Nach längeren Verhandlungen in der Koalition steht das sogenannte Sicherheitspaket der „Ampel“ – und erntet umgehend Kritik: Die Union findet, das Paket sei durch die letzten Änderungen „durchlöchert wie ein Schweizer Käse“, der Richterbund spricht von einem „Mini-Päckchen“. Ampel-Politiker widersprechen: Durch die Nachbesserungen sei das Paket „wirkungsvoll, anwendbar und vor allem rechtssicher“, urteilte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.
Das Sicherheitspaket war von der Bundesregierung in Reaktion auf mehrere tödliche Messerangriffe präsentiert worden. Es sieht vor allem Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts sowie des Waffenrechts vor und zusätzliche Befugnisse für Sicherheitsbehörden. Insbesondere in Reaktion auf eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen änderten Koalitionsabgeordnete die Regierungsvorlage noch ab; die Verhandlungen gingen am Freitag zu Ende.
Demnach soll es wie von der Regierung vorgesehen möglich werden, Asylsuchenden die Sozialleistungen komplett zu streichen, wenn sie ausreisepflichtig sind und für ihr Asylgesuch ein anderer EU-Staat zuständig ist. Bei Reisen ins Heimatland wird zudem standardmäßig angenommen, dass die Betroffenen keinen Schutzanspruch in Deutschland haben. Für beide Neuerungen gibt es auch Ausnahmeregelungen.
Außerdem sollen das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei künftig Software für den automatischen Abgleich biometrischer Daten nutzen dürfen. Dadurch können etwa Bilder von Gesichtern mit Fotos im Internet verglichen werden. Die Ampel-Fraktionen erhöhten dabei allerdings die Hürden: Es muss der Verdacht einer „besonders schweren“ Straftat vorliegen und nicht nur einer „schweren“, wie aus den Änderungsanträgen der Fraktionen hervorgeht, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegen.
„Auch im Waffenrecht haben wir einige Klarstellungen vorgenommen“, heißt es in einem Schreiben von SPD-Fraktionsvize Wiese an die anderen SPD-Abgeordneten. Vor allem sei es gelungen, „die vorgesehenen rechtlichen Möglichkeiten für Waffenverbotszonen klarer zu fassen und die Ausnahmen vom Waffen- bzw. Messerverbot zu vereinheitlichen“.
Der Deutsche Richterbund (DRB) reagierte unzufrieden. „Die Ampel-Parteien wollen das zu klein geratene Sicherheitspaket der Bundesregierung noch weiter zu einem Mini-Päckchen schrumpfen“, sagte DRB- Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Mit den vorgesehenen Messerverboten und neuen Befugnissen der Polizei werde „für die innere Sicherheit nicht viel gewonnen“. Rebehn forderte zugleich massive Investitionen in Sicherheitsbehörden und Gerichte.
Auch von der Union kam scharfe Kritik. Die Fraktionen hätten aus dem Sicherheitspaket „die elementarsten Teile rausoperiert“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im TV-Sender Phoenix. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte der „Rheinischen Post“, das Paket sei nunmehr „durchlöchert wie ein Schweizer Käse“.
Die Unionsfraktion hatte ursprünglich erwogen, zumindest Teile des Pakets mitzutragen. Dies zog Frei nun in Zweifel. Die Fraktion werde in ihrer Sitzung am Dienstag über das weitere Vorgehen beraten, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Ich persönlich kann mir unter diesen Voraussetzungen keine Zustimmung mehr vorstellen.“
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle widersprach. „Mit dem Sicherheitspaket kommt ein weiterer Baustein für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik“, sagte er AFP. „Wenn die Union es mit ihren Vorschlägen zur Migrationspolitik ernst nimmt, dann müsste sie dem Paket in der kommenden Woche zustimmen.“
SPD-Fraktionsvize Wiese sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, das Sicherheitspaket sei „im parlamentarischen Prozess besser gemacht“ worden. „Unsere gemeinsam beschlossenen Änderungen machen das Sicherheitspaket nun wirkungsvoll, anwendbar und vor allem rechtssicher.“
Die Änderungsanträge zu den Gesetzentwürfen der Regierung sollen am Mittwoch im Innenausschuss abgestimmt werden. Spätestens am Freitag soll das veränderte Sicherheitspaket im Bundestag und womöglich auch direkt im Anschluss im Bundesrat verabschiedet werden.