Er sei viel zu süß, ein günstiger Fusel, schmecke nur auf Eiswürfeln mit einer Scheibe Orange. So das Vorurteil. Lambrusco, der unterschätzte Wein aus der Emilia-Romagna. Dass er ganz anders kann, beweisen die Winzer aus den Regionen, in der der Lambrusco geschützt ist.
Als Kopfschmerzwein ist der Lambrusco bekannt, viel zu süß, nur erträglich auf vielen Eiswürfeln und mit einer dicken Scheibe Orange. Dabei kann er ganz anders: zwar fruchtig, aber keineswegs süß, eher trocken. Tiefrot, fast schon violett und sprudelnd fließt er ins Glas, die Farbe ist typisch für den Lambrusco. Ein Wein, der aus der Rebsorte gleichen Namens produziert wird. Lambrusco gibt es in vielen Variationen, die Vitis-Datenbank, die vom Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen gepflegt wird, zählt 18 Lambrusco-Rebsorten wie Lambrusco Salamini oder Lambrusco Maestri .
Der perlende, fruchtige Rotwein wird überwiegend rund um Modena, Parma und Reggio Emilia produziert. Nur sortenreiner Wein darf sich Lambrusco nennen. Er wird als Stillwein ausgebaut, dann werden ihm Hefen zugesetzt, die die Gärung anregen und später fürs Sprudeln sorgen. Natürlich werden die Weine auch lieblich ausgebaut, also mit 40 bis 50 Gramm pro Liter Restzucker. Diese Weine werden dann massenhaft exportiert.
Lambrusco: Tiefrot, trocken und kraftvoll
Aber die besseren und interessanteren sind die Lambrusco-Weine, die trocken ausgebaut werden. Mit bis zu 15 g/l Restzucker. Beispielsweise der Colli di Parma Lambrusco vom Weingut Lamoretti. Winzer Giovanni Lamoretti hat sich 2013 dem Lambrusco gewidmet, Rebstöcke gepflanzt und den ersten Lambrusco 2018 abgefüllt. Der Wein ist tiefrot, fruchtig und geizt dennoch nicht mit Tanninen. Oder aber der Lambrusco di Sorbara DOP von Cantina della Volta mit 5 g/l Restzucker. Das Besondere: Hier erhält der Wein die Kohlensäure nicht durch eine zweite Gärung im Drucktank, sondern bei der zweiten Gärung in der Flasche. Der Lambrusco wird nach Champagner-Methode ausgebaut. Das bedeutet, er liegt 12 Monate auf der eigenen Hefe. Das Ergebnis: frisch, fruchtig, mit einer feinen Perlage wie man sie vom Champagner kennt.
Für Lambrusco gibt es vier DOC-Bereiche, („Denominazione di Origine Controllata“, kurz: DOC, Bezeichnung für herkunftskontrollierte Weine), drei davon liegen in der Emilia-Romagna: Die zwei wichtigsten Lambrusco di Sorbara und Lambrusco Grasparossa di Castelvetro sowie Salamino di Santa Croce. Ein weiteres Gebiet liegt außerhalb der Emilia-Romagna: Lambrusco Mantovano in der Lombardei. Wein richtig einkaufen_10.40Uhr
Lambrusco trinkt man zum Essen
Die Weine aus dem Lambrusco di Sorbara und Lambrusco Grasparossa unterscheiden sich in ihrer Stilistik. Die Weine aus der DOC di Sorbara sind elegant und bekannt für ihren Blumenduft mit Aromen von Orangenblüten, Kirschen und Veilchen. Die aus der DOC Grasparossa sind kraftvoll und trocken, mit Aromen von Heidelbeeren und schwarzen Johannisbeeren.
Lambrusco trinken die Italiener übrigens nicht als Aperitif, sondern zum Essen. Denn die Frische, die er mitbringt, passt zu den kräftigen Speisen wir Parmaschinken und Parmigiano Reggiano aus der Emilia-Romagna.
Bei aller Komplexität: Am Ende gilt es, sich durchzuprobieren und das Vorurteil vom billigen Fusel über Bord zu werfen.