Der Schlag gegen eine Kinderporno-Seite mit hunderttausenden Usern ist für die Ermittler ein Erfolg. NRW-Innenminister Reul fordert nun mehr Rechte, damit sich Täter nirgendwo sicher fühlen können.
Nach dem Ermittlungserfolg gegen eine riesige Online-Plattform für kinderpornografische Bilder und Videos fordert NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mehr Befugnisse für die Fahnder. „Auf absehbare Zeit werden wir nicht mehr mit den riesigen Datenmengen, die auf uns einprasseln, umgehen können“, sagte Reul der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen mehr Befugnisse statt ideologiegeführter Datenschutzdebatten.“
Fahnder aus Nordrhein-Westfalen hatten am Dienstag einen großen Erfolg gegen Kinderpornografie im Internet vermeldet. Sie kamen den mutmaßlich führenden Hintermännern einer Plattform auf die Spur, über die Hunderttausende User im Darknet kinderpornografisches Material getauscht haben sollen. Die Seite konnte abgeschaltet werden. Der Fall sei „schwindelerrengend groß“ betonte Reul.
„Schneller wissen, wer da wo hinter dem Rechner sitzt“
Um Tätern etwa bei Kindesmissbrauch oder bei Anti-Terror-Ermittlungen rechtzeitig auf die Spur zu kommen, forderte Reul erneut die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten. „Das Darknet darf niemals eine Komfortzone für Kriminelle werden. Auch da darf sich kein Verbrecher sicher fühlen“, sagte er. „Wir müssen an die IP-Adressen dieser Leute ran. Das predige ich, seitdem ich Minister bin. Wir müssen schneller wissen, wer da wo hinter dem Rechner sitzt.“
Die Vorratsdatenspeicherung, bei der ohne Anlass auf Vorrat Telekommunikationsdaten für eine gewisse Zeit gespeichert werden, ist politisch seit Jahren heftig umstritten. „Wir müssen überlegen, was uns wichtiger ist: der Schutz von Daten oder von Menschenleben. Ich bin für Letzteres“, argumentierte Reul.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte mehr technische Unterstützung für die Ermittler. Nicht nur im aktuellen Fall seien die Ermittler „mit einer unglaublichen Menge an Bildern und Videos konfrontiert, die nur mit Künstlicher Intelligenz bewältigt werden kann“, sagte GdP-Vorstandsmitglied Ernst Herget. „Hier sind erhebliche Investitionen nötig, die wir im NRW-Haushalt so bisher nicht sehen.“
Datenträger füllen 94 Umzugskartons
Im Rahmen der Ermittlungen gegen die Darknet-Plattform hatte es im September Durchsuchungen in sechs Bundesländern gegeben. In Nordrhein-Westfalen schlugen die Einsatzkräfte nach Informationen aus Sicherheitskreisen in Minden und Neuss zu. Insgesamt wurden den Ermittlern zufolge 1.517 Asservate wie Laptops und Handys gefunden. Allein die sichergestellten Datenträger füllten 94 Umzugskartons. Die gesamte Datenmenge könne derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden. Auf dem Rechner eines einzigen Beschuldigten seien 13,5 Terabyte auszuwerten – das entspreche etwa 3,4 Millionen Fotos, sagte Reul.
Die Tatverdächtigen sind zwei 45 und 56 Jahre alte Männer aus Nordrhein-Westfalen, ein 43-Jähriger aus Schleswig-Holstein, ein 61-Jähriger aus Baden-Württemberg, ein 62-Jähriger aus Niedersachsen, ein 69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz und ein 45-Jähriger aus Bayern. Sechs Verdächtige seien in Untersuchungshaft. Ermittelt werde gegen sie wegen bandenmäßiger Verbreitung kinderpornografischer Inhalte.
Appell an User: Reue zeigen und sich Hilfe holen
Die Fahnder wollen nun auch möglichst viele einfache Nutzer der Seite identifizieren. Ermittlungsleiter Kai-Arne Gailer appellierte an Konsumenten kinderpornografischer Inhalte, sich „Hilfe zu holen und Reue zu zeigen“. Wenn die Polizei vor der Tür stehe, sei es dafür zu spät. Wer Fotos und Videos vom sexuellen Missbrauch Minderjähriger konsumiere, schaffe den Markt dafür, dass Kinder immer wieder aktiv missbraucht würden. „Sie zerstören diese Kinderseelen“, betonte Gailer.