Die Übernahme weiterer Anteile an der Commerzbank durch die italienische Bank Unicredit stößt bei der Bundesregierung auf Widerstand. „Unfreundliche Attacken“ und „feindliche Übernahmen“ seien „nicht das, was für Banken eine gute Sache ist“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag bei einem Besuch in New York. Die Unicredit hatte zuvor verkündet, dass sie ihre Beteiligung an der Commerzbank von neun auf 21 Prozent erhöht habe.
Die Bundesregierung halte es „nicht für ein angemessenes Vorgehen in Europa“, sich „ohne jede Kooperation, ohne jede Rücksprache“ an Unternehmen zu beteiligen, sagte Scholz. Das seien „unfreundliche Methoden“. Der Kanzler verwies darauf, dass die Commerzbank wirtschaftlich erfolgreich sei und eine wichtige Funktion dabei übernehme, dass die deutsche Wirtschaft und der deutsche Mittelstand ihre notwendige Finanzierung erhielten. Dafür sei auch ihre Unabhängigkeit bedeutsam.
Aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums in Berlin hieß es am Nachmittag, die Bundesregierung unterstütze die auf Eigenständigkeit ausgerichtete Strategie der Commerzbank. „Eine Übernahme unterstützen wir nicht. Dies haben wir Unicredit mitgeteilt“, hieß es weiter.
Die Unicredit hatte am Montagmorgen bekannt gegeben, dass sie weitere Anteile an der Commerzbank übernommen habe. „Zusammen mit der zuvor mitgeteilten Position von rund neun Prozent beträgt die Gesamtbeteiligung von Unicredit am Kapital der Commerzbank nun rund 21 Prozent“, erklärte die Bank. Damit würde die zweitgrößte italienische Bank den deutschen Staat, der derzeit noch zwölf Prozent an der Commerzbank hält, als größten einzelnen Anteilseigner ablösen.
Die Unicredit wies darauf hin, dass die jüngste Akquisition noch von der Zustimmung der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Erhöhung des Anteils der Commerzbank auf über zehn Prozent abhänge. Dies gilt jedoch als Formalie.
Außerdem habe sie bei der EZB beantragt, ihren Anteil an der Commerzbank auf 29,9 Prozent weiter erhöhen zu können, erklärte die Unicredit weiter. Sie sei nun „flexibel“: Sie könne ihre Beteiligung behalten, verkaufen oder zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen.
Der Bund war im Zuge der Finanzkrise 2008 zur Rettung bei der Commerzbank eingestiegen, will seine Anteile nun aber wieder verkaufen. Die Unicredit überraschte vor knapp zwei Wochen die Märkte – und offenbar auch die Bundesregierung – und kaufte für 702 Millionen Euro die ersten 4,5 Prozent an Commerzbank-Anteilen, die der deutsche Staat zum Verkauf gestellt hatte. Mit weiteren Anteilskäufen an der Börse erhöhten die Italiener ihre Anteile auf zunächst neun Prozent.
Unicredit-Chef Andrea Orcel warb anschließend offen für eine Komplettübernahme der zweitgrößten deutschen Bank. Die Entscheidungen würden unter Berücksichtigung „der Gespräche mit der Commerzbank, ihrem Vorstand und Aufsichtsrat sowie generell mit allen Beteiligten in Deutschland“ getroffen, erklärte die Bank nun. „Es gibt ein großes Wertschöpfungspotenzial, das von der Commerzbank entweder in einem eigenständigen Szenario oder innerhalb der Unicredit abgeleitet werden kann.“
Deutsche Oppositionspolitiker und besonders die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierten die Möglichkeit einer Übernahme durch die Unicredit scharf und forderten den Bund auf, dies zu verhindern. Der deutsche Bankenmarkt würde durch eine Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit „massiv geschwächt“, sagte Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) am Montag. „Diese Bank ist für Deutschland wirklich eine enorm wichtige Bank.“
Merz kündigte an, die Angelegenheit im Bundestag zu thematisieren. Es müsse geklärt werden, inwieweit das Bundeskanzleramt in das Vorhaben der Unicredit eingeweiht war. Seitens der Bundesregierung hieß es, es werde zwar grundsätzlich am Plan eines gänzlichen Verkaufs der Commerzbank-Aktien festgehalten, vorerst sollen aber keine weiteren Anteile zum Verkauf gestellt werden.