Im neuen Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes stehen mehrere Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Vereinigung Steuerverschwendung sieht. Es geht um Millionen Euro.
Millionen-Zuschüsse für das chronisch defizitäre Landgestüt Redefin, eine verstolperte Digitalisierung der Landesverwaltung, zu viele Spitzenbeamte in der Schweriner Stadtverwaltung: Der Bund der Steuerzahler hat in sein diesjähriges Schwarzbuch 100 Fälle mutmaßlicher Steuerverschwendung in Deutschland aufgenommen, fünf davon aus Mecklenburg-Vorpommern. Zwei weitere fanden zusätzlich Eingang in die Online-Ausgabe.
Landgestüt Redefin – „Luxus auf Steuerzahler-Kosten“
Pferdezucht, Reit- und Fahrausbildung, Hengstparaden und hochkarätige Klassik-Konzerte – das alles findet im Landgestüt Redefin statt, einem Landesbetrieb, der sich nicht selbst tragen kann. Laut Steuerzahlerbund flossen und fließen allein zwischen 2020 und 2025 rund 16,5 Millionen Euro in das Gestüt. „Verzichtbarer Luxus auf Kosten der Steuerzahler“, meint die Steuerzahler-Lobbyvereinigung.
Dazu Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD): „Das historische Landgestüt Redefin genießt als raumbedeutsames Denkmal einen besonderen Schutz und ist mit über 100.000 Gästen jährlich ein Besuchermagnet. Es ist das Zentrum der Pferdezucht und des Pferdesports in Mecklenburg-Vorpommern.“ Es sei vermessen zu glauben, dass sich ein solches Ensemble – mit ganz besonderen Anforderungen an den Denkmalschutz – selbst trage. Bei vielen anderen Denkmalen im Land werde die Frage nach der Wirtschaftlichkeit berechtigterweise auch nicht gestellt. „Niemand hat die Erwartung, dass sich das Schweriner Schloss selbst trägt und doch sind wir dankbar, dass wir es haben, dass es mit Leben gefüllt und öffentlich zugänglich gemacht wurde.“
„Schweriner Luxusverwaltung“
Die Landeshauptstadt Schwerin leistet sich laut Steuerzahlerbund seit zwei Jahren drei Beigeordnete – mehr Spitzenbeamte als vergleichbare Städte im Land und so viele wie das doppelt so große Rostock. „Dies führt zu einer unnötigen Belastung des Haushalts.“ Der dritte Posten koste jährlich mehr als 300.000 Euro. Der Steuerzahlerbund spricht von einem „Versorgungsposten“, um den politischen Proporz zu wahren. Der Vorwurf richtet sich gegen die Stadtvertretung.
Auch die Stadtverwaltung sieht die Situation kritisch. „Oberbürgermeister Rico Badenschier hatte an der Schaffung eines zusätzlichen Dezernatsbereichs im Vorfeld deutliche Kritik geäußert und auch die damit entstehenden Kosten kritisiert“, erklärte eine Stadtsprecherin. „Er hatte außerdem Widerspruch gegen die Entscheidung der Stadtvertretung eingelegt, musste sich aber dem anderslautenden Votum der Stadtvertretung beugen und die Neuordnung der Dezernate umsetzen.“
Verstolperte Digitalisierung der Landesverwaltung
Das Land MV wollte alle gut 30.000 Arbeitsplätze der Landesverwaltung mit einheitlicher PC-Technik ausstatten und dies aus dem schuldenfinanzierten MV-Corona-Schutzfonds bezahlen. Das geht nach Urteilen von Gerichten nicht, weil die Digitalisierung der Verwaltung nicht unmittelbar etwas mit Corona zu tun hat. Der Landesrechnungshof hatte schon die Vorarbeiten, die 5,9 Millionen Euro verschlangen, als fehlerhaft kritisiert und geht davon aus, dass dieses Geld in wesentlichen Teilen verloren ist. Der Steuerzahlerbund sieht das ähnlich: „Bei der Digitalisierung bekleckert sich das Land einmal mehr nicht mit Ruhm.“
Dazu die Sprecherin von Innenminister Christian Pegel (SPD): „Richtig ist, dass mit Wegfall des „MV-Schutzfonds“ die ursprüngliche Finanzierungsgrundlage für das Programm ZENTRA – vormals MV-PC – weggefallen ist. Es ist aber nicht korrekt, dass die Vorarbeiten und die dafür geleisteten Ausgaben von rund 5,9 Millionen Euro verloren sind beziehungsweise nicht für eine Neuinitiierung genutzt werden können.“ Sie räumt ein, dass für die hohe technische und koordinative Komplexität das Programm in der bisherigen Form personell nicht hinreichend aufgestellt war. Das Projekt soll nach ihren Worten nun neu als „MV-PC 3.0“ realisiert werden.
