„Liebling Kreuzberg“ ist zurück – als Spielfilm. Von den Hauptdarstellern des TV-Hits aus den 90er Jahren sind Anja Franke und Roswitha Schreiner übrig. Nicht nur die Schreibtischlampe wird entstaubt.
Nach mehr als 25 Jahren Pause holt die ARD das Erfolgsformat „Liebling Kreuzberg“ zurück aus der Versenkung. Schlapphut, Zigarren und Unmengen von Götterspeise waren von 1986 bis 1998 das Markenzeichen von Schauspieler Manfred Krug in der Rolle des schlitzohrigen Frauenhelden Robert Liebling, einem Berliner Rechtsanwalt und Menschenfreund. Doch Krug lebt schon seit 2016 nicht mehr. Und die Zukunft gehört den Frauen: Im Mittelpunkt der modernen Interpretation des Serien-Klassikers stehen Roberts Enkelin Lisa Liebling (Luise von Finckh) und Dr. Talia Jahnka (Gabriela Maria Schmeide). Mit ihnen prallen am Freitag ab 20.15 Uhr im Ersten gegensätzliche Welten aufeinander.
Die Prophezeiung des alten Mannes
Die neue Chefin Jahnka würde Lisa am liebsten sofort in die Wüste schicken. Kann sie aber nicht. Denn Trickser Liebling senior hat in Paragraf 12.1 des Partnergesellschaftsvertrages seinen Familienangehörigen einen Platz in der Kanzlei gesichert – und seiner damals elf Jahre alten Enkelin prophezeit, dass sie in seine Fußstapfen treten wird.
„Früher war es hier viel chaotischer“, schwärmt Lisa. „Ich verbinde nur die besten Erinnerungen mit diesem Ort. Es war eine Anlaufstelle für alle in Kreuzberg, die Hilfe gebraucht haben.“ Die eiskalte Chefin kontert: „Ja, kann ich mich dran erinnern. Allerdings hat unsere Kanzlei jetzt einen etwas anderen Fokus. Weniger Wald und Wiese und mehr klares Wirtschaftssegment.“
Ein Museum auf dem Dachboden
Nachwuchs-Juristin Lisa muss sich also mit einem frostigen Klima und einem Arbeitsplatz im Flur anfreunden. Gut, dass Rechtsanwaltsgehilfin Senta Kurzweg (Anja Franke) – sie war schon in den Folgen der 1980er und 1990er Jahre dabei – die Enkelin des toten Chefs mit offenen Armen empfängt. Das Büroinventar der Juristen-Legende hat sie vorsichtshalber auf den Dachboden gerettet – halb Museum, halb Möbellager: „Ich hab extra nüscht weggeworfen.“ Auch Lieblings Tochter Sarah (Roswitha Schreiner) ist wieder mit dabei.
Schon Lisas erstes Mandat löst nur Kopfschütteln aus, weil es kein Geld zu verdienen gibt: Sie vertritt einen Senioren (Winfried Glatzeder), der sich gegen ein Hausverbot in seinem Stammcafé zur Wehr setzt. „Dann hat Kreuzberg also wieder einen Liebling?“, frohlockt der.
Lisa wittert Altersdiskriminierung. Doch die junge Cafébetreiberin Mai (Nhung Hong) stellt es anders dar: „Er hat eine Transfrau beleidigt und wollte sie von ihrem Platz jagen.“ Lisa macht mit der Wirtin einen Deal und rutscht damit direkt in ihr nächstes kniffliges Mandat: Mais Eltern sind in Not, weil sie eine Wohnung vermieten, aber vergeblich auf die Miete warten.
Diversity und Gender-Debatten – Kreuzberg ist diverser geworden
Die Metropole an der Spree hat sich seit dem Auslaufen der Kultserie 1998 sehr verändert und der Film führt diese Unterschiede offensiv vor: Nicht nur die braune Schreibtischlampe von Liebling senior wird entstaubt. Das Format, das jetzt ein Wort länger „Kanzlei Liebling Kreuzberg“ heißt, ist deutlich diverser geworden. Und es wird immer wieder gegendert.
„“Liebling Kreuzberg“ war immer am Puls der Zeit und Robert Liebling ein Anwalt der kleinen Leute. Doch das Kreuzberg der späten 80er und frühen 90er existiert nicht mehr“, heißt es in einem Statement der Produzenten Alban Rehnitz und Lynn Schmitz. „Berlin ist keine geteilte Stadt mehr, die Gemütlichkeit ist dem Druck der Gentrifizierung gewichen, der Zeitgeist hat sich geändert. Wir haben lange überlegt, was unser moderner Ansatz für „Kanzlei Liebling Kreuzberg“ sein könnte. Wir haben ihn schließlich in den gesellschaftlich heiß diskutierten Wertvorstellungen und Arbeitsauffassungen der unterschiedlichen Generationen gefunden.“ Ganz bewusst habe man dabei zwei weibliche Hauptfiguren gegeneinander antreten lassen.
Hauptdarstellerin Luise von Finckh begegnet der Herausforderung, auf Krug zu folgen, mit Respekt. Sie fühle sich geehrt, „dass ich in die Fußstapfen dieses großen Künstlers und Aktivisten treten darf“, sagte sie. „Natürlich hoffe ich, dass sich die Zuschauer über einen zweiten Liebling – einen Liebling des 21. Jahrhunderts – freuen werden.“