Vor 50 Jahren eröffnete in Eching bei München die erste deutsche Ikea-Filiale. Wie das schwedische Möbelhaus seither unsere Wohnzimmer umgekrempelt hat.
Wo sitzen Sie gerade – auf Klippan, dem klassischen Ikea-Sofa mit der eckigen Form, das gefühlt in jedem dritten deutschen Wohnzimmer steht? Oder, ähem, auf Kullarna, der Klobrille mit Deckel, die so heißt, wie nur Ikea-Klobrillen mit Deckel heißen können?
Wir haben doch alle etwas von Ikea zu Hause: Ein Großteil der Deutschen kann sich kaum noch daran erinnern, dass es hierzulande auch mal eine Zeit ohne das schwedische Möbelhaus gab. Am 17. Oktober ist es 50 Jahre her, dass die erste Filiale bei uns eröffnete – ein gigantischer gelber Klotz neben der Autobahn in Eching bei München. „Das unmögliche Möbelhaus“ stand darauf, das klang besonders für junge Leute verlockend!
Ikea war wie Abba als Möbelstück
Plötzlich sah man dort Menschen, die riesige Pakete auf riesigen Einkaufswagen zu ihren Autos steuerten, deren Kofferräume damals noch nicht ganz so viel hergaben wie die der SUVs von heute. Egal, irgendwie wurden die Pakete heimgeschafft, denn dieses Ikea schickte sich an, die deutschen Wohnzimmer umzukrempeln. Weg mit der deutschen Eiche, her mit den poppigen Sachen aus Schweden. Ikea, das war wie Abba als Möbelstück: Mit „Waterloo“ hatten Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid 1974 den Grand Prix gewonnen, nun kam die Einrichtung dazu.
„Ivar“ und „Billy“ zogen bei uns ein – denn, wie der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal sagte: „Ohne Billy bleibt ihr auf eurem Kiefernplunder sitzen.“ Und Ikea blieb sich über die Jahre treu: Das von Ingvar Kamprad gegründete Möbelhaus hatte ja Erfahrung mit seinem Konzept, schließlich gab es Ikea in Schweden bereits seit 1958. Kamprad hatte smarte Ideen, zum Beispiel die, jedem Ikea auch ein Restaurant zu geben, damit um die Mittagszeit keine Leere herrscht. Erstmal Möbel gucken, dann etwas essen und dann in die SB-Halle, die Möbel zusammentragen, die man kaufen möchte – so sah vielerorts der Samstag aus.
Imageschaden in den 90er-Jahren
In den 90er-Jahren aber erlitt Ikea einen großen Imageschaden, als schwedische Zeitungen Ingvar Kamprad mit nationalsozialistischen Gruppierungen in Verbindung brachten: Sie deckten auf, dass er die rechte Organisation eines Freundes und bekannten Nationalsozialisten bis 1945 finanziell unterstützt hatte. Es wurde zum Ikea-Boykott aufgerufen, Kamprad entschuldigte sich in einem offenen Brief bei Mitarbeitern und Kunden und bezeichnete die Zahlungen als „größte Dummheit meines Lebens“.
Doch Ikea berappelte sich wieder, fing uns spätestens in den frühen 2000ern mit dem Slogan „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ wieder ein. Natürlich kann man sich fragen, wie nachhaltig die Produktion des Möbelhauses ist und unter welchen Bedingungen die günstigen Preise zustande kommen. Man kann sich beklagen, dass viele Wohnungen gleich aussehen, weil alle bei Ikea einkaufen. Aber letztlich ist es doch so: Wir würden alle lieber Manufactum leershoppen und uns eine italienische Designerküche bestellen, doch wenn das Konto das nicht zulässt, dann geht halt notfalls auch – Ikea.