Die FDP-Fraktion im Bundestag erhöht den Druck auf den grünen Koalitionspartner, einen härteren Kurs in der Migrationspolitik zu fahren. Der Fraktionsvorstand beschloss am Wochenende einen Neun-Punkte-Plan „für eine Migrationswende“. Er greift die Vorschläge aus den schwarz-grün regierten Bundesländern auf, die diese Ende September im Bundesrat zur weiteren Reform des Asylsystems vorgelegt hatten. Zudem fordert die FDP-Fraktion Leistungskürzungen für bestimmte Asylbewerber.
Deutschland brauche „eine neue Realpolitik“ in der Migration, heißt es in dem FDP-Papier. Das Thema dürfe nicht den politischen Rändern überlassen werden. Die irreguläre und ungesteuerte Migration nach Deutschland sei „weiterhin zu hoch“.
Zu den Vorschlägen der schwarz-grün regierten Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gehört die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten. Im FDP-Papier werden die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko sowie Indien, Kolumbien und Armenien genannt. Weitere Vorschläge sind etwa ein verschärftes Ausweisungsrecht oder dass die Bundespolizei Ausreisepflichtige schneller in Haft nehmen kann.
„Auf Landesebene machen die ersten Grünen den Weg frei für zentrale Verschärfungen in der Asylpolitik, die die FDP seit langen fordert“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der „Bild am Sonntag“. Das sei die Chance für eine „echte Migrationswende“. Jetzt komme es auf die Grünen im Bund an.
Abgelehnte Asylbewerber, die Deutschland verlassen müssen, sollen nach dem Willen der FDP-Fraktion deutlich weniger Unterstützung bekommen. „Künftig sollten die Leistungen für alle ausreisepflichtigen Asylbewerber aufs Bett-Seife-Brot-Minimum gekürzt werden“, sagte Dürr der „Bams“. „Damit stellen wir sicher, dass es keinen Anreiz mehr gibt zu bleiben.“ Alle anderen Sozialleistungen sollen bis auf ein Taschengeld gestrichen werden.
Zudem will die FDP-Fraktion, dass mehr Asylverfahren in Drittstaaten ausgelagert werden können. Bislang gilt hier, dass jemand eine Verbindung in diesen Drittstaat haben muss. Das will die FDP streichen.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay von den Grünen warnte seine Partei in der „Welt am Sonntag“ vor einem anbiedernden Kurs in der Klima- und Migrationspolitik. „Bündnisfähigkeit entsteht nicht dadurch, dass man alle Positionen räumt“, sagte er der Zeitung. „Der Verlust an Sympathie, die Angriffe, denen wir Grüne derzeit ausgesetzt sind, gehen nicht dadurch weg, dass man sich hinreichend anschmiegsam zeigt und möglichst pragmatisch erscheint.“
Attraktiv seien die Grünen, „wenn wir Machtoptionen haben. Und um Machtoptionen zu bekommen, brauchen wir Klarheit, ein breites Kreuz und die Bereitschaft, unsere Themen durchzuboxen“, sagte Onay weiter. Er wird zum linken Parteiflügel gezählt.