Unwetter: Regen ohne Ende: Süddeutschland kämpft mit Hochwasser

Einige Flüsse in Bayern und Baden-Württemberg sind bereits über die Ufer getreten. Das Schlimmste könnte erst noch kommen.

Dammbrüche, überflutete Straßen, Hubschrauber retten Menschen vor Wassermassen: Der Süden Deutschlands hat mit einem schweren Hochwasser zu kämpfen.

Die Lage könnte sich angesichts des Dauerregens weiter zuspitzen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rief für mehrere Landkreise Bayerns die höchste Unwetter-Warnstufe aus. Mehrere Flüsse und Bäche traten über die Ufer. Gleich in mehreren Kreisen wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Berichte über Verletzte oder größere Schäden lagen bis zum Nachmittag nicht vor. Feuerwehren sind im Dauereinsatz. Auch der ADAC beteiligt sich eigenen Angaben zufolge an Rettungsaktionen in den Hochwassergebieten Süddeutschlands.

Besonders angespannt ist die Situation rund um Augsburg. Bewohner in dem Ort Diedorf sollten laut dem zuständigen Landkreis nach zwei Dammbrüchen ihre Wohnhäuser verlassen. Aufgrund der hohen Wassermassen werde eine Evakuierung im Diedorfer Ortsteil Anhausen vorbereitet, teilte das Landratsamt Augsburg mit. „Es ist nicht mehr ausreichend, sich in höhere Stockwerke zu begeben.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) machten sich vor Ort ein Bild von der Lage. Söder dankte bei seinem Besuch in Diedorf (Landkreis Augsburg) insbesondere den Hilfskräften und den Behörden. Bayern sei krisenerprobt, sagte er im Beisein von Herrmann.

Auch wenn es noch keine großflächigen Überflutungen bis zum Nachmittag gibt, ist die Situation in einzelnen Gebieten bereits bedrohlich. In Babenhausen südlich von Ulm retteten Einsatzkräfte Menschen mit Booten aus ihren Häusern. In Fischach im schwäbischen Landkreis Augsburg holten Helfer Menschen mit einem Hubschrauber aus ihren von den Fluten eingeschlossenen Häusern. Die Bewohner hätten auf andere Weise den Ort nicht mehr verlassen können, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes.

Jahrhunderthochwasser befürchtet

Seit Stunden fällt vor allem im Süden Deutschlands teils heftiger Regen. Dort gilt wegen ergiebigen Dauerregens für Regionen in mehr als zehn Landkreisen in Baden-Württemberg und vor allem in Bayern die höchste Unwetter-Warnstufe 4. Nach Angaben des DWD ist hiervon ein breiter Streifen von Pfaffenhofen bis zum Bodensee betroffen.

Befürchtet wird mancherorts ein Jahrhunderthochwasser. Das ist eine rechnerische Größe und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren erreicht oder überschritten wird. Viele Unwetterwarnungen gelten mit Stand Samstagmittag zunächst bis Sonntag, einige bis in den Montag hinein.

Nach Angaben der Meteorologen sind im bayerischen Sigmarszell-Zeisertsweiler 135 Liter pro Quadratmeter binnen 24 Stunden gefallen. In Kißlegg in Baden-Württemberg seien es 130 Liter gewesen. In mehreren Städten in den beiden Bundesländern kamen bis zum frühen Samstagmorgen Niederschlagsmengen von mehr als 100 Litern pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zusammen.

Überflutungen in Baden-Württemberg

Land unter auch in Teilen Baden-Württembergs. Betroffen sind Gebiete in Oberschwaben. Es traten Flüsse über die Ufer. Hingegen gehen die beiden Städte Ulm und Neu-Ulm nicht mehr von einem extremen Hochwasser aus.

„Jedoch wird an der Donau die Meldestufe 4 und an der Iller die Meldestufe 3 erreicht werden“, teilten die beiden Kommunen mit. Insoweit könnten die Städte eine erste vorsichtige Entwarnung geben. An der Messe Friedrichshafen am Bodensee sei ein zentrales Sandsack-Lager in Auftrag gegeben worden, teilte ein Feuerwehrsprecher mit. Rund 10.000 Sandsäcke sollen demnach aus einem Nachbarkreis dorthin gebracht werden.

