Die Telekom federt mit erhöhten Aktienrückkäufen einen Teilausstieg des Bundes ab. Doch die indirekte Übertragung von Eigenkapital der Telekom an die Deutsche Bahn ist langfristig ein schlechtes Geschäft.
Als in den 1990er aus der hochdefizitären Behörde Deutsche Bundespost die Postbank sowie die beiden Börsenkonzerne Deutsche Telekom und Deutsche Post wurden, entsprach das dem Geist der Zeit. Privatisierung sollte alles besser machen, lautete das Versprechen. Aber auch damals ging es schon ganz schlicht um den Bundeshaushalt, aus dem jährlich Milliardenbeträge an die Bundespost zugeschossen werden mussten. Die Erlöse aus der Privatisierung sollten, so das Versprechen, dem Bund helfen, die enormen Lasten aus der Besoldung pensionierter Bundespost-Beamter zu stemmen.
Von Privatisierung als Allheilmittel ist heute, wo die letzten Post-Beamten dem Pensionsalter entgegengehen, keine Rede mehr. Geblieben ist jedoch der Primat des Bundeshaushaltes. Fehlt Geld, werden wie zu Jahresbeginn Post- oder eben jetzt Telekom-Aktien auf den Markt geworfen und kursschonend bei Großinvestoren platziert. Eine Begründung findet sich angesichts der selbst auferlegten Haushaltsfesseln („Schwarze Null“) immer, im Fall des nun verkauften Telekom-Pakets ist es die dringend nötige Sanierung der Bahn.
110 Millionen Telekom-Aktien
Dazu soll der Erlös aus dem Verkauf von 110 Millionen Telekom-Aktien im Wert von 2,43 Milliarden Euro dienen. Die Umsetzung durch die KfW erfolgte auf den ersten Blick sehr smart: Weil die Telekom im Zuge der Platzierung ihr Aktienrückkaufprogramm hochgefahren hat, konnte der Bund relativ kursschonend aussteigen. STERN PAID 10_24 Bankenhölle6.14
Nach Einschätzung der UBS Bank hatten Spekulationen über Aktienverkäufe des Bundes den Telekom-Kurs zuletzt belastet. Dieser potenzielle Angebotsüberhang sei nun beseitigt, heißt es in einer Studie der Schweizer Großbank. Sie rät zum Kauf der Aktie mit einem Kursziel auf zwölf Monate von 27,60 Euro, was einem Aufschlag von rund 24 Prozent auf den aktuellen Kurs von 22,22 Euro entspricht. Der Reuters-Konsens liegt im Median aktuell bei 26,13 Euro.
Die UBS-Analysten schreiben: „Wir betrachten Deutsche Telekom als günstige defensive Qualitätsaktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,5 und mehr als zehn Prozent jährlichem Wachstum des Gewinns je Aktie und sechs Prozent Ertrag für Aktionäre“ Außerdem rechnen die Experten mit einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent, die zweistellig wächst, und mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr an Aktienrückkäufen.
Zeichen der Ratlosigkeit
Für Aktionäre sind Aktienrückkäufe grundsätzlich ebenfalls ein gutes Geschäft. Zunächst stützen die Käufe den Kurs oder treiben ihn sogar nach oben. Außerdem steigt der Gewinn je Aktie, wenn der Konzerngewinn auf weniger Aktien verteilt werden muss. Zur Erinnerung: Aktienkurse sind im Kern abdiskontierte künftige Gewinne je Aktie. Gibt es weniger Aktien, kann zudem die Dividendenausschüttung pro Aktie stärker zulegen und das Unternehmen muss weniger Anstrengungen unternehmen, über Wachstum mehr Gewinn zu erzielen und sich dennoch einen Ruf als Dividendenaristokrat aufzubauen.
Genau hier liegt aber auch der Haken an dem Aktien-Verkauf des Bundes. Schüttet ein Unternehmen Eigenkapital an seine Aktionäre aus, ist das immer auch ein Zeichen der Ratlosigkeit. Dem Management fehlt dann entweder die strategische Fantasie dafür, das Unternehmen weiter zu entwickeln, oder es räumt ganz pragmatisch ein, dass sein Geschäftsmodell zwar hoch rentabel ist, aber kein weiteres Wachstum ermöglicht.
Bei der Telekom kommt ein weiterer kritischer Faktor hinzu. Das Unternehmen ist noch immer hoch verschuldet. Das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital liegt bei fast 250 Prozent und die Telekom verdient gerade einmal das 1,7-fache ihrer Zinsaufwendungen. Das ist deutlich schlechter als der Branchenschnitt. Hier liegt das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital nur bei knapp 90 Prozent und die so genannte Zinsdeckungsquote bei 5,3.
Laut der LSEG-Datenbank hat die Telekom 125 Anleihen für rund 96 Milliarden Euro ausstehen. Viele davon werden in den nächsten Jahren fällig. 2025 sind es 5,5 Milliarden Euro, 2028 dann sogar 10,7 Milliarden Euro. Die Telekom wird bei der Refinanzierung für viele ihrer Bonds höhere Zinsen zahlen müssen, was die Rentabilität des Unternehmens schmälert. Überschüssiges Kapital könnte also in die Schuldentilgung fließen und damit die Grundlage für langfristige Rentabilität legen. Technisch ist das einfach möglich, in dem die Telekom eigene Anleihen am Markt zurückkauft.
Schulden wären billiger
Doch nicht nur für die Aktionäre, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands ist der vermeintlich smarte Schritt zur Telekom-Platzierung ein eher mäßiges Geschäft. Sie können zwar nun auf eine bessere Bahn hoffen. Doch das wird ziemlich teuer erkauft. Das zeigt eine einfache Rechnung: Das aktuelle Platzierungsvolumen von 2,43 Milliarden Euro bringt bei einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent jedes Jahr eine Dividendenausschüttung von 92,34 Millionen Euro.Prominente Insolvenzen 11.12
Würde der Bund sich hingegen am Kapitalmarkt die gleiche Summe für 30 Jahre leihen, müsste er bei einer aktuellen Rendite von 2,7 Prozent bei dieser Laufzeit nur 65,61 Millionen Euro zahlen. Das sind 26,73 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr – ohne Berücksichtigung von Steuern – oder 267 Millionen Euro in zehn Jahren.
Das mögliche Argument, dass neue Schulden künftigen Generationen aufgebürdet würden, läuft in diesem Fall ins Leere. Denn zum einen hätte der Bund später die Zinszahlungen auf die Schulden bekommen und hätte dazu noch die Dividende aus den laufenden Ausschüttungen eingestrichen. Außerdem wären die Schulden mit Telekom-Aktien besichert, sodass die Netto-Vermögensposition des Bundes unverändert wäre.