Parken in Supermärkten: Feierabendparken – warum es mehr als genug Parkraum in den Städten gibt

Immer mehr Autos parken die Städte zu. Dabei gibt es viele private Parkplätze, die leer stehen. Feierabendparken könnte Platz schaffen für Rad- und Fußwege. 

Wer abends in der Stadt einen Parkplatz sucht, kann schon mal verzweifeln. So mancher stellt sich ins Halteverbot oder auf den Discounterparkplatz. Hauptsache, das Auto steht endlich irgendwo. Nicht nur das Ordnungsamt, auch Supermärkte wehren sich immer stärker gegen Falschparker. Manche Geschäfte öffnen aber auch ihre Parkflächen: Feierabendparken nennt sich das.

Die Stadt Düsseldorf hat im Sommer ein großes Pilotprojekt angeschoben: Drei Aldi-Filialen und fünf Lidl-Filialen öffnen dort ihre Parkplätze abends spätestens um 18.30 Uhr für Anwohner. Über eine App können die Plätze gebucht werden. Eine Nacht kostet 4 Euro, ein Monatsabo 30 Euro. Bislang stehen 190 Parkplätze zur Verfügung, Ende des Jahres soll Bilanz gezogen werden. „Wir bieten den Menschen damit kostengünstige Parkmöglichkeiten nahe ihrer Haustür“, erklärte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) stolz zum Start des Projekts.

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Der öffentliche Raum in den Innenstädten ist begrenzt, die Zahl der Autos nimmt stetig zu. Gleichzeitig fehlt Platz für Fußgänger und für Radfahrer. Nicht nur die Großstädte wie Berlin, München oder Köln spüren den Druck, auch in Städten wie Heidelberg, Wuppertal oder Münster mangelt es vielerorts an Platz.

Mehr Raum für Rad und Fußwege, ohne jemandem etwas wegzunehmen

Mehr Raum für Radverkehr will auch die Stadt Düsseldorf schaffen. „Das führt dazu, dass Parkplätze entfernt werden müssen an der Straßenseite“, sagte der CDU-Oberbürgermeister dem ZDF. „Und von daher wollten wir Ersatz schaffen.“

Zahl der Autos nimmt zu

Einen freut das Projekt besonders: Ampido-Gründer Yasotharan Pakasathanan. Seit elf Jahren arbeitet der Wirtschaftsinformatiker daran, private Parkplätze der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Über seine App lassen sich in vielen Städten spontan solche privaten Parkplätze buchen. Nicht nur solche von Supermärkten, sondern auch von Immobilienverwaltungen und auf Firmengeländen.

Das Düsseldorfer Projekt läuft ebenfalls über die App des Gründers. Er habe im Laufe der Entwicklung seines Angebots Köln und Düsseldorf intensiv untersucht. „Dort, wo Parkautomaten stehen, sind von der Größenordnung her etwa doppelt so viele Stellplätze in privater Hand wie öffentlich zugänglich“, sagt er dem stern. „Diese privaten Parkplätze werden noch nicht mal 50 Prozent der Zeit genutzt.“ Im Prinzip seien also genug Platz da.

Auf dem Bürgersteig können Vater und Tochter nicht nebeneinander gehen

Als Kölner kennt er den Platzmangel nur zu gut. „Wenn ich morgens mit meiner Tochter zur Schule gehe, dann können wir nicht nebeneinander laufen, weil der Platz nicht reicht“, erzählt er. „Wir müssen hintereinander gehen. Dabei sind da viele private Parkplätze, die man teilen könnte.“ Die zu erschließen, ist allerdings ein mühsames Geschäft. „Weil die, die schon einen Parkplatz haben, die haben ja keine Probleme“, erklärt der Kölner Gründer.STERN Brückendesaster 18.20

Von den Start-ups der ersten Stunde ist nur Ampido am Ball geblieben. „Man braucht einen langen Atem“, sagt Pakasathanan. Doch mit dem Beispiel Düsseldorf und dem persönlichen Einsatz des dortigen Oberbürgermeisters ändere sich gerade etwas. „Jetzt kriegen wir endlich Rückenwind.“ Er sei schon mit anderen Kommunen im Gespräch.

Gleich drei Gründe sprechen für das Feierabendparken

Nicht nur Parkpionier Pakasathanan ist optimistisch. Auch Verkehrsplaner Volker Blees sieht Potenzial in der Öffnung privater Parkplätze. Der Professor an der Hochschule Rhein-Main hat in einer Studie für die Denkfabrik „Agora Verkehrswende“ das Thema untersucht. „Ich bin überzeugt, dass es in den Innenstädten erhebliche Potenziale gibt, die auch gehoben werden können“, sagt Blees dem stern. Allerdings sei es schon erstaunlich, wie wenig die Kommunen über die Zahl der privaten Parkplätze wüssten.

Er sieht drei Gründe, die dem Thema Auftrieb verleihen: Erstens der Druck auf die Kommunen, ihre Innenstädte attraktiver zu machen. Dann der Druck auf Tiefgaragenbesitzer und Unternehmer, ihre Immobilie rentabler zu nutzen. Durch den Trend zum Homeoffice gibt es oft viel mehr Stellplätze als nötig. Schließlich das Thema Ladesäulen. Viele Geschäfte bieten das an. Die lohnen sich viel eher, wenn auch über Nacht Autos daran hängen. „Es gibt gerade eine Menge Gründe, die dafür sprechen, privaten Parkraum zu öffnen“, so Blees Fazit. Und es machten sich aktuell viele Kommunen auf den Weg.

Auch die Supermärkte wollen etwas fürs Viertel tun

Für Aldi Süd, einen der Projektpartner in Düsseldorf, kommt noch ein Grund dazu, seine Parkplätze abends freizugeben: „Wir möchten unsere Standorte so weiterentwickeln, dass sie für das jeweilige Umfeld einen Mehrwert bringen“, erklärt Julian Koch, Projektentwickler für Immobilien bei Aldi Süd. Dazu gehöre es, Wohnungen über Filialen zu bauen oder eben die Parkplätze zu öffnen.STERN PAID Fahrradstadt Utrecht 11.15

Eigentlich können also alle nur gewinnen. Allerdings kommen auch nicht immer die idealen Parkplätze dabei heraus. In Düsseldorf etwa gilt: Am Morgen, spätestens um 8.30 Uhr, müssen die Autos wieder fort sein, teils schon früher. Und nachts geht die Schranke runter, dann kommt man nicht mehr ans Auto heran. Praktisch ist das nicht. 

Es gibt auch viel privaten Parkraum in Tiefgaragen. Manche möchten da  jedoch nicht hineinfahren. Andere wiederum wünschen sich genau das, sie wollen ihr Auto runter von der Straße haben, damit es nicht beschädigt wird. Nicht alle Parkplätze eignen sich also für jeden. Entlastung brächten sie trotzdem. Und wenn sie nur etwas von dem Parksuchverkehr und dem Stress vermeiden, der entsteht, wenn man abends um 21 Uhr noch verzweifelt nach einem Parkplatz sucht.