Immer wieder finden Geflüchtete in einem Kirchenasyl Sicherheit vor einer drohenden Abschiebung. In Hamburg ist das nun erstmals kein sicherer Hafen mehr gewesen. Die Kirche reagiert mit Sorge.
In Hamburg ist erstmals ein geflüchteter Mensch abgeschoben worden, der in einem Kirchenasyl Zuflucht gefunden hatte. Am Morgen sei die Rücküberstellung des afghanischen Staatsbürgers mit dem Ziel Schweden erfolgt, teilte die Innenbehörde in Hamburg mit. Der 29-Jährige hatte in einer katholischen Pfarrei der Hansestadt Zuflucht gefunden.
Zuvor war die Prüfung individueller Härten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt worden. Die Ausländerbehörde Hamburg sei lediglich Vollzugsbehörde und müsse die Rücküberstellung übernehmen, hieß es weiter.
Der 29-Jährige hatte den Angaben zufolge nach seiner Ausreise aus Afghanistan vor neun Jahren zunächst bei Angehörigen in Schweden gelebt und dort einen Asylantrag gestellt. Der sei abgelehnt worden. Deshalb sei der Mann im Frühjahr dieses Jahres nach Deutschland gekommen. Ein erneuter Antrag wurde mangels Zuständigkeit vom BAMF abgelehnt. Daraufhin begab sich der Mann im Sommer ins Kirchenasyl.
Evangelische Kirche will weiter für Kirchenasyl eintreten
Die Bischöfin der evangelisch-lutherischen Nordkirche, Kirsten Fehrs, zeigte sich besorgt. „Die Abschiebung eines jungen Mannes aus einem Kirchenasyl der katholischen Kirche in Hamburg erfüllt mich mit großer Sorge. Kirchenasyl ist keine leichtfertige Entscheidung, sondern eine Form des humanitären Schutzes“, sagte Fehrs laut Mitteilung. Sie ist auch amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Kirchengemeinden gewährten diesen Schutz nach sorgfältiger Prüfung, wenn sie in der Umsetzung des Asylrechts schwerwiegende Mängel oder Gefahr für Leib und Leben sehen. In den vergangenen Wochen habe es bundesweit immer wieder Fälle gegeben, in denen staatliche Behörden das Kirchenasyl gebrochen hätten. „Als Kirchen werden wir weiter gemeinsam dafür eintreten, dass das Kirchenasyl als letzte Zuflucht im Sinne einer menschenwürdigen Asylpraxis erhalten bleibt.“
Ziel des Kirchenasyls ist es, dass die Flüchtlinge doch ein Bleiberecht in Deutschland erlangen. Sakrale Räume haben eine jahrhundertealte Schutztradition. Die Flüchtlinge leben aber in den seltensten Fällen direkt in der Kirche, vielmehr im Gemeinde- oder Pfarrhaus oder anderen Räumen. Dort sind sie weitgehend vor einem polizeilichen Zugriff geschützt, denn der deutsche Staat achtet in der Regel das Kirchenasyl.
Hamburger Linksfraktion: absoluter Tabubruch
Die Linksfraktion der Hamburgischen Bürgerschaft kritisierte die Räumung des Kirchenasyls als absoluten Tabubruch. „Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass das in Hamburg passieren kann. Die kirchliche Entscheidung, einem Menschen Asyl zu geben, darf nicht angetastet werden. Abschiebungen aus dem Kirchenasyl darf es nicht geben!“, sagte Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion laut Mitteilung.
Das Kirchenasyl müsse als gesellschaftlich anerkannter Schutz respektiert werden, auch wenn es sich im rechtlichen Sinn nicht um ein echtes Asyl handele. „Ich erwarte von Innensenator Andy Grote, dass er den Kirchen eine verbindliche Zusage macht, dass so etwas nicht wieder geschieht.“