Das sächsische Bergsteigen sieht sich als Wiege des Freikletterns. Jetzt wird die Tradition mit ihren besonderen Regeln als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet.
Sachsens Bergsteiger erhoffen sich durch die Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe der Unesco neue Aufmerksamkeit für ihre Tradition. An diesem Dienstag erhält das sächsische Bergsteigen zusammen mit fünf anderen deutschen Besonderheiten in Wiesbaden die offizielle Auszeichnungsurkunde. Die Verleihung des Titels war bereits im März beschlossen worden. Seither sei das öffentliche Interesse schon spürbar gestiegen, sagte Thomas Böhmer, Vorstand für Ausbildung im sächsischen Bergsteigerbund.
„Wir gehen nicht davon aus, dass sich das Klettern jetzt plötzlich verdoppelt“, sagte Böhmer. Das sei auch nie das Ziel des Antrags für das immaterielle Kulturerbe gewesen. Vielmehr gehe es darum, das sächsische Bergsteigen zu bewahren und zu pflegen. Diese Art des Kletterns sei nichts, was man mal eben in einem Kurs erlernen könne. „Es ist eher so wie ein Handwerk, das sich über Jahre entwickelt“, sagte Böhmer. Es entspreche nicht dem Zeitgeist, lieber alles einfach haben zu wollen.
Rund 40.000 Menschen haben sich sächsischem Klettern verschrieben
Das sächsische Bergsteigen mitsamt seinen Kletterregeln sei vor rund 130 Jahren entstanden. „Es wurden schon ganz frühzeitig Regeln aufgestellt, dass man in der Sächsischen Schweiz nur ohne künstliche Hilfsmittel klettern darf“, erläuterte Böhmer. Das liege an dem sehr weichen Sandstein in der Gegend. Er würde beschädigt, wenn dort etwa Trittleitern in den Berg geschlagen würden. „In der Sächsischen Schweiz hat sich das herausgebildet, was wir heute Freiklettern nennen“, sagte Böhmer.
Dem Antrag für das immaterielle Kulturerbe zufolge gibt es rund 40.000 Menschen, die sich dem sächsischen Klettern verschrieben haben und in Klubs organisiert sind. Zur Tradition gehöre nicht nur das Bergsteigen, sondern es gebe auch drei Bergsteiger-Chöre, eine Bibliothek und eine Stiftung Kunst und Berge, berichtete Böhmer.
Neben dem Bergsteigen geht die Auszeichnung auch an die hessische Schwälmer Weißstickerei, die Berliner Technokultur, die Finsterwalder Sangestradition, den Kirchseeoner Perchtenlauf und den Viez – einen in Rheinland-Pfalz und im Saarland verbreiteten Apfel-, Birnen- oder Quittenwein. Damit gibt es bundesweit 150 Einträge im Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes.