Regierungsbildung: Haushalt und Bürokratie – erste Sondierungsrunde in Erfurt

CDU, BSW und SPD peilen in Thüringen eine „Brombeer-Koalition“ an. Erste Schritte auf dem Weg werden jetzt gegangen.

Vier Wochen nach der Landtagswahl in Thüringen loten die Spitzen von CDU, BSW und SPD in Sondierungsgesprächen die Chancen für eine sogenannte Brombeer-Koalition aus. Nach der ersten Runde in Erfurt sagten Vertreter der drei Parteien, es gehe um stabile Verhältnisse, aber auch um Veränderungen in Thüringen. 

Bei den Sondierungsgesprächen soll über politische Gemeinsamkeiten, aber auch Trennendes im Vorfeld möglicher Koalitionsverhandlungen gesprochen werden. Die zweite Sondierungsrunde ist für diesen Mittwoch geplant. 

Brombeer-Koalition ohne eigene Mehrheit 

In Thüringen war die AfD erstmals in Deutschland als stärkste Partei aus einer Landtagswahl hervorgegangen. Sie landete deutlich vor der CDU, die den Auftrag der Regierungsbildung bei sich sieht. Das BSW kam auf den dritten Platz. Die Linke des noch amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow landete auf Rang vier. Die SPD schaffte mit einem einstelligen Ergebnis den Einzug in den Landtag, dem Grüne und FDP nicht angehören. 

Die Regierungsbildung in Thüringen ist nach dem Wahlergebnis extrem schwierig. Eine „Brombeer-Koalition“ käme im Landtag nur auf 44 von 88 Stimmen. Um das Patt aufzulösen, müsste mindestens eine Stimme von der Opposition kommen.  

Schuldenbremse nicht infrage gestellt 

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, sprach von vertrauensvollen und ernsthaften Gesprächen der drei potenziellen Partner. Es sei zunächst um die Modernisierung der Verwaltung, Bürokratieabbau sowie die künftige Haushaltspolitik gegangen. Die CDU wolle Zukunftsinvestitionen ermöglichen, gleichzeitig aber die Schuldenbremse einhalten. 

Der parlamentarische Geschäftsführer der Wagenknecht-Partei BSW, Tilo Kummer, sagte, seine Partei wolle die Verwaltung stärker als Dienstleister für Bürger und Unternehmen profilieren. Trotz Schuldenbremse solle die finanzielle Lage der Kommunen verbessert werden.  

Die Vize-Vorsitzende der SPD, Katharina Schenk, machte deutlich, dass die Sozialdemokraten als langjährige Regierungspartei die sozialen Errungenschaften der vergangenen Jahre erhalten wollen. In den Gesprächen mit CDU und BSW müsse geklärt werden, in welchen Politikfeldern es Konsens und in welchen Dissenz bestehe. Schenk vertrat bei dem Treffen, an dem die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU und BSW teilnahmen, Thüringens SPD-Chef Georg Maier, der an einer Infektion erkrankt ist. 

BSW-Chefin Katja Wolf sagte zu Beginn der ersten Sondierungsrunde: „Wir sind gut vorbereitet, wir sind tatsächlich voller Energie und wir wissen, um was es geht, nämlich Thüringen gut zu gestalten.“ 

Die Sondierungen sind eine Vorstufe für mögliche Koalitionsverhandlungen. Eine Art Kennenlerngespräche mit den Spitzenvertretern der beiden anderen Parteien hatte Thüringens CDU-Parteichef Mario Voigt bereits in den vergangenen Wochen geführt. Voigt strebt das Ministerpräsidentenamt an, nachdem die CDU in Thüringen zehn Jahre in der Opposition war. 

 Forderungen der Wagenknecht-Partei, auch Thüringens Position zum Krieg in der Ukraine in die Verhandlungen einzubeziehen, stießen in den vergangenen Wochen bei den beiden anderen Partnern auf große Skepsis. Der Thüringer SPD-Nachwuchs sprach sich kurz vor Beginn der Sondierung gegen eine Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten aus.