Naturerlebniszentrum, neues Gefängnis, Brückenbau, Straßensanierung – aus Sicht des Bunds der Steuerzahler läuft in Sachsen-Anhalt bei mehreren Bauprojekten einiges schief.
Der Bund der Steuerzahler hat die Sinnhaftigkeit mehrerer Bauprojekte in Sachsen-Anhalt infrage gestellt und dem Staat eine Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen. Diese Fälle tauchen im neuen „Schwarzbuch“ der Organisation auf:
Kohlemittel für Naturerlebniszentrum
Am Stausee Kelbra (Landkreis Mansfeld-Südharz) rasten viele Kraniche, dort soll ein Naturerlebniszentrum entstehen. Rund 7,2 Millionen Euro sollen aus Mitteln kommen, die zur Abmilderung der Folgen aus dem Kohleausstieg gedacht sind. Doch Kelbra ist von den Tagebauen und Kraftwerken, bei denen infolge des Kohleausstiegs die Arbeitsplätze wegfallen, aus Sicht der Organisation zu weit entfernt. Die angestrebten Effekte zur Abmilderung der Auswirkungen des Strukturwandels seien „äußerst zweifelhaft“. Das Vorhaben müsse gestoppt werden, hieß es. „Die Mittel sollten besser dort investiert werden, wo durch den Kohleausstieg Jobs in Kraftwerken und Tagebauen wegfallen.“
Das Umweltministerium teilte auf Anfrage mit, es gehe darum, in den Strukturwandelregionen Investitionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur zu fördern. „Der Ausbau der touristischen Infrastruktur ist dabei einer der Förderschwerpunkte“, sagte ein Sprecher. Das Naturerlebniszentrum verknüpfe nachhaltige Wertschöpfung durch naturnahe Tourismusentwicklung in der Region mit Naturschutzanliegen und Umweltbildung.
Kritik an Gefängnisplanung
2021 hatte das Land wegen absehbar ausufernder Kosten einen Gefängnisneubau in Halle gestoppt und plant nun den Bau an der A14 in Halle-Tornau. Damit drohe nicht nur ein neues Planungsdesaster, sondern auch eine teurere und unwirtschaftliche Lösung, warnt der Steuerzahlerbund. Eine belastbare Kostenschätzung für das Projekt liege bisher nicht vor. Die neue Planung wirke auch deshalb unausgegoren, weil beim Scheitern der Neubaupläne auch wieder der Ausbau am alten Standort als Plan B ins Gespräch gebracht werde. „Intransparent und nicht zu Ende gedacht“, so das Fazit der Organisation.
Das Finanzministerium hatte in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Gefangene ab dem Jahr 2025 ein Recht auf eine Einzelzelle und mehr Platz haben. Auch deshalb ist der Gefängnisneubau geplant. Die JVA soll auf einem fast 17 Hektar großen Areal 2029 in Betrieb gehen, es sind rund 440 Haftplätze vorgesehen.
Teure neue Brücken
In Halle sollen zwei neue Brücken über die Saale errichtet werden. Die Planungen für diese beiden neuen Brücken für Fußgänger und Radfahrer gibt es bereits seit Jahren. Im Jahr 2019 nannte die Stadtverwaltung gegenüber dem Stadtrat Kosten von rund 2,75 Millionen Euro für die Salinebrücke und 2,25 Millionen Euro für die Sandangerbrücke. Inzwischen werden laut dem Steuerzahlerbund für den Neubau der beiden Brücken bis spätestens 2028 insgesamt rund 7,7 Millionen Euro Gesamtausgaben geschätzt. Die Kosten liefen aus dem Ruder, hieß es. Zudem sei die Notwendigkeit für den Bau wegen bereits bestehender Brücken in der Nähe äußerst zweifelhaft.
Umbau einer Bundesstraße
Der Bund der Steuerzahler rügt den aus seiner Sicht unnötigen Umbau einer Bundesstraße im Burgenlandkreis. Insgesamt sei für rund 500.000 Euro ein jahrelang genutzter, etwa 100 Meter langer Straßenabschnitt neu ausgebaut worden, nur um eine S-Kurve zu begradigen, so die Kritik. Diese Korrektur sei wenig nachvollziehbar, da die bisherige Strecke den fließenden Verkehr nicht behindert habe, hieß es.
Das Infrastrukturministerium sieht es anders. Die Baumaßnahme sei erforderlich gewesen, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Bei der Sanierung vor einigen Jahren sei zunächst ein Provisorium errichtet worden, da ein Eigentümer eines Flurstückes im Umland nicht bereit war, einen Teil seiner Fläche für die Realisierung des Vorhabens zur Verfügung zu stellen. Nun seien „die nicht regelkonformen Radien“ beseitigt worden. „Alles in allem entsprach das Provisorium nicht den Anforderungen an eine Bundesstraße mit entsprechender Verkehrsbelegung.“
Den Steuerzahlerbund überzeugt das nicht. „Wieso eine vollkommen intakte Straße wieder aufgerissen und grundhaft neu ausgebaut werden musste, bleibt wenig nachvollziehbar, insbesondere auch deshalb, weil sie schon jahrelang ohne Probleme befahren wurde und keine Einschränkung für den fließenden Verkehr verursachte“, so die Einschätzung.