Fragen und Antworten: Gegen Ficos mutmaßlichen Attentäter wird wegen versuchten Mordes ermittelt – wer ist der Mann?

Die Slowakei steht unter Schock: Nach dem Angriff auf Ministerpräsident Robert Fico sind noch viele Fragen offen. Eine davon: Was trieb den mutmaßlichen Attentäter an?

Es ist 14.30 Uhr, als der slowakische Ministerpräsident Robert Fico nach einer Kabinettssitzung in der Kleinstadt Handlova aus dem Kulturhaus kommt, um seine Anhänger zu begrüßen. In dem Getümmel drängelt sich ein Mann nach ganz vorne an die Absperrung und zielt auf den Politiker, so zeigen es Videoaufnahmen des lokalen Fernsehsenders RTV Prievidza. Augenzeugen berichten, der Attentäter habe Fico zu sich gerufen, ehe er fünfmal auf ihn schoss. Der Ministerpräsident musste ins Krankenhaus, seine Lage sei kritisch, hieß es von mehreren Stellen (mehr zum Attentat lesen Sie hier)

Unklar war zunächst, wer hinter dem Angriff steckte. Nun hat das slowakische Innenministerium gegen den mutmaßlichen Schützen ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes eingeleitet.

Wer steckt hinter dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten?

Slowakischen Medienberichten zufolge handelt es sich bei dem mutmaßlichen Attentäter um einen 71-jährigen Schriftsteller. Der Mann soll demnach aus der Stadt Levice rund 150 Kilometer östlich von Bratislava kommen und Gründer eines Literaturclubs sein. Demnach ist er zudem Mitglied der offiziellen slowakischen Schriftstellervereinigung, was diese später via Facebook bestätigte. Sie will die Mitgliedschaft „dieser abscheulichen Person“ aufkündigen, sollte sich herausstellen, dass er für das Attentat verantwortlich ist.

Der slowakische Innenminister hat die Medienberichte über die Identität des Verdächtigen nun bestätigt. „Ich denke, ich kann das bestätigen, ja“, sagte Matus Sutaj laut Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch.Robert Fico Portät   18.45

Woher hat der Mann die Waffe?

Medienberichten zufolge soll Juraj C. in der Vergangenheit für einen privaten Sicherheitsdienst gearbeitet und deshalb einen Waffenschein besessen haben. Die Tatwaffe habe er legal besessen, sagte sein Sohn dem slowakischen Nachrichtenportal aktuality.sk. Offiziell bestätigt ist das aber nicht.

Welches Motiv hatte der mutmaßliche Täter?

Wie Innenminister Matus Sutaj Estok am Donnerstag nach einer Sitzung des Sicherheitsrats in Bratislava mitteilte, handelt es sich bei dem Mann um einen „einsamen Wolf“, der mit der politischen Entwicklung in der Slowakei unzufrieden sei. Er sprach erneut von einem politisch motivierten Angriff. „Ich kann bestätigen, dass der Verdächtige kein Mitglied einer radikalisierten politischen Gruppierung ist, weder einer rechten noch einer linken“, betonte Sutaj Estok.

Der TV-Nachrichtensender TA3 und andere Medien hatten zuvor eine Videoaufnahme aus der Polizeistation zugespielt bekommen. Darin sagt der benommen wirkende mutmaßliche Attentäter: „Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu.“ Als Beispiel nannte er mit undeutlicher Stimme die von der Regierung geplante Medienreform, gegen die seit Wochen Tausende Menschen demonstrieren. Auch die Frau des mutmaßlichen Täters wurde nach Medienberichten von der Polizei verhört. Auf die Frage, ob sein Vater Hass auf Regierungschef Fico verspüre, antwortete dessen Sohn: „Er hat ihn nicht gewählt, mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Welche Konsequenzen gibt es?

Nach dem Anschlag prüfen slowakische Behörden nun, ob Ficos Personenschützer ihn nicht ausreichend geschützt haben. Entsprechende Ermittlungen „wegen Behinderung der Aufgaben eines Amtsträgers“ seien bereits am Mittwoch eingeleitet worden, sagte eine Behördensprecherin der Nachrichtenagentur TASR. Mehrere slowakische Experten hatten bereits Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen geübt.

Zudem kündigte Innenminister Sutaj Estok verstärkten Polizeischutz für Politiker, aber auch Journalisten an. Zugleich rief er Medien, Politiker aller Lager und die Öffentlichkeit auf, mit der „Hetze gegen politische Gegner in sozialen Medien“ aufzuhören. Der liberale Oppositionsführer Michal Simecka sagte am Mittwochabend alle politischen Aktionen für unbestimmte Zeit ab.Attentate, die die Welt schockierten und veränderten 1415

Wie geht es Robert Fico inzwischen?

Der schwer verletzte slowakische Regierungschef ist am Donnerstag wieder ansprechbar gewesen. „Den Ärzten ist es gelungen, den Zustand zu stabilisieren“,  verkündete Verteidigungsminister Robert Kalinak, der auch stellvertretender Regierungschef ist. Fico sei aber noch nicht außer Lebensgefahr. Die Verletzungen seien sehr schwerwiegend.

„Sein Zustand ist nach wie vor ernst“, bestätigte der slowakische Präsident Peter Pellegrini nach einem Besuch im Krankenhaus. „Ich habe mit ihm nur einige Minuten gesprochen, weil die Ärzte mich um einen kurzen Besuch gebeten haben.“ Die Situation sei weiter sehr kritisch. „Der Regierungschef ist dem Tod um Haaresbreite entgangen, es hätte genügt, wenn die Schusswunde oder mehrere Schusswunden ein paar Zentimeter weiter gelegen hätten, und wir müssten heute vielleicht über ganz andere Dinge reden“, so Pellegrini.

Hinweis: Dieser Text wird laufend aktualisiert.