Feuerwehren und andere Retter rücken wegen des Wetters immer wieder aus. Zahlen dazu liegen allerdings noch nicht vor. Auch zu größeren Schäden gibt es noch keinen Überblick. In Süddeutschland sind bisher rund 400 Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) im Einsatz. Die Helfer pumpen den Angaben zufolge Wasser ab, sichern Dämme und bringen Menschen vorsorglich in Sicherheit. „Wegen des anhaltenden und teils schweren Dauerregens ist das THW darauf vorbereitet, weitere Einsatzkräfte gezielt einzusetzen.“

Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sagte in einer ersten Bilanz: „Wie erste Erfahrungen vor Ort zeigen, hat es sich ausgezahlt, dass die Landesregierung in den vergangenen Jahren viel Geld für Dämme, Regenrückhaltebecken und kommunale Starkregenkonzepte mobilisiert und dauerhaft gesichert hat.“

Warnungen auch in anderen Teilen Deutschlands

Der DWD warnte für Teile Brandenburgs vor den Gefahren schwerer Gewitter. Für die Kreise Dahme-Spreewald, Märkisch-Oderland und Oder-Spree gelte die zweithöchste Warnstufe bis zum Abend, teilte der DWD mit. Es könne Blitzeinschläge, umstürzende Bäume oder Hochspannungsleitungen, herabfallende Gegenstände, rasche Überflutungen von Straßen, Erdrutsche oder Hagelschlag geben.

In Ostthüringen haben Starkregen und Gewitter zahlreiche Feuerwehreinsätze ausgelöst. Das teilte die Leitstelle Gera mit. Besonders betroffen war demnach der Bereich um Ronneburg im Landkreis Greiz. Dort kam es zu überfluteten Straßen, Feldern und vollgelaufenen Kellern. Auch im Geraer Stadtteil Liebschwitz sei ein kleinerer Bach übergelaufen. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet.

In Sachsen weniger Schäden als befürchtet

Über weite Teile Sachsens zogen Gewitter hinweg, größere Schäden gab es nach ersten Angaben der Einsatzkräfte aber nicht. Die Polizeidirektionen hatten nach einer ersten Einschätzung am frühen Abend keine größeren Einsätze zu vermelden. Im Landkreis Zwickau sei eine Straße überspült worden und die Feuerwehr habe einige vollgelaufene Keller leerpumpen müssen, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Dies sei aber bei der eigentlich prognostizierten Lage sehr wenig. Der Deutsche Wetterdienst hat seine Unwetterwarnung vor schwerem Gewitter für Sachsen aufgehoben. Es gebe aber weiter die amtliche Warnung vor starkem Gewitter, teilte der Wetterdienst mit.

Nicht nur in Deutschland machte Regen den Menschen zu schaffen. Am Grenzfluss Leiblach zwischen Deutschland und Österreich gehen die Pegelstände nach extremem Hochwasser allerdings zurück. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagte ein Sprecher der Rettungsleitstelle der Deutschen Presse-Agentur. Zeitweilig waren die Pegel so hoch wie bei einem Hochwasser, das statistisch nur alle 100 bis 300 Jahre vorkommt. Unwetter gab es am Freitag auch im Norden Italiens.

Ausfälle im Bahnverkehr

In Deutschland wirkte sich das Wetter auf Bahnreisende aus. Laut Deutscher Bahn kam es in Süddeutschland zu Störungen und Zugausfällen im Bahnverkehr. Besonders zwei ICE-Strecken sind beeinträchtigt, wie eine Bahnsprecherin sagte. Zwischen München, Bregenz und Zürich fahren wegen des Hochwassers keine Züge mehr. Die Strecke zwischen Ulm und Augsburg ist ebenfalls betroffen.

Auch Autofahrer müssen sich auf Einschränkungen einstellen. Die Autobahn 3 in Bayern nahe Regensburg ist auf rund zehn Kilometern zwischen den Anschlussstellen Parsberg und Beratzhausen in beide Richtungen gesperrt. Die Fahrbahn sei teils überflutet, teilte das Polizeipräsidium Oberpfalz mit. „Das Wasser drückt von den Feldern auf die Autobahn“, sagte ein Sprecher. Nach Angaben der Verkehrspolizei Regensburg seien Autobahnmeisterei, Feuerwehr und Polizei vor Ort. Der Verkehr werde umgeleitet, sagte ein Sprecher.