Sie trotzt allen Gesundheitstrends, Ernährungsexperten warnen vor ihr: die Tiefkühlpizza – des Deutschen liebstes TK-Produkt. Warum wir Bedenken ignorieren, wenn sie im Ofen liegt.
Schätzfrage: Wie viele Tiefkühlpizzen wurden 2023 in Deutschland gegessen? Eine Milliarde sollen es vorsichtigen Rechnungen zufolge gewesen sein. Jeder der knapp 85 Millionen Einwohner Deutschlands hat vergangenes Jahr also etwa zwölf Tiefkühlpizzen gegessen – im Schnitt versteht sich.
Pizza ist der unangefochtene TK-Favorit der Deutschen. 42 Prozent der hierzulande verkauften Tiefkühlkost entfällt auf dieses eine Produkt: 378.198 von 872.538 Tonnen.
Die Gründe für den Siegeszug der TKP – wie Tiefkühlpizza von wahren Fans liebevoll genannt wird – sind naheliegend: Sie ist mit minimalem Aufwand zuzubereiten, relativ günstig, lange haltbar und schmeckt dabei auch noch.
Einen Gedanken schiebt der Hungrige aber gerne beiseite, wenn er die TKP in den Ofen schiebt: Wie gesund oder ungesund ist eine Tiefkühlpizza eigentlich wirklich?
Tiefkühlpizza als Gesundheitsrisiko?
Laut der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sind drei Merkmale von Standard-TK-Pizzen bedenklich: zu viel Salz, zu viele Kalorien, zu viele Zusatzstoffe.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, nicht mehr als 6 Gramm Salz am Tag aufzunehmen. Die Ristorante Pizza Salame von Dr. Oetker – eines der beliebtesten Produkte auf dem Markt – beinhaltet 4,2 Gramm Salz (1,3 g/100 g), was schon 70 Prozent des Tagesbedarfs ist. Die von der DGE empfohlene Menge nicht zu überschreiten, ist nach dem Verzehr einer Tiefkühlpizza also eher schwierig.
Um den Salzgehalt von TK-Pizzen und anderen Fertigprodukten zu verringern, verfolgt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit 2018 eine Reduktions- und Innovationsstrategie. Die Tiefkühlwirtschaft hat dazu eine Selbstverpflichtung ausgesprochen: Sie will bis 2025 versuchen, den durchschnittlichen Salzgehalt von Tiefkühlpizzen auf 1,25 Gramm pro 100 Gramm zu reduzieren.
Hoher Salzgehalt bei Salami-Pizza
Das Max Rubner-Institut (MRI), ein Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, überprüfte den Salzgehalt von Tiefkühlpizzen 2016 und 2019. 2016 untersuchte das MRI 270 tiefgefrorene Pizzen und Ofenbrote. Das Institut stellte für den Salzgehalt einen Mittelwert von 1,3 Gramm pro 100 Gramm fest.
2019 untersuchte das MRI die verschiedenen Sorten von Tiefkühlpizzen nicht mehr als eine Gruppe, sondern teilte sie nach Belägen auf. Bezüglich des festgestellten Salzgehalts schrieb das Institut: „Hier sind im Vergleich zur Basiserhebung 2016 keine statistisch signifikanten Unterschiede feststellbar. Relativ geringe Unterschiede gab es lediglich bei den Energiegehalten der Produktuntergruppen Pizza Speciale und Pizza Mozzarella.“
Der durchschnittliche Salzgehalt lag im Jahr 2019 bei 1,27 Gramm pro 100 Gramm verzehrfertiges Produkt – also nah am Wert aus der Selbstverpflichtung der Branche. Bei der in Deutschland meistverkauften Sorte „Salami“ hingegen lag der Salzgehalt bei 1,48 Gramm pro 100 Gramm – und damit sogar 4 Milligramm höher als 2016.
Unterm Strich: Die Tiefkühlbranche hat innerhalb von drei Jahren den durchschnittlichen Salzgehalt von TK-Pizzen um drei Milligramm reduziert.
Branchenverband sieht Erfolg
Juliane Zander vom Branchenverband „Deutsches Tiefkühlinstitut“ sieht darin einen Fortschritt: „Die Hersteller kommen ihrer Verantwortung nach – freiwillig, vorbildlich und sehr erfolgreich.“ Dennoch würden sie Rezepturen und Nährwerte laufend prüfen und optimieren. „Dabei beachten sie die aktuellen ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen, zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Höchste Priorität hat dabei selbstverständlich der Geschmack.“
Eine Tiefkühlpizza sei nämlich genauso lecker wie die beim Lieblingsitaliener um die Ecke, so die Ernährungswissenschaftlerin. „Tiefkühlpizzen enthalten die gleichen Grundzutaten wie eine selbst gemachte Pizza: Mehl, Wasser, Hefe, Salz, teilweise etwas Zucker.“ Nur manchmal werde ein Mindestmaß an nötigen Zusatzstoffen eingesetzt.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hingegen sagt: „Wer sich die Zutaten anschaut, findet zum Teil Pizzen mit überschaubaren Zutatenlisten, mitunter aber auch Aufzählungen, bei denen die Lust am Lesen vergeht. Zusatzstoffe wie Antioxidationsmittel, Stabilisatoren, Säuerungsmittel, Emulgatoren und andere, verarbeitete Zutaten wie Extrakte, modifizierte Stärke oder auch verschiedene Zuckerarten finden sich auf den Packungen.“
Zwar seien alle Zusatzstoffe zugelassen und üblich, doch wären weniger verarbeitete, natürliche Zutaten auch in Fertiggerichten wünschenswert. Gewöhne man sich nämlich an einen solchen Geschmack, schmeckt am Ende die selbst gemachte Pizza nicht mehr, die mit den Zutaten einer üblichen Haushaltsküche auskommt.