Neu im Kino: Demi Moores blutrünstiges Kino-Comeback mit „The Substance“

Mit „The Substance“ gelingt Demi Moore ein furchtloses Comeback in einer größeren Rolle. In diesem Body-Horrorfilm erkennt man die 61-Jährige teilweise kaum wieder.

Eine ältere Schauspielerin, deren Ruhm etwas verblasst ist, und die deswegen ihr jugendliches Aussehen optimieren will – das ist der Plot von „The Substance“. Und auch eine Geschichte, die öfter über Demi Moore erzählt wurde. 

Im feministischen Body-Horrorfilm von Coralie Fargeat hat die 61-Jährige die Hauptrolle übernommen. Das ist angesichts der blutrünstigen Auswüchse, die der Schönheitswahn in diesem Film annimmt, absolut beeindruckend.

„The Substance“ handelt von Sexismus und Altersdiskriminierung – und ist gleichzeitig ein kühner Sci-Fi-Thriller mit Splatter-Elementen und Body-Horror. Die Französin Fargeat hat dafür in Cannes den Preis für das beste Drehbuch gewonnen. 

Oscar-Nominierung für Moore?

Moore wird seit der Weltpremiere für ihren selbstreferenziellen und furchtlosen Einsatz gefeiert. Eine Oscar-Nominierung wäre verdient. Sie verkörpert eine Frau namens Elisabeth Sparkle. Einst eine berühmte Schauspielerin, arbeitet sie inzwischen als Aerobic-Tänzerin im Fernsehen. Bis ihr bösartiger Boss sie rausschmeißt, weil sie zu alt für den Job sei. 

Durch einen Zufall erfährt sie von dem neuen Wundermittel „The Substance“. Wer es sich spritzt, soll eine „bessere Version“ von sich selbst erhalten. „Ein jüngeres, schöneres, perfekteres Du.“ Sparkle besorgt sich das Mittel – und erschafft dadurch ein zweites Ich, das aus ihrem Rückenmark schlüpft. Dieses zweite Ich ist tatsächlich jünger (verkörpert von Margaret Qualley) und tauft sich auf den Namen Sue. 

Eine Symbiose, die zum Horror wird

Die beiden leben nun in einer Symbiose. Eine Woche ist Elisabeth lebendig, eine Woche Sue. Der andere Körper ist in der Zwischenzeit in einer Art Stand-Bye-Modus. Sue ernährt sich intravenös von Elisabeth. Niemand außer den beiden und den Vertreibern der „Substanz“ weiß davon. 

Tatsächlich bekommt Sue nun Elisabeths alten Job als Aerobic-Tänzerin, den sie in einer hypersexuell aufgeladenen Version neu erfindet. Bald schon verhilft ihr dieser Job zu Ruhm. Sie wird begehrt und erfolgreich – und hat keine Lust mehr, ihr Leben jede zweite Woche zu pausieren. 

Doch damit bringt sie das Gleichgewicht der beiden Körper durcheinander. Sue zehrt Elisabeths Körper regelrecht aus. Was dann passiert, ist so überraschend wie grotesk. 

Ohne zu viel zu verraten: Moore musste ab einem gewissen Zeitpunkt sehr viel Zeit in der Maske verbringen. Die Maskenbildner und alle, die mit der Ausstattung von „The Substance“ zu tun hatten, dürften ihre Freude gehabt haben. Zu den absurderen Momenten im Film gehört etwa eine Szene, in der Sue einen Hähnchenschenkel aus ihrem Bauchnabel zieht.

„Vergleiche dich und verzweifle“

„Ich glaube, was mich am Drehbuch so interessiert hat, ist, dass wir dieses Streben nach Perfektion alle kennen“, sagte Moore der Deutschen Presse-Agentur. „Und je mehr man danach strebt, desto weiter entfernt man sich von dem, was man erreichen möchte.“ 

Der Film erzähle davon, wie schmerzhaft es sei, sich mit anderen zu vergleichen. „Vergleiche dich und verzweifle. Diese Idee, wie negativ wir sein können, wie hart wir gegen uns selbst sein können, ist für mich eine der stärksten Botschaften des ganzen Films.“

Qualley beschrieb ihre Rolle im Film als „eine wirklich beängstigende Aufgabe“. „Das war für mich die ultimative Angstrolle, weil sie so oberflächlich und eitel ist“, sagte die 29-Jährige. „Und sexualisiert“, warf Moore im Gespräch ein. „Ja, und sexualisiert“, bestätigte Qualley. Diese „wirklich unangenehme Rolle“ sei alles, wovor sie normalerweise wegliefe. 

Demi Moore: „Ich erkenne mich in Elisabeth nicht wieder“

Zweifelsohne wachsen beide Frauen in diesem Film über sich hinaus. Abgesehen von diesen beeindruckenden Performances und der mitreißenden Schaurigkeit der Geschichte ist der Film auch visuell besonders gemacht. Fargeat hat sich für schnelle Schnitte und viele Close-Ups entschieden. Es gibt Referenzen an verschiedene Genres und Filmemacher.

Doch am Ende ist es vor allem Moores Leistung, die nachhallt. Ob sie sich mit Elisabeth identifizieren könne? Es ist eine Frage, die die US-Amerikanerin zurzeit wohl öfter beantworten muss. 

„Ich erkenne mich in Elisabeth nicht wieder, aber ich habe das Gefühl, dass ich mich mit dieser Verzweiflung identifizieren kann, die sie erlebt hat“, so Moore. „Dass sie versucht hat, an sich zu arbeiten. Aber sie ist vom Äußeren an das Ganze herangegangen – während ich, wie Margaret, die Dinge von einem ganz anderen Standpunkt aus betrachte. Nämlich von innen.“