Trotz Wirtschaftsflaute und Stellenabbau in Großkonzernen gibt es viele Branchen, die Leute suchen. Die Arbeitsagentur nennt mehr als 180 Jobs, die sogenannte Engpassberufe sind.
Die Substanz der deutschen Unternehmen sei „in Ordnung“, sagte Steffen Kampeter dieser Tage im Interview mit dem „Deutschlandfunk“. Eine mutige Aussage des Hauptgeschäftsführers des Arbeitgeberverbandes BDA angesichts Stellenstreichungen bei diversen Großunternehmen und anhaltender Wirtschaftsflaute. Doch die Lage am heimischen Arbeitsmarkt gibt Kampeter durchaus recht: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet auch für das kommende Jahr mit keinem überragenden Anstieg der Arbeitslosigkeit. Mehr noch: Bei rund 180 beschäftigungsstarken Berufsgruppen bestünden weiterhin „Engpässe“, also große Nachfrage von Betrieben nach Mitarbeitenden, aber viel zu wenige Interessenten.
Der vielzitierte Fachkräftemangel ist zu einer Wachstumsbremse geworden, zieht sich mittlerweile durch weite Teile der deutschen Wirtschaft: Ob Köche, Berufskraftfahrer, Steuerfachleute oder Unternehmensberater – laut BA alles „Engpassberufe“. Manche Branchen sind schier vom Mangel an Arbeitskräften durchzogen. Beste Jobchancen also für gelernte Kräfte, aber auch für mutige Um- und Quereinsteiger.
„Engpassberufe“: Bau, Metall und Elektro
Eklatant ist der Mangel auf dem Bau: Planer/-überwacher, Bauelektriker, Bauingenieure und Architekten, listet die Bundesagentur als Engpassberufe auf. Nicht nur bei Unternehmen, sondern auch in öffentlichen/staatlichen Betrieben, bei Ländern und Kommunen. Industrie und Handwerk, welches in vielen Sparten mehr denn je seinen sprichwörtlich „Goldenen Boden“ zeigt, suchen indes Elektrotechniker und Elektroniker, Maschinen- und Metallbauer, Betriebstechniker, technische Servicekräfte in Wartung und Instandsetzung sowie Kfz-Fachleute. Wenngleich derzeit wohl nicht gerade im Volkswagen-Konzern.
Bildung und Sozialwesen
Stark gefragt bleibt die Arbeit mit beziehungsweise für Menschen. Würde zum Beispiel Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) arbeitslos, bliebe er es sehr wahrscheinlich nicht lange. Als gelernter Sozialpädagoge hätte er laut BA-Analyse beste Jobchancen. Das gilt generell für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit, nicht zuletzt in kirchlichen und gemeinnützigen Betrieben sowie an Schulen. Dort werden auch weiterhin Lehrkräfte gesucht. Programme der Bundesländer für Quereinstiege an allgemeinbildende und berufliche Schulen sollen gegen den Mangel helfen. Grundvoraussetzung: Ein Hochschulabschluss. So wird eine Betriebswirtin, deren Stelle im Großkonzern gestrichen wird, heutzutage ohne viel Federlesen zur Berufsschullehrerin für Wirtschaftskunde und Mathematik; und aus einem studierten Grafik-Designer ein Kunstlehrer. Pädagogische Fortbildung inklusive. Solch pragmatisches Umschulen funktioniert bei Berufen der Kindererziehung nicht ohne weiteres. Und so dürfte die Nachfrage nach ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern weiter hoch bleiben, ein anhaltender Engpassberuf.Lehrer – schönster Beruf 12:28
Gesundheit und IT
Wenig überraschend ist der nach wie vor grassierende Mangel an Fachpersonal über den gesamten Gesundheits- und Pflegesektor hinweg, trotz verbesserter Bezahlung: Ärzte, medizinische und zahnmedizinische Fachangestellte, Pflegepersonal, Pharmazeuten, Apotheker, Ergo- und Physiotherapeuten – alle gesucht. Auch der Hunger der Arbeitgeber nach IT-Fachkräften ist beileibe nicht gestillt, von Softwareentwicklung bis Anwendungsberatung.
Warum es bei all diesen Job-Chancen nicht zu mehr Vermittlungen kommt? Die BA erklärt es so: Arbeitslose hatten zuletzt sehr häufig keinen Engpassberuf gelernt. Von den arbeitslos gemeldeten Fachleuten suchten nur rund ein Viertel eine Anstellung in „Engpässen“. Der Ausblick der Bundesanstalt macht durchaus Mut: Zwar hielten viele Unternehmen ihre gut eingearbeiteten Fachkräfte, suchen aber im Zuge des demografischen Wandels auch in den nächsten Jahren neue.