Potsdams Oberbürgermeister befürwortet mehr Sicherheitsvorkehrungen nach dem Anschlag von Solingen. Soll das Ordnungsamt auch Taschen kontrollieren? Der Stadtchef sieht keine allzu schnellen Lösungen.
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert rechnet bei einer möglichen Einrichtung von Waffenverbotszonen in Kommunen mit einem erhöhtem Aufwand für die Ordnungsbehörden. Beschäftigte müssten vor allem anders geschult werden, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Eine erhöhte Sicherheit sei nötig, aber nicht „hoppla hopp“ zu machen. Geplante Sicherheitsmaßnahmen, die der Bund diskutiere, kosteten auch mehr Geld, meinte der Rathauschef der Landeshauptstadt, die in einer Haushaltskrise steckt.
Seit dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag mit drei Toten in Solingen ist eine bundesweite Debatte etwa über Waffenverbotszonen entbrannt. In einer Erklärung von Landräten und Oberbürgermeistern gemeinsam mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) hieß es vor Kurzem: „Sobald eine Änderung des Bundeswaffengesetzes die vereinfachte Etablierung von Waffenverbotszonen ermöglicht, werden wir diese an geeigneten Orten einführen.“
Taschenkontrollen statt Knöllchen schreiben?
Schubert sagte: „Wenn es Waffenverbotszonen geben soll, müssen Mitarbeiter von Ordnungsämtern erst anders ausgebildet werden. Wir müssen vor allem am Eigenschutz arbeiten, wenn die Beschäftigten, die bisher Knöllchen geschrieben haben künftig auch anlasslose Taschenkontrollen auf Messer machen sollen.“ Er halte es auch für richtig, bei Veranstaltungen wie Volksfesten genauer hinzuschauen.
Laut „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung als eine Folge des Anschlags von Solingen ist vorgesehen, den Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter einzuschränken. Ein generelles Messerverbot soll im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, auf Volksfesten und bei anderen Großveranstaltungen gelten. Zudem soll ein Verbot für Springmesser kommen – mit Ausnahmen zum Beispiel für Jäger.
Schubert: Höhere Sicherheit nicht zum Nulltarif
Veränderungen bei der inneren Sicherheit können Schubert zufolge mehr Personal erforderlich machen und höhere Kosten mit sich bringen. „Spätestens wenn es an die Umsetzung geht von dem, was die Bundesregierung und die Opposition gerade im Bund diskutieren, und man die Ordnungsbehörden auf kommunaler Ebene einbindet, dann reden wir auch über mehr Personal. Das wird nicht aus dem jetzigen Personalbestand möglich sein“, meinte er. „Solche Dinge gibt es nicht zum Nulltarif. Die kosten wirklich viel Geld, ohne dass man dies wirklich sehen kann.“
Stadt erwartet Minus von 155 Millionen Euro
Die Haushaltslage der brandenburgischen Landeshauptstadt ist aber ohnehin schwierig. Für 2025 ist nach aktuellem Planungsstand mit einem Minus von rund 155 Millionen Euro zu rechnen. „Allein in diesem Jahr wird das Krankenhaus Ernst von Bergmann mit etwa 20 Millionen Euro aus dem Haushalt bezuschusst“, sagte Schubert der dpa. Anstrengende Haushaltsberatungen stehen bevor.
„Es wird bei den Stadtverordneten erst einmal darum gehen, sich darüber bewusst zu werden, dass es vielleicht nicht die Zeit für ganz große neue, zusätzliche Vorschläge ist“, so Schubert. „Man wird sich einschränken müssen. Und wenn wir uns entscheiden, dass uns etwas Neues wichtig ist, dann muss was Anderes dafür raus. Da hilft alles nichts.“ Schubert nannte etwa die Wärmewende, die Stadtwerke, die Krankenhausreform, den Wohnungsbau und Sicherheitsthemen, die zu Buche schlagen.
Schubert: Sanierung von Krankenhaus „dickes Brett“
Das in die Jahre gekommene Krankenhaus Ernst von Bergmann in Potsdam soll in den kommenden Jahren saniert werden. „Da ist ein ganz dickes Brett zu bohren“, meinte Schubert. „Wenn man sieht, dass die Sanierung des Hauses mit fast 1000 Betten im preiswertesten Fall weit über 600 Millionen kosten wird, dann weiß man, dass das eine Kommune nicht allein schultern kann, sondern dass wir bei einem Einzugsgebiet, das eben nicht nur Potsdam ist, das Land brauchen. Wir müssen das zusammen angehen.“