Jahrzehntelang waren die Bedingungen für Arbeitnehmer in Ostdeutschland schlechter als im Westen. Jetzt wird das Bild differenzierter. Aber ein Haken bleibt.
Gut drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung haben die Monatseinkommen in Teilen Ostdeutschlands einzelne westdeutsche Länder überholt. Die Durchschnittswerte liegen nach Daten des Statistischen Bundesamts in Sachsen und Brandenburg höher als in Schleswig-Holstein oder im Saarland. Allerdings werden im Osten mehr Arbeitsstunden geleistet. Die Daten hat die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht abgefragt.
Nach der deutschen Vereinigung 1990 arbeiteten Ostdeutsche jahrzehntelang oft zu schlechteren Bedingungen und hatten im Schnitt geringere Einkommen. Das gilt laut den Daten vom April 2023 grob gesagt immer noch: Für das gesamte frühere Bundesgebiet gibt das Statistische Bundesamt das durchschnittliche Monatseinkommen bei allen Beschäftigungsverhältnissen mit 3205 Euro an; für die östlichen Bundesländer mit 2910 Euro. Auch der Bruttostundenverdienst lag mit 25,16 Euro im Westen im Schnitt höher als im Osten (20,97 Euro).
Zwischen einzelnen Regionen schwindet die Kluft aber. So betrug der Bruttostundenlohn im Schnitt in Schleswig-Holstein 22,67 Euro, in Sachsen 21,21 Euro. Unterm Strich lag dann das monatliche Einkommen durchschnittlich in Schleswig-Holstein bei 2890 Euro. In Sachsen waren es – bei etwas mehr gearbeiteten und bezahlten Stunden – 2925 Euro.
Frauen – häufiger in Teilzeit beschäftigt – hatten im Osten im Schnitt 29,9 bezahlte Wochenstunden, im Westen 25,7. So übertrumpfen die Arbeitnehmerinnen in den östlichen Bundesländern mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 2645 Euro die Kolleginnen im Westen mit 2505 Euro.
Wagenknecht monierte allerdings, die Reallöhne seien bundesweit zu niedrig. „Im Westen sinkt in vielen Regionen die Kaufkraft sogar besonders stark“, warnte die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht. „Vor allem der ländliche Raum droht abgehängt zu werden.“ Sie forderte, schon zum 1. Juli den gesetzlichen Mindestlohn auf 14 Euro anzuheben und damit die EU-Mindestlohnrichtlinie umzusetzen. Der zu niedrige Mindestlohn sei für die Allgemeinheit teuer, weil Arbeitnehmer aufstocken müssten und Altersarmut drohe, meint Wagenknecht.