Finfluencer: Kritik an Madame Moneypenny: „Keinen vierstelligen Betrag wert“

Viele Frauen setzen beim Investieren auf kostenpflichtige Programme wie das von Madame Moneypenny. Doch lohnt sich das? Die Finanzaufsicht und Verbraucherschützer sind skeptisch.

Für Natascha Wegelin ist das größte Problem das „Mindset“. Viele Frauen in ihrem Coaching wüssten schon viel über Geldanlage, würden aber trotzdem nicht investieren. Dies liege an Glaubenssätzen wie: „Kann ich sowieso nicht. Finanzen sind Männersache. Ich war nie gut in Mathe. Alle Reichen sind böse. Geld stinkt.“ In einer Woche des achtwöchigen Workshops gehe es nur um „Glaubenssatzarbeit“. Das erzählte die Finanzinfluencerin Wegelin, die unter dem Namen Madame Moneypenny bekannt ist, kürzlich im Podcast „Fast & Curious“.

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Aus dieser „Mindset“-Arbeit hat Wegelin ein einträgliches Geschäft gemacht. Seit einigen Jahren richtet sie sich mit ihrem Programm an Frauen – und will sie dazu bringen, ihr Geld anzulegen. In den sozialen Medien ist sie eine Größe: 265.000 Menschen folgen ihr auf Instagram. Wegelin ist in den sozialen Netzwerken besser vernetzt als viele der großen Finanzmarken, wie eine Auswertung der Agentur Kemmler Kemmler für Finance Forward zeigt. Knapp zwei Millionen Euro hat sie 2022 als Jahresgewinn eingefahren.

Tausende Euro für ein Finanzcoaching

Dabei hat sie früh eine Marktlücke entdeckt, denn viele der großen Finanz-Influencer sind Männer. Gleichzeitig ist der Bedarf groß, Frauen gezielter anzusprechen: In Deutschland legen laut dem Aktieninstitut insgesamt 4,7 Millionen Frauen ihr Geld in Aktien an, bei den Männern sind es 7,6 Millionen. Unwissenheit sei dabei nicht der Grund, bestätigt Christian Hoffmann, der an der Universität in Leipzig zu Finanzkommunikation forscht: „Frauen sind naturgemäß risikoaverser.“ Wieso, wisse die Forschung noch nicht so genau. „Eine Theorie kommt aus der Biologie: Männer besitzen mehr des Aggressionshormons Testosteron, das sie vermutlich risikofreudiger macht.“

Entsprechend anders muss die Ansprache sein, die Finfluencerinnen wie Wegelin in den vergangenen Jahren perfektioniert haben. Bei ihren Formaten geht es um lebensnahe Themen, um Empowerment, um die Rentenlücke durch Kindererziehung. Damit erreichen sie Millionen Frauen und begeistern sie für Geldanlagen.

So sind Influencerinnnen wie Madame Monneypenny, Femme Invest oder Corinne Brecher im Börsenboom groß geworden und setzen auf ein Geschäftsmodell: Finanzcoachings, ganz speziell für Frauen. Kostenpunkt: gern mal ein paar tausend Euro.

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Wer von Natascha Wegelin lernen will, wie „Vermögensaufbau für Frauen“ funktioniert, kann mithilfe ihres kostenlosen Contents in den sozialen Netzwerken oder Podcasts tun, ihr Buch kaufen oder für einen laut ihrer Homepage undefinierten, „mittleren vierstelligen Betrag“ ihr Finanzcoaching absolvieren. Eine ordentliche Summe dafür, dass sie für „Do it yourself“ in Sachen Finanzen plädiert. Die Kommentare unter ihren Beiträgen scheinen ihr Recht zu geben: Das Coaching sei für viele ein Weckruf gewesen, sich endlich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen.

