zu retten.
Von der Leyen lehnte es bei ihrem Auftritt mit dem albanischen Regierungschef Edi Rama zudem ab, ein mögliches Datum für den EU-Beitritt Albaniens zu nennen. Es sei „vernünftig, kein festgelegtes Datum“ zu haben, sagte sie unter Verweis auf die geforderten Reformen. Die EU verlangt von Tirana unter anderem Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität.
Regierungschef Rama räumte ein, dass sein Land „viele Berge bis zur Mitgliedschaft erklimmen muss“. Ziel sei jedoch weiter, „den Gipfel bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen“. Er bekräftigte damit das Ziel, Albanien bis 2030 in die EU zu führen.
Von der Leyens Albanien-Besuch war der Auftakt einer viertägigen Westbalkan-Reise. Weitere Stationen sind Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, das Kosovo und Montenegro. Die Europäische Union hatte den sechs Westbalkan-Ländern vor mehr als 20 Jahren eine Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Russland und China konkurrieren aber zunehmend ,mit der EU um Einfluss in der Region.