Die Stuttgarter Opernperformance „Sancta“ ist nichts für schwache Gemüter. Mehrere Zuschauer mussten den Saal verlassen. Nun wehrt sich die Regisseurin und spricht von Drohungen gegen ihr Team.
Nach Schlagzeilen über nackte Nonnen, echtes Blut und Arzteinsätze bei ihrer aktuellen Opern-Perfomance „Sancta“ wehrt sich die Künstlerin Florentina Holzinger gegen Vorwürfe und spricht von Drohungen und Hass gegen ihr Team. „Mein Instagram ist voll von Inquisitionsrhetorik“, sagte die österreichische Choreographin (38) in einem Interview mit dem Kunstmagazin „Monopol“. Sie werde darin als Teufel und Satanistin bezeichnet von Menschen, die keine Ahnung von der Show hätten. Für sie und ihr Team sei das aber bei allen Extremen auch ein Grund, weiterzumachen. Sie werde offenbar gebraucht und es gebe noch viele unverarbeitete feministische Themen, sagte Holzinger.
„Ich will mich auf keinen Fall zensieren lassen, aber ich finde es traurig, dass wir jetzt Sicherheitsvorkehrungen für die Show brauchen, um Schutz vor dem Publikum zu haben“, sagte sie weiter. Dabei sei „Sancta“ ein sehr besonderes Stück, weil es schön sei und zentrale Themen wie Freiheit, Liebe und Gemeinschaft behandele. „Das passt überhaupt nicht zur medialen Darstellung. Deshalb hoffe ich, dass möglichst viele Leute die Aufführungen sehen können und sich selbst ein Bild machen“, sagte Holzinger.
Fettgedruckte Warnhinweise vor Aufführung in Stuttgart
Holzinger sorgt seit Jahren mit ihren Arbeiten für Aufsehen in der Theaterwelt. Dabei setzt sie radikal und freizügig weibliche Körper in Szene, baut schmerzhafte Stunts ein und schreckt auch vor Trash nicht zurück. In „Sancta“ bringt sie mit aufreizender Deutlichkeit lesbische Liebesszenen auf die Bühne, zieht christliche Rituale ins Lächerliche und prangert die sexuelle Unterdrückung der Frau an.
Trotz einer Altersfreigabe ab 18 Jahren und fettgedruckten Warnhinweisen hinterlässt die freizügige und blutige Opernperformance in Stuttgart ihre Spuren bei einem Teil der Besucherinnen und Besucher. Rund um die ersten beiden Vorstellungen hatte sich der Besucherservice um insgesamt 18 Menschen gekümmert, die zum Teil über Übelkeit geklagt hatten, wie die Staatsoper mitteilte. In drei Fällen habe ein Arzt dazu geholt werden müssen.
„Für unser Gefühl ist beim Publikum nicht viel Anderes passiert, als das schon seit zehn Jahren in meiner Karriere immer wieder der Fall ist“, sagte Holzinger im Interview. Die Show sei bereits mit deutlich weniger Reaktionen in Schwerin und in Wien aufgeführt worden.
„Aber Stuttgart ist auch ein extrem großes Opernhaus, das führt dazu, dass auch mehr Leute den Saal verlassen“, sagte die Künstlerin. „Außerdem habe ich das Gefühl, dass das Publikum an den beiden anderen Orten sich mehr mit der Tanztheater- und Performance-Szene überschnitten hat.“ Die Zuschauer in Stuttgart seien ein klassischeres Opernpublikum, das mit experimentellem Theater vielleicht nicht so viel Erfahrung habe. „Und damit meine ich auch den Gebrauch von Stroboskopen, Lautstärke und Nebel“, sagte Holzinger.