Ehemalige Kundinnen ärgern sich über Madame Moneypenny

Auf anderen Plattformen sind die Töne allerdings rauer – und unzufriedener. Nutzerin Sxah schreibt etwa auf Reddit: „Man muss sie als das sehen, was sie ist: Ein Motivationscoach, kein Finanzcoach. Sie hat nicht einmal wirklich Ahnung von Finanzen und sagt das sogar mehr oder weniger offen (…) Im Grunde sagt sie den Leuten nur, dass diese sich selbst einlesen sollen und gibt auch widersprüchliche Empfehlungen.“ Eine andere Absolventin schreibt auf Trustpilot: „Der Videokurs war ok, um den Hintern hochzubekommen. Neue Infos waren es nicht. (…) Die Videos sind amateurhaft gedreht, inhaltlich ok, teilweise aber schon etwas älter. Es sollte sich jeder selbst überlegen, ob die 5.000 Euro nicht besser in ETFs investiert sind.“

Eine dritte bemängelt dort, dass sie „für diesen Preis erwartet hat, dass sich das Team die Verträge, die man selbst abgeschlossen hat, anschaut, analysiert und Tipps gibt, ob und wo man etwas ändern sollte. Doch dafür muss man nochmal einen Termin für ein Mentoring vereinbaren und wieder mehrere hundert bis 1.000 Euro für eine individuelle Beratung bezahlen.“ Und eine weitere schreibt, dass sie den Gruppenkurs, der mehr kostet als mehrere Einzelsitzungen bei einem Finanzberater, als undurchsichtig und unseriös empfunden habe.

Nicht nur Nutzerinnen in den sozialen Netzwerken sehen die Geschäftsmodelle kritisch – auch die Finanzaufsicht und Verbraucherschützer. Werner Bareis von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg urteilt: „Finanzen und Altersvorsorge sind keine Raketenwissenschaft. Solche Grundwissen-Coachings können gar nicht so einen Mehrwert bieten, als dass sie einen vierstelligen Betrag wert sind. Viele Teilnehmende landen in einer Spirale, weil sie Folgeangebote nutzen, die wieder Geld kosten.“

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Öffentlich sieht das sogar Promi-Influencerin Natascha Wegelin ähnlich: „Es gibt so viele Informationen da draußen kostenlos.“ Etwa auf Youtube oder in Podcasts. „Der Zugang an sich heute kostet ja kein Geld“, so Wegelin in dem Podcast „Fast & Curious“.

Eine Mitarbeiterin von Madame Moneypenny sagt zu den Vorwürfen auf Anfrage: „Wir möchten unterstreichen, dass wir ein Mentoring-Programm und keine Finanzberatung anbieten. Unser Ziel ist es, Frauen zu befähigen, nicht passiv zu bleiben, sondern fundierte finanzielle Entscheidungen auf Faktenbasis zu treffen – auch in zukünftigen Lebenslagen. Die Erfahrung vieler unserer Teilnehmerinnen zeigt, dass erst durch unser Programm das nötige Selbstbewusstsein entstanden ist, aktiv zu handeln.“ Vor der Teilnahme fänden zwei kostenlose persönliche Gespräche statt, in denen geklärt wird, ob das Mentoring-Programm für die Interessentin passend sei.

Finanzaufsicht stellt Rechenbeispiel auf

Dabei steht nicht nur Madame Moneypenny in der Kritik: Emilia Bolda etwa bietet ihren ETF-Kurs aktuell auf ihrer Webseite für rund 699 Euro an. Eine Absolventin schreibt zu dessen Inhalt: „Wirklich alles, was erklärt wurde, wusste ich schon und dieses Wissen habe ich komplett kostenlos erlangt. (…) Ich bin 500 Euro ärmer, kein bisschen schlauer, habe immer noch keine Ahnung, wie ich nun die bestmöglichen ETF‘s für mich aussuche (es wurden ja nur die beliebtesten ETF’s, die jeder kauft aufgegriffen) und wie und wo ich eine genaue Analyse explizit durchführe.“ Auf eine Anfrage von Finance Forward reagierte sie nicht.

Am Ende können die teuren Coachings, zu dem Problem beitragen, das sie eigentlich bekämpfen wollen: Sie beeinträchtigen die potentielle Rendite einer Altersvorsorge massiv. Wie stark die Auswirkung ist, hat die Finanzaufsicht Bafin mit einem Rechenbeispiel illustriert: Für ein Programm, das 2.700 Euro kostet, müssten zusätzlich 10.000 Euro angelegt werden, die dann eine jährliche Rendite von knapp fünf Prozent abwerfen müssten. Dann hätten sich die Coachingkosten gelohnt – nach fünf Jahren.

Dieser Text erschien zuerst bei Finance Forward, dem Magazin für die neue Finanzwelt, das in Kooperation zwischen Capital und OMR entsteht.