Gutachten für abgerissenes Schloss Putbus
In Putbus wurde laut Steuerzahlerbund mit Steuergeld aus dem Strategiefonds des Landes eine 68.000 Euro teure Machbarkeitsstudie zum Wiederaufbau des Schlosses Putbus erstellt. „Die Stadt – als Eigentümerin – wusste nichts davon. Und auch sonst hält sich die Begeisterung in Grenzen“, so die Vereinigung. Das Schloss wurde demnach 1964 abgerissen.
Die Sprecherin von Innenminister Pegel bestätigte: Der Förderverein Fürstliches Schloss zu Putbus habe einen Förderantrag auf Mittel aus dem damaligen Strategiefonds des Landes gestellt, auf Initiative eines CDU-Landtagsabgeordneten. „Ziel der Studie war es, eine schlüssige, funktionsfähige und zukunftsorientierte Nutzung des Schlosses Putbus unter Einbeziehung des Umfeldes, wie dem Marstall, zu erstellen. Die geförderte Studie stellte die Grundlage für einen möglichen Wiederaufbau dieses Denkmals von nationaler Bedeutung dar.“ Das Projekt des Fördervereins sei grundsätzlich förderfähig gewesen.
Eine Million Euro für ein nie gebautes Theaterzelt
Ein Theaterzelt sollte in Greifswald als Übergangslösung während der Sanierung des Theaters dienen, so der Bund der Steuerzahler. „Doch es kam anders. Nun muss die Stadt trotzdem eine Million Euro bezahlen.“ Nach diversen Verzögerungen habe die Stadt den Vertrag mit dem Unternehmen storniert und solle nun eine Million Euro für Vorleistungen und entgangenen Gewinn zahlen. Eine Stellungnahme der Stadt lag zunächst nicht vor.
Feuerwehr darf Alt-Fahrzeug nicht nachnutzen
Die Freiwillige Feuerwehr Kummerow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) hat ein neues Löschfahrzeug mit hoher Förderung des Landes bekommen. Dafür sei man dankbar, betont Bürgermeister André Ebeling. Das alte Löschfahrzeug, für das nach seinen Worten höchstens 7.000 Euro zu bekommen wären, wollten die Kameraden zum Mannschaftswagen umfunktionieren, um bei Bedarf zusätzliche Kameraden zum Einsatzort zu bringen. Das sei vom Innenministerium aber versagt worden. Auf das neue Löschfahrzeug passten nur sechs Personen. Ein neuer Mannschaftswagen würde laut Bürgermeister bis zu 70.000 Euro kosten. Das Geld habe die klamme Kommune nicht. Der Steuerzahlerbund spricht mit Blick auf das Innenministerium von einer „Provinzposse“.
Dazu sagt das Innenministerium: Im geltenden Brandschutzbedarfsplan der Kommune sei nur ein Fahrzeug vorgesehen. Sollte es nötig sein, ein weiteres Fahrzeug vorzuhalten, um genügend Kameraden zu einem Brandort zu bringen, müsse dies in einem neuen Brandschutzbedarfsplan niedergeschrieben werden. Eine entsprechende Aufforderung sei an die Gemeinde ergangen.
1,2 Millionen Euro für „Bürgerplatz“ in unwirtlicher Lage
Ein ehemaliger Parkplatz im Schatten der Staatskanzlei in Schwerin wurde für 1,2 Millionen Euro zum „Bürgerplatz“ umgestaltet, inklusive Betonplastik. Allerdings lade die Lage des Platzes, an einer vielbefahrenen Hauptstraße, gleich neben dem weitläufigen Schlossgarten, nicht zum Verweilen ein, moniert der Steuerzahlerbund und fragt: „Ob damit der Zweck des Platzes, Raum für Begegnungen zu schaffen, erfüllt werden kann?“ Eine Stellungnahme des zuständigen Finanzministeriums lag zunächst nicht vor.