Die größte Stadt in MV will bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit neue Wege gehen. Denn nach einer bestimmten Zeit ist es erfahrungsgemäß besonders schwer, Menschen von der Straße zu bekommen.
Als nach eigenen Angaben erste Kommune in Mecklenburg-Vorpommern will Rostock ein neues Konzept samt fester eigener Wohnung im Umgang mit Obdachlosen erproben. Das „Housing First“-Konzept (deutsch etwa Unterbringung zuerst) setze dort an, wo andere Hilfsangebote nicht weiter kommen, heißt es von der Stadt. Es verstehe Wohnen als Menschenrecht.
„Die Gemeinschaftsunterbringung in Obdachlosenasylen wird in Rostock stark nachgefragt“, erklärte Sozialsenator Steffen Bockhahn. Die Anschlusshilfen sollten nur für eine begrenzte Zeit genutzt werden. „Doch die Realität ist oft eine andere. Wenn es uns innerhalb der ersten eineinhalb Jahre nicht gelingt, das Leben der Betroffenen wieder in geregelte Bahnen zu lenken, bleiben sie in der Regel viele Jahre obdachlos.“
Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder bereits betroffen sind, bekommen demnach eine feste eigene Wohnung und werden unter anderem von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern begleitet. Der Ansatz des „Housing First“ stammt aus den USA und stellt die Wohnungsvermittlung an den Anfang des Hilfeprozesses für obdachlose Menschen. Eine eigene Wohnung soll die Grundlage für einen individuellen Stabilisierungsprozess bilden.
Sichtbare und weniger sichtbare Obdachlose
Nach Angaben der Stadt leben in Rostock schätzungsweise etwa 60 bis 80 obdachlose und knapp 300 wohnungslose Menschen. 2023 hätten insgesamt 597 Menschen die Wohnungslosennotfallhilfe in Anspruch genommen. Hinzu kämen Obdachlose, die Hilfsangebote ablehnen sowie solche, die im Stadtbild untertauchen oder temporäre Unterbringungen bei Freunden und Familie nutzen. Zu den statistisch nicht erfassten Wohnungslosen zählen demnach auch Menschen, die in Gartenanlagen oder ähnlichen provisorischen Unterkünften Unterschlupf finden.
„Housing First“ sei Teil eines neuen Projekts, das Menschen vor Obdachlosigkeit schützen soll, vier Jahre laufen soll und mit 2,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützt wird.